Donnerstag, 10. Oktober 2019

Der Panke-Radweg durch Berlin

Die Panke an der Gerichtsstraße

Einst „Stinkepanke“, jetzt „Grünes Band“ durch Berlin

Im 19. Jahrhundert war die Berliner Panke ein Flüsschen der kleinen Leute. Ihre Ufer waren vor allem im Bezirk Wedding von Handwerkern, Müllern und Gerbern bewohnt. Allein dort siedelten an der Panke acht Mühlen und 23 Gerbereien. Zum Verarbeiten des Leders wurden täglich 500 Eimer Hundekot verwendet. Kein Wunder, dass die ca. 30 Kilometer lange Panke, die in den Wiesen bei Bernau (nördlich von Berlin) entspringt und in Berlin-Mitte in den Schifffahrtskanal mündet, im Volksmund Stinke-Panke hieß.

Heute ist von der Stinkepanke nicht viel zu spüren, ganz im Gegenteil. Der Rad- und Wanderweg, der Berlin mit Bernau verbindet ist in einem „grünen Band“ eingebettet. Nur zwischen der Pankemündung in Berlin bis zur Osloer Straße ist der Weg noch nicht ausgeschildert. Danach weist eine rot-weiße Beschilderung den Weg aus. Trotzdem ist eine Rad- oder Wanderkarte der Region von Vorteil, gibt es doch immer wieder Ungereimtheiten auf der Strecke.

Der Weg verläuft fast immer am Ufer, auf den in Berlin-Wedding und Berlin-Gesundbrunnen gelegenen Abschnitten heißt der Weg Walter-Nicklitz-Promenade. Ab dem Schlosspark Niederschönhausen gesellt sich der Radfernweg Berlin-Usedom hinzu, der jetzt auch ausgeschildert ist.

Wir beginnen unsere ca. 16 Kilometer lange Tour am S-Bahnhof Wedding und fahren über den Nettelbeckplatz zur Gerichtsstraße. Dort biegen wir in den Panke-Radweg ein und setzen unsere Fahrt durch ein ehemaliges Gewerbegebiet Richtung Norden fort. Nach nur wenigen Metern erkennt man auf der rechten Seite die pittoreske Ruine der "Wiesenburg". Es handelt sich weder um eine Fabrik, noch um eine Burg - sondern um ein ehemaliges Obdachlosenasyl aus dem Jahr 1896. Das Besondere an diesem Asyl war, dass man für eine Nacht anonym bleiben konnte. Sogar der "Hauptmann von Köpenick" und der Schriftsteller Hans Fallada sollen hier genächtigt haben. Das marode Gebäude, das u.a. als Filmkulisse für den Film "Die Blechtrommel" diente, soll wieder saniert werden.

Der Findling im Roten Wedding
Wir überqueren die Pankstraße und befinden uns im ehemals „Roten Wedding“. Dieses Gebiet war eine kommunistische Hochburg, in dem 1929 Straßenschlachten tobten. Ein Findlings-Gedenkstein an der Wiesenstraßenbrücke erinnert heute noch daran. Über die Uferstraße radeln wir weiter an der Panke entlang. An der Schönstedtstraße lohnt sich ein kurzer Abstecher nach rechts auf den Brunnenplatz, um das prächtige Amtsgericht in Augenschein zu nehmen. Als stilistisches Vorbild diente die Albrechtsburg in Meißen. Ein paar Meter und wir stehen vor der Uferstraße 8. Der Piano Salon Christophori ist zum einen eine Werkstatt, in der Flügel, vor allem historische Hammerflügel, vorsichtig restauriert werden, zum anderen ein Ort, an dem die Instrumente auch bespielt werden. Im Abstand von 2-3 Wochen werden in der wenig förmlichen Werkstattatmosphäre bei gutem Wein Kammermusikabende veranstaltet.

Wir überqueren die Badstraße, halten uns rechts, um dann nach wenigen Metern neben der Panke in die Grünanlage einzutauchen. Nun sind wir auf der Travemünder Straße. Das Eckhaus Badstr.39/Travemünder Str. (Luisenhaus) wurde im 18. Jahrhundert gebaut, nachdem festgestellt wurde, dass eine eisenhaltige Quelle, die dort entsprang, als Heilquelle vermarktet werden konnte. Mit königlicher Förderung entstand ein Kurbetrieb mit bis zu 1000 Wannenbädern am Tag. Lange hat der „Friedrichs-Gesundbrunnen“ allerdings nicht bestanden, und auch der Wiederbelebung als "Luisenbad" ab dem 19. Jahrhundert war kein lang anhaltender Erfolg beschieden.

Im Pankower Bürgerpark
Nach der Osloer Straße wechseln wir auf die linke Pankeseite, um an der Gotenburger Straße wieder das rechte Ufer zu nehmen. In Höhe Gottschalkstraße müssen wir mehrmals die Seite wechseln, folgen aber der Ausschilderung „Pankeweg“. Die Panke hat dem Bezirk Pankow den Namen gegeben und die beiden wichtigsten Parks werden von der Panke durchflossen. Im Sommer, wenn im Bürgerpark die Rosen blühen, lohnt ein Halt, um in Ruhe zu genießen und eine Pause einzulegen. Bevor wir in den zweiten Park mit dem Schloss Schönhausen einfahren, folgen wir der eleganten Parkstraße. In der Hausnummer 5 lebte Paul Nipkow, der die "Nipkowsche Scheibe" erfand. Er zerlegte Bilder in einzelne Punkte, um diese ähnlich wie Töne beim Telefon, übertragen zu können. Es war die grundlegende Erfindung für das spätere Fernsehen.

Im Park sollte man sich die Schlossanlage unbedingt anschauen, denn das Schloss Schönhausen hat eine interessante Geschichte, auf die man hier nicht näher eingehen kann. Nur so viel: Nach der Wende tagte hier der „Runde Tisch“, danach fiel das Schloss in einen Dornröschenschlaf. Erst 2005 wurde es von der Stiftung Preussische Schlösser und Gärten übernommen und als Museumsschloss restauriert. Bei den Karpfenteichen in Höhe der Pasewalker Straße ist die Stadtgrenze von Berlin erreicht.

Unüberhörbar ist die A 114, der wir nun ein ganzes Stück folgen. Wir kommen an einer Kleingartenkolonie vorbei und nehmen die zweite Fußgängerbrücke über die Autobahn, um weiter auf dem Pankeweg zu radeln. Die Auffahrt auf die Brücke ist irritierend, also unbedingt auf die rot-weißen Hinweisschilder achten. Direkt hinter der Brücke gehen zwei Wege ab, die beide genutzt werden können. Wir entscheiden uns für den linken Weg mit dem Hinweis nach Buch. Wir erreichen die Karower Teiche, die einst für den Torfabbau und Fischzucht ausgehobenen wurden und heute ein großes Naturschutzgebiet sind. Auf den Aussichtsplattformen lassen sich zahlreiche Vogelarten beobachten.

Auf den letzten Kilometern verlieren wir die Panke ein wenig aus den Augen, weil die S-Bahn-Strecke dazwischen liegt. Dafür haben wir aber unser Ziel erreicht (der Pankeradweg geht noch über Bernau hinaus) und nutzen die Bahn am Bahnhof Buch zur Rückkehr nach Berlin. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt. 

Schloß Schönhausen

 

Die "flüssige" Zeit im Europa-Center

Nicht auf den ersten Blick, doch bei genauerem Hinschauen erkennt man das Gebilde im Berliner Europacenter am Breitscheidplatz als Uhr, die die Zeit mit „fließendem“ Wasser anzeigt. Die Uhr wurde von dem Franzosen Bernard Gitton entworfen und 1982 aufgestellt.

 Die 13 Meter hohe Wasseruhr über drei Etagen stellt den Ablauf von Minuten und Stunden im Zwölf-Stunden-Takt dar.

Die Zeit wird bei dieser Uhr in einem Kreislauf durch flüssigkeitsgefüllte Glaskugeln angezeigt, deren kleinste im Zwei-Minuten-Takt gefüllt werden. Die schon vergangenen Stunden sind anhand der Anzahl der bereits gefüllten großen Kugeln ersichtlich. Sind beispielsweise 10 große und 15 kleine Kugeln gefüllt, ist es 10:30 Uhr oder 22:30 Uhr, je nachdem, ob es sich um eine Zählung vor oder nach Mittag handelt. Sind 60 Minuten verstrichen, also 30 der kleinen flachen Glaskugeln gefüllt, fließt ihr Inhalt in die betreffende große Kugel zur Anzeige der vollen Stunde ab, und der Zyklus der kleinen Kugeln beginnt erneut. Text und Foto: Klaus Tolkmitt

Mittwoch, 9. Oktober 2019

Das Brecht-Haus in Weissensee


Kein anderer deutscher Schriftsteller hat die Entwicklung der Dramatik des 20. Jahrhunderts weit über Deutschland hinaus so geprägt wie Bertolt Brecht. Seine marxistische Überzeugung und seine kulturpolitisch herausragende Stellung in der DDR führten allerdings dazu, dass man ihm in der Bundesrepublik erst spät den Rang einräumte, der ihm gebührt.
 
Brecht hat das epische Theater beziehungsweise „dialektische Theater“ begründet und umgesetzt. Etwa ab 1926 befasste er sich mit den marxistischen Theoretikern und mit dem dialektischen Materialismus. 1928/29 besuchte er die »Marxistische Arbeiter-Schule«. In dieser Phase entwickelte Brecht sein »episch-dialektisches Theater«. 1928 wurde im Theater am Schiffbauerdamm in Berlin »Die Dreigroschenoper« mit der Musik von Kurt Weill uraufgeführt, die zu einem der größten Bühnenerfolge der Weimarer Zeit wurde.

Während seiner Zeit in Berlin, lebte er von 1949 bis 1953 mit Helene Weigel in Berlin-Weissensee, in der Berliner Allee 185. Es war mal eine herrschaftliche Villa im neoklassizistischen Stil erbaut, die ursprünglich unter Denkmalschutz gestellt werden sollte. Aus Kostengründen wurde das Vorhaben jedoch eingestellt. Das historische Brecht-Haus ist heute in Privatbesitz und sieht leider ein wenig trostlos aus. Lediglich der Schriftzug „Brecht Haus Weissensee“ am Giebel des Hauses erinnert an den großen Schriftsteller. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt

Der Mittelpunkt Berlins



Wer Berlins Mitte sucht, der muss nicht zum Alex oder auf den Kudamm sondern nach Kreuzberg. 

Genauer gesagt in die Alexandrinenstraße 12. Zwischen Straße und Sportplatz befindet sich in einem Grünstreifen Berlins geografische Mitte. Auf einer kleinen unscheinbaren Granitplatte sind die Koordinaten N 52° 30.104 und E 13° 24.151 eingraviert, die die Mitte Berlins sichtbar machen.

Seit 1997 liegt diese Platte eingebettet auf vier kleinen Füßen am Rande eines Fußweges, nachdem die Landesgrenzen zwischen Berlin und Brandenburg neu vermessen wurden. Die Platte wurde von der Steinmetz- und Bildhauerinnung spendiert und hätte eigentlich mehr Aufmerksamkeit verdient. So wie sie sich präsentiert, dient sie Hunden als „Schnupperstein“ (oder auch mehr) und Fußgängern als „Stolperstein“. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt

Der Erfinder der Litfaßsäule

Der König der Reklame

Ernst Theodor Amandus Litfaß (1816 in Berlin geboren und 1874 in Wiesbaden gestorben) war Druckereibesitzer und Verleger. Er ist der Erfinder der nach ihm benannten Litfaßsäule

Angeblich störte ihn das wilde Plakatieren im lebendigen Berlin. Bekanntmachungen und Werbung für Orchesteraufführungen, Theatervorstellungen oder für den Zirkus wurden wild an Mauern und Häuserwände geklebt. Deshalb nahm er sich die Städte Paris, Brüssel und London, die er mehrmals bereist hatte, zum Vorbild. Am 5. Dezember 1854 erhielt er vom Polizeipräsidenten von Hinckeldey die Konzession zur „Errichtung einer Anzahl von Anschlagsäulen auf fiskalischem Straßenterrain zwecks unentgeltlicher Aufnahme der Plakate öffentlicher Behörden und gewerbsmäßiger Veröffentlichungen von Privatanzeigen“.

Am 15. April 1855 wurde die erste Säule an der sogenannten „Ziegenbockswache“
in der Münzstraße (Berlin-Mitte) errichtet, aber erst am 1. Juli 1855 wurden 100 Säulen und 50 Brunnenumhüllungen öffentlich präsentiert. In den folgenden Jahren errichtete Litfaß weitere solcher Reklameträger. Durch seine Weitsicht erkannte Litfaß früh das kommende Geschäft der Reklame und sicherte sich das alleinige Recht zur Plakatierung für Berlin, wodurch er später zu großem Reichtum kam.

Dass man mit der Litfaßsäule an zentralen Orten auffällig werben konnte, wird auch dadurch bestätigt, dass nach dem Tod des Buchdruckers Litfaß in ganz Deutschland solche Säulen aufgestellt wurden. Heute gibt es noch 67.000 Litfaßsäulen in ganz Deutschland, wovon etwa 50.000 zur Werbung für kulturelle Veranstaltungen genutzt werden. Keinem zweiten Deutschen wurden je so viele „Denkmäler“ gesetzt wie Ernst Litfaß.

Eine Litfaß-Säule in Bronze steht seit 2006 in der Münzstraße (Foto Mitte) an der Stelle, wo einst seine erste Annonciersäule stand. Text und Foto: Klaus Tolkmitt 

Berlins erste Ampelanlage

Ampel am Potsdamer Platz
Potsdamer Platz in Berlin galt in den zwanziger Jahren als der verkehrsreichste Platz in Europa

Ein Schutzmann auf einem Hochstand versuchte das Verkehrschaos von zigtausend Autos, Straßenbahnen, Buslinien und 100.000 Fußgängern zu bändigen und nutzte dafür schon mal eine Posaune, um sich Gehör zu verschaffen. 

Der „Posaunenengel“, wie ihn die Berliner liebevoll nannten, wurde dann 1924 von einer acht Meter hohen fünfeckigen Anlage abgelöst. Berlin hatte seine erste dreifarbige Ampel. Heute erinnert ein Replikat am Potsdamer Platz an die erste Lichtsignalanlage in Europa.

Die 1914 installierte Lichtsignalanlage in Cleveland, USA, gilt als erste elektrische Verkehrsampel der Welt und hatte nur zwei Lampen, rot und grün. Die ersten dreifarbigen Lichtsignalanlagen hielten 1920 in Detroit und New York Einzug. Foto: Klaus Tolkmitt

Wo einst Papa Heuss und Günter Grass wohnten

Hier wohnte Theodor Heuss
Vom S-Bahnhof Bundesplatz zur Literaturmeile
Unser Stadtspaziergang durch Friedenau im Bezirk Berlin-Schöneberg/Tempelhof beginnt am S-Bahnhof.  

Verlässt man an der Ostseite den Bahnhof steht man direkt auf dem Varziner Platz.Mit seinen rund 340.000 Einwohnern gehört Schöneberg/Tempelhof zu den größeren Bezirken in der Hauptstadt. 
Vorbei am kleinen Cosima-Kino gelangt man in das Wagner-Viertel. Nichts erinnert mehr an die Radrennbahn, auf der hier noch 1900 sportbegeisterte Radler ihre Bahnen zogen. An gut erhaltenen Fassaden und prachtvollen Mietshäusern kommt man über die Sarrazinstraße auf den Friedrich-Wilhelm-Platz. Hier beginnt die Niedstraße, die landläufig als Literaturmeile Berlins gilt.

Einige Gedenktafeln erinnern an Erich Kästner (Haus Nummer 5), Max Halbe (Haus Nurmmer 10), Uwe Johnson (Haus Nummer 14). Günter Grass, der von 1963 bis 1996 in Friedenau lebte, ist nicht mehr da – die Fischfrau und der Blumenhändler aus seinem Buch "Die Box" auch nicht. Aber sein Klinkerhaus in der Niedstraße 13, das Rathaus und der Wochenmarkt sind geblieben – mit neuen Fisch- und Blumenhändlern und den Friedenauern von heute, die ihren Kiez zwischen Schöneberg und Steglitz lieben.
Gedenktafel für den ersten Bundespräsidenten

Über die Hedwigstraße geht es weiter an der jamaikanischen Botschaft vorbei auf den Renée-Sintenis-Platz, der vom ehemaligen kaiserlichen Postamt beherrscht wird. An der Handjerystraße wechseln sich stuckverzierte Häuser mit modernen Bauten ab. Danach folgt man der Schmargendorfer Straße bis zum Schillerplatz und begibt sich rechts in die Stubenrauchstraße. 

Am Ende der Straße, nach Überquerung des Südwestkorsos, empfiehlt sich ein Rundgang über den städtischen Friedhof. Neben Kriegsgräbern finden sich hier Gräber berühmter Friedenauer, wie Marlene 
Dietrich und Helmut Newton. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt

Das ehemalige Wohnhaus von Günter Grass
 
Die Grabstätte von Marlene Dietrich