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Montag, 22. März 2021

Eine Brückentour über die Spree (Teil 4)

Berlin hat mehr Brücken als Venedig

Berlin kann mit Recht behaupten, mehr Brücken zu haben als Venedig. Doch wieviel es tatsächlich sind, weiß niemand so ganz genau. Während einige Statistiker von 2.000 Brücken (vermutlich mit Bahn und S-Bahn-Brücken) sprechen, sagen andere, dass es wahrscheinlich knapp 1.000 Übergänge sind, die uns trockenen Fußes von einem zum anderen Ufer bringen.

Wir haben in Teil 1 unsere Tour am S-Bahnhof Bellevue begonnen und sind jetzt über mehrere Stationen am Bundeskanzleramt vorbei an der Moltkebrücke angekommen.

Hier beginnen wir den 4. Teil der Brückentour durch Berlin.

Die Moltkebrücke wurde zwischen 1886 und 1891 errichtet und mit rotem Sandstein verblendet. Sie ist mit reichem Bild- und Skulpturenschmuck versehen und nach Generalfeldmarschall Helmuth von Moltke benannt. Die Brücke wurde während des Zweiten Weltkrieges stark zerstört und von 1983 bis 1986 wieder aufgebaut und restauriert. Mit dem Bild- und Skulpturenschmuck wurden die militärischen Leistungen von Moltke gewürdigt. Auf beiden Seiten der Brücke befinden sich Porträts von Moltke sowie von Leberecht von Blücher und Georg von Derfflinger sowie die Köpfe von Caesar und Athene.

Wenn wir auf der Brücke stehen und links Richtung Hauptbahnhof schauen, fällt ein schwarzer „Würfel“ ins Blickfeld. Der Cube Berlin (Eigenschreibweise) wurde erst im Februar 2020 eingeweiht und gilt als Europas schlauestes Gebäude.

Die vollflächig mit Falten und Knicken gestaltete Fassade spiegelt die Umgebung wie ein Kaleidoskop und macht das Bauwerk zu einem echten "Hingucker".

Das auffällige zehngeschossige Büro-Gebäude mit einer Breite, Höhe und Länge von jeweils 42,5 Metern ist gekennzeichnet durch eine nach innen gefaltete Glasfassade. Das Innere des Cubes ist mit modernster Technik ausgestattet, dazu gehören eine Mobile App-Steuerung zur Öffnung der Tiefgaragenschranke, danach zur Öffnung des Foyers. Über die gleiche Technik können auch Personen im Haus gefunden werden, und der Fahrstuhl hält automatisch in der Etage, auf der der Nutzer sein Büro hat

Darüber hinaus wird die bei der Sonneneinstrahlung entstehende Energie zur Kühlung der zugeführten Frischluft eingesetzt. Beschichtete Fensterscheiben verringern das Aufheizen des Inneren. Der Bau ist ressourcenschonend und energieeffizient ausgelegt.

Wir bleiben auf der linken Spreeseite und stehen ca. 200 Meter weiter vor der Gustav-Heinemann-Brücke, die als Fußgängerbrücke den Spreebogenpark mit dem Washingtonplatz vor dem Hauptbahnhof verbindet. Unter dem Fußgängersteg und unter der Spree verläuft der Tiergartentunnel mit der Bundesstraße 96.

Ihren Namen erhielt das Bauwerk zu Ehren des früheren Bundespräsidenten Gustav Heinemann.

Wir überqueren die Brücke und genießen am Ende den Blick über die Spree und das Ludwig-Erhard-Ufer. Hier entspannen sich vorwiegend im Sommer gern Touristen und Berliner mit einem kühlen Getränk in der Hand im Liegestuhl und genießen das Treiben am Ufer.

Wir biegen von der Brücke kommend links auf das Ludwig-Erhard-Ufer, ab. (oberer Weg). 100 Meter weiter haben wir einen schönen Blick auf die moderne Kronprinzenbrücke, die hier die Spree überspannt.

Während des Zweiten Weltkriegs wurde die Kronprinzenbrücke schwer beschädigt und nach 1945 provisorisch wieder instandgesetzt. Mit dem Bau der Berliner Mauer im Jahr 1961 wurde die Brücke gesperrt und verlor ihre Bedeutung als Verkehrsbauwerk, da die Spree hier Sektorengrenze war. 1972 folgte der Abriss des Brückenüberbaus.

Nach einem internationalen Wettbewerb 1991 wurde der Wiederaufbau der Kronprinzenbrücke ausgelobt. Es war der erste Brückenneubau nach der politischen Wende über die ehemalige Sektorengrenze.

An der Stelle, wo sich der Weg teilt und leicht rechts auf steinernen Platten nach unten führt, steht eine Informationstafel am Rande des Spreebogenparks, die uns interessiert.

So erfahren wir, dass es in Berlin rund 320 Wildbienenarten gibt, von denen die meisten bedroht sind und dringend geschützt werden müssen. Darum werden vermehrt artgerechte Blumenwiesen mit Totholzzonen und Wildstauden angelegt. Seit 2018 führen die Deutsche Wildtier Stiftung und die Berliner Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz Maßnahmen zur ökologischen Aufwertung öffentlicher Grünflächen durch. Davon sollen ganz besonders Wildbienen profitieren.

Wir gehen an der Bienenwiese weiter nach unten und folgen dem breiten Uferweg einige Meter weiter bis zum Paul-Löbe-Haus.

Das Haus gehört zum Deutschen Bundestag und ist nach dem Reichstagspräsidenten und Alterspräsidenten des ersten Deutschen Bundestags, Paul Löbe (SPD), benannt.

Das Gebäude enthält Räume und Büros für 275 Abgeordnete, 21 Sitzungssäle für die Ausschüsse und etwa 450 Büros der Ausschuss-Sekretariate.

Gegenüber, auf der anderen Spreeseite, befindet sich das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus mit dem Großen Anhörungssaal, der vor allem durch Untersuchungsausschüsse genutzt wird. Nach dem Plenarsaal im Reichstagsgebäude besitzt das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus den zweitgrößten Saal des Deutschen Bundestags.

Verbunden sind die beiden Gebäude durch eine Fußgängerbrücke, die der Architekt beider Häuser als „Sprung über die Spree“ bezeichnet.

Wir „springen“ dann auch mal auf die andere Spreeseite.

Über der Brücke ist noch ein „Laufsteg“, der jedoch nur für die Mitarbeiter des Bundestages zugänglich ist. Darum heißt diese Brücke im Bundestagsjargon „höhere Beamtenlaufbahn“.

Am anderen Ufer sehen wir links ein kleines Wäldchen, dass mit einem Zaun abgegrenzt ist. Es ist das Parlament der Bäume, ein Gedenkort, den Aktionskünstler Ben Wagin eingerichtet hat, um an die Todesopfer der Berliner Mauer zu erinnern. Die Begehung des Areals ist leider nur nach vorheriger Anmeldung möglich.

Also „springen“ wir wieder zurück auf die rechte Spreeseite.

Vorbei an der Kantine (öffentlich zugänglich) des Paul-Löbe-Hauses kommen wir nach ca. 100 Metern zu den weißen Kreuzen am Uferrand.

Auf den Kreuzen stehen die Namen von 13 Todesopfern der Mauer. Ein Kreuz ist „Den unbekannten Opfern an der Mauer“ gewidmet. Unter den ausgewählten Namen sind das erste Opfer durch Schusswaffengebrauch Günter Litfin und der letzte durch Schusswaffen getötete Flüchtling. 11 der 13 Opfer starben zwischen 1961 und 1965.

Die weißen Kreuze im Rücken fällt uns 50 Meter gegenüber am Reichstagsgebäude eine kleine Backsteinmauer auf. Es ist ein Mauerstück der Danziger Werft, die uns an die Gründung der polnischen Gewerkschaftsbewegung „Solidarność” (dt. Solidarität) erinnert, die mit ihrem Kampf für demokratische Rechte einen entscheidenden Beitrag zum Ende der Teilung Europas leistete.

Wir bleiben am Ufer und haben wenige Meter vor uns die Marschallbrücke.

1820 wurde sie zu einer verkehrstüchtigen fünffeldrigen Brücke umgebaut. Sie erhielt zu dieser Zeit ihren heutigen Namen Marschallbrücke, in Erinnerung an Feldmarschall Blücher.

Wir bleiben am Reichstagsufer und stehen rechts vor dem ARD-Hauptstadtstudio. Im Foyer erfahren wir, dass man auch eine Führung durch das Haus buchen kann.

An diesem Standort befand sich bis 1945 das Physikalische Institut der Berliner Universität. Es war die Wirkungsstätte bedeutender Physiker und Nobelpreisträger.

Knapp 500 Meter weiter befinden wir uns hinter der Bahnbrücke des Bahnhofs Friedrichstraße vor einem kleinen, viereckigen Gebäude, das den Charme der DDR-Architektur nicht verleugnen kann. Der "Tränenpalast" erinnert an die Teilung Deutschlands und ganz besonders Berlins. Der Zugang ist kostenfrei.

Die Abfertigungshalle diente der SED-Diktatur bis 1990 für die Ausreise aus der DDR nach West-Berlin. Als Ort schmerzvoller Trennungen hieß der Pavillon aus Stahl und Glas im Berliner Volksmund bald "Tränenpalast".

Die Ausstellung im Inneren informiert anschaulich, wie es bei den Ein- und Ausreisekontrollen zwischen Ost- und West-Berlin zuging.  Abschied, Hoffnung und Verzweiflung, Freude und Angst, spielten sich dort täglich zwischen den Menschen ab, die die Grenze überschritten. Text und Foto: Klaus Tolkmitt

Die vollständige Tour gibt es auch hier:  Berliner Brückentour mit lialo 

 

Sonntag, 13. Oktober 2019

Das "Parlament" der Bäume

Aktionskünstler gedenkt den Mauer-Opfern

Ein wenig versteckt zwischen den Regierungsbauten an der Spree auf der Schiffbauerdamm-Promenade in Berlin-Mitte gibt es einen „Garten“, der leider nicht ständig zugänglich ist. Das „Parlament der Bäume“ ist ein am 9. November 1990 vom Aktionskünstler Ben Wagin eingerichteter Gedenkort für die Todesopfer an der Berliner Mauer, der 2017 unter Denkmalschutz gestellt wurde.

Dem Künstler war es dabei wichtig, dass der Gedenkort auf dem ehemaligen Todesstreifen am östlichen Ufer der Spree gegenüber dem Reichstagsgebäude installiert wurde. Dort wurden Bäume gepflanzt, Gedenksteine, Bilder, Teile der Grenz- und Maueranlagen und Granitplatten aufgestellt, auf denen die Jahreszahlen mit den insgesamt 258 Namen von Mauer-Opfern des DDR-Regimes angegeben sind. Ben Wagin wollte aber auch das Verhältnis zwischen Mensch und Natur thematisieren. So steht auf einer bemalten Aussage: „Das Fundament eines gemeinsamen europäischen Hauses muss eine intakte Umwelt sein“. Das Mauermahnmal ist von der Promenade Schiffbauerdamm, von Freitag bis Sonntag von 11–17 Uhr, bei freiem Eintritt zugänglich. Mit der lialo-Tour: Berliner Bummel Marathon kommt man direkt am Parlament der Bäume vorbei. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt