Berlin hat mehr Brücken als Venedig
Berlin kann mit Recht behaupten, mehr Brücken zu haben als
Venedig. Doch wieviel es tatsächlich sind, weiß niemand so ganz genau. Während
einige Statistiker von 2.000 Brücken sprechen, sagen andere, dass es
wahrscheinlich knapp 1.000 Übergänge sind, die uns trockenen Fußes von einem
zum anderen Ufer bringen.
Wir beginnen unsere Brückentour entlang der Spree und dem
Spreekanal in Berlin-Mitte, genauer gesagt in Moabit an der Bärenbrücke, in der
Nähe der S-Bahn-Station „Bellevue“.
Offiziell heißt das Bauwerk „Moabiter Brücke“, doch die
Berliner kennen sie nur unter der Bezeichnung: „Bärenbrücke“, weil an beiden
Enden der Geländer große gusseiserne Bärenskulpturen die Steinbrücke schmücken.
Von der S-Bahn kommend, gehen wir nach der Überquerung der
Bärenbrücke rechts am Helgoländer Ufer auf der linken Spreeseite fort. Nach ca.
240 Metern stehen wir vor dem Gerickesteg
Der Gerickesteg ist eine Fußgängerbrücke östlich des
S-Bahnhofs Bellevue und dient hauptsächlich dem Zugang zur Stadtbahn aus dem
Moabiter Wohngebiet zwischen Alt-Moabit und der Spree.
Die Brücke wurde 1914/1915 nach Entwürfen von Bruno Möhring
errichtet und nach Beschädigung im Zweiten Weltkrieg wiederhergestellt. Der
Wiederaufbau erfolgte in vereinfachter Form und auf die Schmuckelemente an den
Granitpfeilern wurde verzichtet. Auch die ursprünglichen Gaslaternen im
Jugendstil auf den Brückenpfeilern ersetzte man durch einfachere Gaslampen.
Seit Ende 2010 sind die Gasleuchten außer Betrieb, im
Februar 2011 wurden sie sogar abmontiert, obwohl der Gerickesteg unter
Denkmalschutz steht. Schade, wenn die historische Bauweise verloren ginge.
Unmittelbar neben dem Gerickesteg unterqueren wir die
Stadtbahn, die Ende des 19. Jahrhunderts als viergleisige Brücke über die Spree
errichtet wurde. In der Mittellage der Brücke wurde ein öffentlicher Fußweg als
Zugang zum S-Bahnhof von der nördlichen Spreeseite angelegt, der den Namen
Bellevuesteg erhielt.
Der Volksmund nannte die Brücke aufgrund des Lärms der Züge
auch „Bullerbrücke“. Mit steigenden Verkehrslasten auf der Stadtbahn traten
Schäden auf und ein Umbau wurde erforderlich. Nach dem Umbau 1918 wurde eine
Mitbenutzung durch Fußgänger ausgeschlossen, weil nun auch der Gerickesteg
genutzt werden konnte.
Knapp 300 Meter durch die Grünanlage erreichen wir unser
nächstes Ziel, die Lutherbrücke
Die denkmalgeschützte Lutherbrücke wurde nach dem Reformator
Martin Luther benannt und 1892 fertiggestellt.
Sie liegt im Bezirk Mitte und verbindet den Ortsteil
Tiergarten mit dem Ortsteil Moabit und gehört zu den schönsten Berliner
Brücken. Über jeden der Brückenbogen spannen sich beidseitig je fünf kunstvoll
gearbeitete, schmiedeeiserne Geländer.
Wir überqueren die Spree und stehen ca. 140 Meter weiter vor
dem Schloss Bellevue, dem Amtssitz des Bundespräsidenten.
Wenn die Standarte auf dem Dach des Schlosses weht, dann ist
der Präsident zu Hause, also im Schloss oder in Berlin. Eingeholt wird die
Fahne nur, wenn sich der Bundespräsident in einem Gästehaus in den
Bundesländern oder auf einem Besuch im Ausland befindet.
Auch wenn die Standarte gesetzt ist, haben wir keine Chance,
spontan dem Präsidenten "guten Tag" zu sagen. Eine vorherige
Anmeldung ist unbedingt erforderlich.
Schloss Bellevue in Berlin-Tiergarten ist der Amtssitz des
Bundespräsidenten. Der Name des Schlosses beruht auf der schönen Aussicht aus dem
Fenster des Gebäudes über die Spree.
Ursprünglich als Sommersitz genutzt, wurde das Schloss 1785
von Prinz August Ferdinand von Preußen – dem jüngeren Bruder von König
Friedrich II. – nach Plänen von Michael Philipp Boumann erbaut.
Der Grundriss des Schlosses besteht aus einer
zweigeschossigen Dreiflügelanlage im Stile des Barock, aber mit einer strengen
Fassade im klassizistischen Stil. Damit war das Schloss Bellevue der erste
Schlossbau in Preußen, der Elemente des Klassizismus enthielt.
Es diente 1916 der Obersten Heeresleitung als Hauptquartier
und stand nach dem Ersten Weltkrieg lange Zeit leer. Nach einer vorübergehenden
Nutzung als Museum und Wohnhaus wurde es 1938 als Gästehaus der deutschen
Regierung verwendet.
Zum Amtssitz des Bundespräsidenten wurde Schloss Bellevue
1957 erhoben. Zunächst diente es als zweiter Amtssitz neben der Villa
Hammerschmidt in Bonn. Der Wechsel vom zweiten zum ersten Amtssitz wurde im
Jahr 1994 vollzogen.
Weitere Informationen zum Schloss gibt es hier: Schloss Bellevue
Auf dem Bürgersteig vor dem Schloss steht ein knallroter
Feuermelder, der von Touristen gern als Fotomotiv genutzt wird. Von diesen
Brandmeldern sind noch 11 in ganz Berlin zu finden, die aber nicht mehr im
Einsatz sind.
Inzwischen kümmert sich ein pensionierter Malermeister um
die Melder, damit sie weiter ansehnlich bleiben.
Wir gehen zurück über die Lutherbrücke, überqueren die
Straße und folgen der Spree auf der linken Seite auf dem
Magnus-Hirschfeld-Ufer.
Seit September 2017 steht am Magnus-Hirschfeld-Ufer in
Berlin-Mitte ein Denkmal aus sechs überdimensional großen Calla-Lilien, die die
Farben der Regenbogenflagge tragen. Die Calla-Lilie ist ein Symbol für die
Vielfalt sexueller Identitäten in der Natur. Sowohl männliche als auch
weibliche Blüten sind gleichzeitig auf einer Pflanze vorhanden.
Mit dem Argument, dass sexuelle Vielfalt etwas Natürliches
ist, begann 1897 in Berlin erstmals eine Bewegung, die weltweit Antrieb gab für
die Emanzipation von Lesben, Schwulen, und Bisexuellen. Schau auch mal hier: Denkmal
Schon auf dem Weg zu den Calla-Lilien, ein wenig durch
Büsche und Bäume versteckt, fällt ein Klinkerbau auf, der sichtbar kein
"Ende" hat.
Die Berliner haben natürlich eine Antwort auf das 320 Meter
lange, mehrfach gewundene Backsteingebäude mit 718 Wohneinheiten und nennen es
"Bundesschlange" oder "Abgeordnetenschlange". (schau auch
mal hier bei Google-Maps) Bundesschlange
Ursprünglich wollte man den Mitgliedern des Bundestages nach
dem Wechsel der Regierung von Bonn nach Berlin in der "Schlange"
neuen Wohnraum anbieten. Leider wurde die Idee von den Politiker/innen nicht
angenommen, sie wollten ihre Privatsphäre nicht mit Kollegen teilen.
Wir schlendern weiter den Promenadenweg an der Spree entlang
und werden schon bald das Regierungsviertel erreichen.
Gegenüber auf der anderen Spreeseite sehen wir zwischen
Säuleneichen und Trauerweiden das Haus der Kulturen der Welt (Schwangere
Auster), das 1956/57 als Kongresshalle
gebaut wurde.
Auf dem Weg vor uns unterqueren wir eine Brücke, die rechts
aus der "Waschmaschine" (Bundeskanzleramt) kommt und links in einen
Park mündet, der nicht öffentlich zugänglich ist.
Der Kanzleramtssteg
Kanzleramtssteg in Berlin ist ein Teil der in den 1990er
Jahren gebauten neuen Parlaments- und Regierungsgebäude. Er dient Mitgliedern
der deutschen Bundesregierung und ihren Gästen als Verbindung vom Amtssitz zum
Kanzlerpark am Nordufer der Spree.
Der zusammen mit dem Bundeskanzleramt im Jahr 2001
fertiggestellte Steg besteht aus einem oberen Fußgängerweg und einer unteren
Fahrstraße.
Seit 2010 befinden sich im Kanzlerpark 13 Wildstauden, die
vom Aussterben bedroht sind und auf der "Roten Liste" stehen.
Links an der Mauer gehen ein paar Stufen nach oben und wir
können, je nach Bedarf, im „Zollpackhof“ eine Pause einlegen oder hier unsere 3.
Etappe beenden. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt