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Dienstag, 7. November 2023

Die Bummelmeile in Friedrichshagen

Friedrich der Große steht wieder auf dem Marktplatz

Berlin-Friedrichshagen I Eine Einkaufs-Mall oder ein Shopping-Center sucht man hier vergebens, dennoch lässt sich auf der Bölschestraße in Berlin-Friedrichshagen hervorragend flanieren. Der gut ein Kilometer lange „Boulevard des Ostens“ zwischen dem S-Bahnhof und dem Müggelsee bietet neben kleinen schmucken Einkaufsläden und beliebten Restaurants Zeugnisse der Vergangenheit.

Friedrichshagen war einst ein Kolonisten- und Feinwollspinnerdorf, das im 18. Jahrhundert von Friedrich II gegründet wurde. Baumwollspinner aus Schlesien und Böhmen fanden in Friedrichshagen eine neue Heimat und betrieben Baumwollspinnereien und Seidenraupenzucht.

Die Bölschestraße leitet ihren Namen vom Schriftsteller Wilhelm Bölsche ab. Bölsche zu Ehren sind ein Berggrat im Riesengebirge, eine Insel in Spitzbergen, eine Schule in Berlin sowie Straßen in etlichen deutschen Städten benannt worden, darunter auch die Bölschestraße in Friedrichshagen.

Ursprünglich hieß die Straße Dorfstraße und war mit Kolonistenhäusern bebaut. Leider sind sie im Originalzustand nicht mehr erhalten. An einigen Häusern kann man allerdings die damalige Zeit noch erahnen.

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Auf dem Platz stand bis 1945 einst eine Bronzefigur von Friedrich dem Großen. Danach war die Statue verschwunden. Erst 2003 konnte durch Spendengelder eine Nachbildung geschaffen werden, die nun den historischen Platz ziert.

Gegenüber steht auf dem „Rondel“ die Christophoruskirche, die 1903 unter der Schirmherrschaft der Deutschen Kaiserin im Stil der märkischen Backsteingotik errichtet wurde.

Leider sind um den Marktplatz herum einige sanierungsbedürftige Häuser in den 60er Jahren abgerissen und durch neue Bauten ersetzt worden.

An der Einmündung der Bölschestraße zum Müggelseedamm erinnert das stillgelegte Betriebsgelände der Berliner Bürgerbräu an die letzte private und älteste Brauerei Berlins.

Auf dem Weg zurück zur S-Bahn fällt auf der beliebten Bummelmeile das Haus 12a besonders ins Blickfeld. Es ist ebenfalls ein ehemaliges Kolonistenhaus und heute ein kleines Schmuckstück, das liebevoll restauriert wurde. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt

Donnerstag, 17. November 2022

„Langer Jammer“ erinnert noch heute an den Viehhof

Moderne Wohnungen im ehemaligen Schlachthof

Wer an den alten, sanierten Backsteinbauten im Dreieck Thaerstraße – Eldenaer Straße – Ringbahn in Prenzlauer Berg an der Grenze zur Friedrichshain und Lichtenberg vorbeigeht, vermutet wohl kaum, dass hier mal Rinder und Schweine in Massen gehalten und geschlachtet wurden.

Im Jahr 1827 eröffnete der Gastwirt Klaeger in der Nähe des Landsberger Tores einen Viehmarkt mit Schlachthaus und Ställen für 1000 Rinder, 4000 Schweine und 6000 Hammel. Das war möglich geworden, nachdem als Teil der preußischen Reformen 1810 die Gewerbefreiheit eingeführt wurde.

Bereits 1875 gab etwa 800 private Schlachthäuser in Berlin und Umland. Viele davon schlachteten das Vieh unter sehr schlechten hygienischen Bedingungen und das Fleisch wurde kaum kontrolliert.

Der Virologe Rudolf Virchow schlug 1864 in der Stadtverordnetenversammlung vor, ein von der Stadt Berlin betriebenes, öffentliches Schlachthaus einzurichten, um für die immer weiterwachsende Bevölkerung eine bessere Qualität in der Fleischversorgung zu gewährleisten.

Das war der Start für den späteren Zentralvieh- und Schlachthof auf Basis Virchowscher Hygienevorstellungen und nach Entwürfen von Stadtbaurat Hermann Blankenstein. Am 1. März 1881 wurde der Schlachthof eröffnet.

Nach dem 1. Weltkrieg wurden die Gebäude auf dem Gelände ständig modernisiert. Von 1937 bis 1940 entstand quer über den Viehhof eine etwa 505 Meter lange überdachte und verglaste Fußgängerbrücke, die in einer Höhe von etwa sechs Metern von der Eldenaer Straße zum damaligen S-Bahnhof Zentral-Viehhof (heute Storkower Straße) führte. Im Volksmund hieß diese Brücke Langer Jammer, Langes Elend oder auch Rue de Galopp.

Im Zweiten Weltkrieg entstanden 1945 schwere Schäden durch Luftangriffe. 80 Prozent der Gebäude auf dem Alten Schlachthof wurden zerstört.

Die ersten Instandsetzungsarbeiten setzten gleich nach Kriegsende ein, um die Versorgung der Berliner Bevölkerung wieder aufnehmen zu können. Größere Teile des Geländes dienten jedoch bis 1948 als Kriegsbeutelager für die Rote Armee. Reparationsgüter und Beutekunst wurden hier zwischengelagert, um sie später nach Leningrad zu befördern.

Die DDR machte den Zentralvieh- und Schlachthof zum führenden Betrieb der fleischverarbeitenden Industrie Ost-Berlins und wandelte ihn in einen Volkseigenen Betrieb (VEB) um. In dieser Zeit konzentrierte sich der Betrieb auf dem Gelände des Neuen Schlachthofs zwischen Thaerstraße und Landsberger Allee.

Nach der politischen Wende wurden die Kombinate zunächst privatisiert und ihr Betrieb 1991 schließlich ganz eingestellt. Die Aufgaben wurden vom gerade erweiterten Fleischgroßmarkt im Großmarkt an der Beusselstraße in Moabit übernommen. Das Gelände war daraufhin einige Jahre lang eine Industriebrache.

Neue Planungen sahen vor, auf dem 50 Hektar großen Gelände das neue Stadtquartier „Alter Schlachthof“ entstehen zu lassen. Großflächige Grünanlagen und schrittweise Verwirklichung einer guten Infrastruktur sorgten schließlich dafür, dass das neue Entwicklungsgebiet Alter Schlachthof inzwischen eine gefragte Wohnadresse für Jung und Alt geworden ist.

Im Zentrum des neuen Quartiers befindet sich der große Hermann-Blankenstein-Park, der im Oktober 2004 eröffnet wurde. Er bezieht das eiserne Stützgerüst der Hammelauktionshalle in den Park mit ein. 

Wer in Berlin die Ringbahn nutzt, kommt zwangsläufig auch an der Station "Storkower Straße" vorbei. Mit einem Smartphone und der App von lialo lässt sich ein informativer Spaziergang verbinden. 

Direkt zur Tour geht es hier: Ringbahn-Tour Nord-Ost   Text und Foto: Klaus Tolkmitt