Das wilde Lebend des Jan Erik Hanussen

Hellseher machte öffentlichkeitswirksame spektakuläre Vorhersagen.

Friedhöfe sind Orte der Ruhe und die Stille zwischen den hohen, alten Bäumen, den Mausoleen und Gräbern macht die Großstadt vergessen.

Aber sie können auch unzählige spannende Geschichten erzählen, wie die von Hermann Steinschneider, besser bekannt unter seinem dänischen Namen Jan Erik Hanussen, der auf dem Südwestkirchhof in Stahnsdorf seine letzte Ruhestätte gefunden hat.


Um sein Grab zu finden, braucht man auf Deutschlands zweitgrößtem Friedhof einen Plan oder die App von lialo, auf der man mit seinem eigenen Smartphone einen Rundgang über den Friedhof machen kann und zu einigen bekannten „Promis“ geführt wird.

Hier der Link zur Tour: Stahnsdorf Friedhof Südwestkirchhof Promi Führung

Jan Erik Hanussen soll angeblich den Reichstagsbrand 1933 vorausgesagt haben. Er war trotz jüdischer Herkunft Sympathisant der Nazis und pflegte enge Kontakte zur SA. Ebenso unterstützte er in seinen astropolitischen Zeitungen den Aufstieg Hitlers.

In diesem Zusammenhang muss seine Voraussage zum Reichstagsbrand mit anderen Augen gesehen werden, denn die Information hatte ihm vermutlich ein befreundeter SA-Mann übermittelt.

Bereits nach dem 1. Weltkrieg ging Hanussen nach Berlin, arbeitete als Trickkünstler, wirkte als „echter Hypnotiseur“ und Hellseher und machte öffentlichkeitswirksam spektakuläre Vorhersagen. Auch wenn sich die Ereignisse oft nicht einstellten, seine Anhängerschaft wurde immer größer.

Unzweifelhaft war Hanussen in den 1920er Jahren eine schillernde Persönlichkeit, wenn er als Klatschreporter, Erpresser, Schauspieler, Kunstreiter, Akrobat und als Kompagnon von Zauberkünstlern und Hypnotiseuren unterwegs war.

Um erfolgreich zu sein, war Hanussen jedes Mittel recht. In seinen frühen Anfängen betrieb er das angeblich „erste elektrische Kettenkarussell der Welt“, das aber in Wirklichkeit von vor dem Publikum versteckten Kindern bewegt wurde.

Er bot gegen gute Bezahlung okkultistische Beratungsgespräche an und konnte sich so ein aufwändiges Leben leisten. In Charlottenburg eröffnete er seinen Palast des Okkultismus und feierte dort wilde Orgien.

Im Palast hatte er Abhörsysteme installiert, um die Menschen, denen er die Zukunft vorhersagte, zu belauschen.

Und auch für seine „astrologischen Börsentipps“ ließ er sich gut bezahlen.

Wenige Wochen nach der nationalsozialistischen Machtergreifung im Frühjahr 1933 wurde Hanussen am 23. März 1933 von einem SA-Kommando in seiner Privatwohnung verhaftet und nach einem Zwischenaufenthalt in der Polizeikaserne in Tempelhof mit seinem eigenen Wagen aus Berlin gefahren und auf der Chaussee von Zossen nach Baruth erschossen.

Hanussens Leiche wurde am 8. April 1933 von Waldarbeitern gefunden. Der Tote war von Wildfrass gezeichnet und verstümmelt, erst durch ein Monogramm in seiner Kleidung konnte seine Identität festgestellt werden.

1988 wurde das wilde Leben und die Biografie des Hermann Steinschneiders mit Klaus-Maria Brandauer in der Hauptrolle verfilmt.


Der schlichte Grabstein des Lebenskünstlers Hanussen liegt abseits der Hauptwege versteckt unter Bäumen auf dem Südwestkirchhof. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt

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