Samstag, 28. September 2024

Dem Himmel ein Stück näher

Berliner Geschichte im Flughafen Tower Tempelhof

Wir schreiben das Jahr 2008, als der letzte Linienflug vom Flughafen Berlin-Tempelhof nach Mannheim stattfand. Nachdem sich am 30. Oktober um 21.55 Uhr eine Maschine vom Typ Dornier 328 der Cirrus Airlines mit 31 Personen vom Rollfeld in den Berliner Himmel verabschiedet hatte, war der Flughafen mit einer langen Tradition Geschichte.

Die ersten Flugzeuge starteten bei herbstlichem Wetter am 8. Oktober 1923. Nur eine kleine Gruppe von Offiziellen war bei der Eröffnung anwesend. Aus den einfachen Bauten auf dem Flugfeld entstand einer der modernsten Flughäfen der Welt mit dem zeitweise größten Passagieraufkommen in Europa. Ein Luftkreuz mitten in Berlin.

Zwischen 1936 und 1941 wurde Tempelhof in seiner heutigen Form ausgebaut und das größte Baudenkmal Europas. Er steht für die monumentale Selbstinszenierung der Nationalsozialisten, ist aber auch durch die Luftbrücke von 1948/49 zu einem Symbol der Freiheit geworden.

Das Gebäude ist einzigartig und weltweit der einzige Flughafen, in dem die Hangars mit den Abfertigungs- und Verwaltungsräumen in einem Gebäude zusammengeführt wurden. Die bauliche Anlage besteht aus einer Abfolge symmetrischer Bauteile. Zwei Bürotrakte flankieren den Ehrenhof, die Empfangs- und Abfertigungshalle, sowie Transitbereiche und den 1230 Meter langen Bogen der Hangars, der in seiner besonderen langgestreckten monumentalen Architektur noch aus dem Weltraum zu erkennen ist.

Die Naturstein-Verkleidung und strenge Fassadengliederung verleihen dem Gebäude zur Stadt hin eine wuchtige Anmutung. Der 380 Meter lange Flugsteig in der Mitte des Gebäudes wird überspannt von einer 40 Meter breiten, freitragenden Konstruktion.

Nach den dunklen Jahren unter nationalsozialistischer Herrschaft war Tempelhof nach dem Zweiten Weltkrieg für einige Jahre Deutschlands größter Flughafen und im geteilten Deutschland das Tor West-Berlins zur Welt.

1975, im Jahr nach dem Bau des Flughafens Tegel, wurde der Betrieb in Tempelhof eingestellt.

Seit seiner Schließung ist es um die ehemalige Drehscheibe für den internationalen Flugverkehr still geworden.  Die riesigen Hallen wurden zunehmend für Messen und andere Großveranstaltungen genutzt.

Heute, über 100 Jahre später, sind kaum noch Spuren vom Flugbetrieb zu sehen. Stattdessen tummeln sich auf dem ehemaligen Flugfeld, dem Tempelhofer Feld, Freiluftkapitäne, die Drachen steigen lassen, mit dem Rad die zwei Kilometer lange Start- und Landebahn abstrampeln oder entspannt im Gras liegen und in den blauen Himmel schauen (wenn die Sonne scheint), um anschließend das Picknick auf der Decke auszubreiten.

Dem Himmel ein Stück näher ist man im neuen (alten) Tower, der auf der Dachterrasse am seitlichen Büroturm 2023 wieder zugänglich gemacht wurde. Hier lässt sich hautnah nachverfolgen, wie die Fluglotsen die Flugzeuge in die Welt verabschiedeten und eine barrierefreie Sicht über das Flugfeld hatten.

In einer Ausstellung „Dein Stück Berliner Himmel“ wird an die 100jährige Geschichte des Flughafens erinnert.  

Der THF Tower ist eines der ersten barrierefrei sanierten Gebäudeteile des Flughafens, der den Besuchern ein beeindruckendes Erlebnis und einen unvergleichlichen Blick über Berlin bietet.

Die Sommeröffnungszeiten sind von Mi-Do 11:00 - 18:00 Uhr, Fr-So 12:00 - 19:30 Uhr.

Anfahrt:  Mit der U6 (U-Bahnhof Paradestr.) gelangt man direkt zum Eingang des Towers. Vom U- Bahnhof Platz der Luftbrücke sind es 10 Gehminuten und vom S+U Bahnhof Tempelhof 8 Minuten zu Fuß.

Parken: Vor Ort stehen zwei Parkplätze für Menschen mit Beeinträchtigung (entsprechender Parkausweis nötig) zur Verfügung. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt

Mittwoch, 25. September 2024

Der erste Computer kommt aus Kreuzberg

 Konrad Zuse baut Rechenmaschine aus „Faulheit“ 

In der Methfesselstraße 7 in Berlin-Kreuzberg steht die Wiege des weltweit ersten Computers. Unbemerkt von der Öffentlichkeit hatte der Bauingenieur und Erfinder Konrad Zuse 1941 seine funktionsfähige Rechenmaschine Z3 vorgestellt und sich seinen Traum von der vollautomatischen Rechenmaschine erfüllt.

Zuse, 1910 in Berlin geboren, ist Schöpfer des ersten vollautomatischen, programmgesteuerten und frei programmierbaren, in binärer Gleitpunktrechnung arbeitenden Rechenanlage. Konrad Zuse studierte an der Technischen Hochschule in Berlin-Charlottenburg und arbeitete später bei den Hentschel-Flugzeugwerken in Berlin.

Zuse bezeichnete sich selbst als „Bummelstudenten“. Als 17-Jähriger studierte er an der Technischen Hochschule Berlin-Charlottenburg) zunächst Maschinenbau, wechselte dann zur Architektur und schließlich zum Bauingenieurswesen. Er entdeckte jedoch schon früh seine Vorliebe für Technik und Kunst.

Da er zu „faul“ zum Rechnen war, begann er eine Maschine zu basteln, die ihm diese Arbeit abnahm. Nicht nur die Zahlen wollte er binär darstellen, sondern die gesamte Maschine sollte auf diesem Prinzip (Aussagenlogik) arbeiten. Er entwickelte dazu ein leistungsfähiges binär arbeitendes Gleitkommarechenwerk, welches erlaubte, sehr große und sehr kleine Zahlen mit hinreichender Genauigkeit zu verarbeiten.

Die Rechenanlage Z4, deren Bau 1942 begonnen wurde und die bis 1945 in Berlin nicht mehr fertiggestellt werden konnte, wurde als einzige Maschine vor der Zerstörung durch Bombenangriffe gerettet. Der Rechner war eine Erweiterung der Z3 und bildete die Grundlage, um nach dem Krieg das erste deutsche Computerunternehmen, die „Zuse KG“, aufzubauen. Der Z4 wurde 1949 in Neukirchen im Kreis Hünfeld in Hessen restauriert und arbeitete ab 1950 für fünf Jahre erfolgreich an der Technischen Hochschule in Zürich. Sie war 1950 die einzige kommerziell eingesetzte programmgesteuerte Rechenanlage in Europa.

Ein Nachbau der Z1 steht heute im Deutschen Technikmuseum in Berlin. Das Original war im Wohnzimmer seiner Eltern aufgebaut und wurde samt den Plänen im Bombenkrieg zerstört. Eine Gedenktafel in der Methfesselstraße (unweit der Bergmannstraße/Ecke Mehringdamm) erinnert an den genialen Ingenieur. Text und Foto: Klaus Tolkmitt