Sonntag, 12. Juni 2022

Freier Blick vom Teufelsberg

Ehemalige Abhörstation ist ein Paradies für Graffiti-Künstler

Berlin lag nach dem 2. Weltkrieg in Schutt und Asche. Vor dem Wiederaufbau mussten die Trümmer entsorgt werden. So entstanden gleich mehrere Trümmerberge in der Stadt, die heute als bepflanzte Aussichtsberge in die Naturlandschaft integriert wurden.

Der Teufelsberg ragt 120 Meter in die Höhe und gehört damit zu den größeren „Schuttbergen“. Insgesamt wurden hier 26 Millionen Kubikmeter Trümmerschutt abgeladen, oder anders ausgedrückt, 15.000 Gebäude entsorgt.

Nach Beendigung der Ablagerung wurde die Landschaft mit Sand und Mutterboden gestaltet und mit rund einer Million


Bäumen bepflanzt. Was viele Nicht-Berliner nicht wissen, es entstand ein riesiges Freizeit- und Wintersportgelände mit einem Skihang, einer Rodelbahn und einer Sprungschanze. Lift, Flutlicht und Schneekanonen sorgten bis 1987 für ausgiebigen Winterspaß.  Anlässlich der 750-Jahr-Feier Berlins wurde am 28. Dezember 1986 auf dem Skihang ein Wettbewerb im Parallelslalom mit bekannten Skifahrern ausgetragen. Sieger wurde der ehemalige Weltmeister und Olympiasieger von 1980 Leonhard Stock aus Österreich.


Sein bis heute markantes Aussehen erhielt der Teufelsberg mit dem Bau der Abhöranlage, die den Amerikanern in Zeiten des „Kalten Krieges“ die Möglichkeit bot, bis weit in das Gebiet des Warschauer Paktes hineinzuhorchen. Anfangs noch als mobile Station, zur Überwachung des Luftraums, entstand auf dem Berg ein riesiges Areal der National Security Agency (NSA).

Da ein kleiner Teil der Teufelsberg-Begrünung von der militärischen Nutzung verschont blieb, wurde zwischen den 1970er und 1980er Jahren am Südhang sogar Wein angebaut. Als Wilmersdorfer Teufelströpfchen ist er in die Geschichte eingegangen.


Nach der Wiedervereinigung und dem Ende des Kalten Krieges wurde die Anlage überflüssig und die Amerikaner zogen sich 1991 zurück. Die Gebäude blieben vorerst erhalten und wurden bis 1999 zur zivilen Luftüberwachung des Flugverkehrs genutzt.

Nachdem der Berliner Senat das Gelände an eine Investorengemeinschaft verkauft hatte, begannen die Spekulationen um die Nachnutzung. Von einem Hotel mit Tageszentrum war die Rede, von exklusiven Wohnungen und einem Spionagemuseum, bis hin zu einer Friedensuniversität.

Bis heute (Stand Juni 2022) stehen aber weiterhin nur Ruinen auf dem Berg, zur Freude einer bestimmten Klientel. Graffiti-Künstler aus aller Welt haben die Gebäude für sich entdeckt und die Wände der alten Abhörstation mit unzähligen Muralen zum Leben erweckt.


Seit 2018 steht der Teufelsberg aus städtebaulichen und historischen Gründen unter Denkmalschutz und kann inzwischen auch ganz offiziell besichtigt werden, nachdem ein privater Nutzer kostenpflichtige Führungen und Veranstaltungen anbietet. Der Zugang zu den Aussichtsplattformen bietet den Besuchern einen wundervollen unverbauten Rundumblick über Berlin. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt