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Donnerstag, 19. Oktober 2023

Die Gründungsväter der Germanistik lebten in Berlin

 Jacob und Wilhelm Grimm sammelten nicht nur Märchen

Wer kennt sie nicht, die Märchensammlungen der Brüder Grimm. Mit ihren gesammelten Werken volkstümlicher Kinder- und Hausmärchen sind sie in die deutsche Geschichte eingegangen.

Doch die Vita der Brüder, die aus einer Beamten- und Pastorenfamilie stammen und am 4. Januar 1785 bzw. 24. Februar 1786 in Hanau geboren wurden, zeigt noch eine andere Seite ihres Lebens.

Die von Jacob und Wilhelm Grimm auf Veranlassung von Achim von Arnim und Clemens Brentano gesammelten Märchen entstanden nicht aus ihrer eigenen Fantasie, sondern wurden nach alten, vorwiegend mündlich überlieferten Geschichten von ihnen gesammelt und zusammengetragen und mehr oder minder stark überarbeitet. Eine ihrer wichtigsten Quellen waren die Märchen, die die aus hugenottischer Familie stammende Dorothea Viehmann den Brüdern erzählte. Sie waren ursprünglich nicht nur für Kinder gedacht, sondern entstanden vor allem aus volkskundlichem Interesse und erhielten entsprechende märchenkundliche Kommentare. Wilhelm Grimms sprachliche Überarbeitungen schufen daraus einen Buchmärchenstil, der bis heute das Bild von Märchen prägt.

Die Brüder waren Sprachwissenschaftler und Volkskundler. Sie gelten gemeinsam mit Karl Lachmann und Georg Friedrich Benecke als „Gründungsväter“ der Germanistik. Im Alter von 30 Jahren hatten sich Jacob und Wilhelm Grimm durch ihre zahlreichen Publikationen bereits eine herausragende Stellung erarbeitet, die im Jahr 1819 von der Universität in Marburg mit einer Ehrendoktorwürde honoriert wurden. 1838 begannen Jacob und Wilhelm Grimm ihre gemeinsame Arbeit am Deutschen Wörterbuch.

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1840 holte sie der neue preußische König Friedrich Wilhelm IV unmittelbar nach seiner Amtsübernahme nach Berlin. Rund 20 Jahre lang lebten sie in Berlin, nunmehr unbelastet von finanziellen Ungewissheiten. In Akademieabhandlungen, die sie in dieser Zeitspanne verfassten, ist viel Lesenswertes über ihre Forschungen, ihre Interessen und ihre liberalen politischen Ansichten zu finden. Auch die Geschichte der deutschen Sprache entstand in dieser Zeit – ein erster Versuch, Sprachgeschichte mit Sozialgeschichte zu verknüpfen.

Wilhelm Grimm verstarb 1859, sein Bruder Jacob 1863. Viele Institutionen in ganz Europa waren stolz, dass sie sie zu ihren (Ehren-)Mitgliedern zählen konnten. 

Auch im Tod sind sie beisammen.  Sie liegen auf dem Alten St.-Matthäus-Kirchhof in Berlin-Schöneberg. Die Grabstätte gehört zu den Ehrengräbern des Landes Berlin. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt

Montag, 8. Mai 2023

Der Dicke vom Alexanderplatz

Ernst Gennat, ein Beamter der Berliner Kriminalpolizei.

Der Grabstein auf dem Südwestfriedhof in Stahnsdorf ist schlicht gehalten und verrät nur den Namen und die Lebensjahre (1880 -1939). Dabei hat Ernst Gennat in Berlin Geschichte geschrieben.

Geboren am 1. Januar 1880 als Sohn des Oberinspektors der Haftanstalt Plötzensee, in dessen Dienstwohnung er auch aufwuchs und so der späteren Kundschaft bereits denkbar nahe war. Früh bekam er Einblick in den Zusammenhang von sozialer Verelendung und Kriminalität.

Das Jurastudium brach er ab, um gleich bei der Polizei anzufangen. Am 1. August 1905 wurde er zum Kriminalkommissar ernannt. Hier beginnt seine Karriere unter drei politischen Systemen.

Schon zu Lebzeiten Legende und Original gleichermaßen, entsprach er dabei nicht dem klassischen Klischee des engstirnigen preußischen Beamten.

Hinter seinem Rücken wurde er von seinen Kollegen freundlich oder auch hämisch „Buddha der Kriminalisten“ oder „Der volle Ernst“ genannt. Diese Spitznamen spielten auf seine imposante Körperfülle an.

Bei der Gegenseite wurde er oft nur als „Der Dicke vom Alexanderplatz“ bezeichnet, weil sich seine Dienststelle dort in der „Roten Burg“ befand. Diesen Spitznamen hatte das Polizeipräsidium am Alexanderplatz in den 1920'er Jahren bei den Berlinern.

Als Gennat 1904 zur Kriminalpolizei kam, gab es noch keine Mordkommission im eigentlichen Sinne. Zuvor war ein so genannter „Mordbereitschaftsdienst“ innerhalb der Kriminalpolizei eingerichtet worden, damit zu jeder Tages- und Nachtzeit sofort Beamte an den Tatort geschickt werden konnten.

Ernst Gennat erkannte als einer der ersten die Wichtigkeit einer genauen Spurensicherung am Tatort.

Vor seiner Zeit war es keineswegs ungewöhnlich, dass die zuerst eintreffenden Schutzmänner am Tatort erst einmal „Ordnung schafften“ oder die Leiche pietätvoll hinbetteten. Gennat legte nun genaue Richtlinien für das Vorgehen am Tatort fest und setzte als unverbrüchliches Prinzip durch, dass vor dem Eintreffen der Ermittler nichts angefasst oder verändert werden durfte.

Gerühmt wurden vor allem seine Hartnäckigkeit und Ausdauer, sein phänomenales Gedächtnis und ein enormes psychologisches Einfühlungsvermögen, das ihn befähigte, „Profiling“ schon vierzig Jahre vor der Erfindung des Begriffs zu betreiben.

Gewaltanwendung bei Vernehmungen und (polizeirechtlichen) Befragungen lehnte er ab. Seine Mitarbeiter mahnte er eindringlich:

„Wer mir einen Beschuldigten anfasst, fliegt! Unsere Waffen sind Gehirn und Nerven!“

Im Jahre 1931 konnte die Zentrale Mordinspektion 94,7 % der Fälle aufklären. Heute liegt die Aufklärungsrate für Morde zwischen 85 und 95 %. Das Raubdezernat erreichte damals nur eine Quote von 52 Prozent. Gennat selbst gelang während seiner 33-jährigen Tätigkeit im Polizeidienst die Aufklärung von 298 Morden!

In der Krimi-Reihe um Kommissar Rath und in der daraus entstandenen Serie Babylon Berlin ist Gennat als Chef der Mordkommission Raths Vorgesetzter.

Diese und andere Geschichten sind in der kostenlosen Smartphone-Tour von lialo zu erleben. Mit diesem Link: Der Dicke vom Aleanderplatz lässt sich die Tour sofort starten. Zudem kann die Tour jederzeit unterbrochen und zu einem späteren Zeitpunkt weitergespielt werden.

Der Südwestfriedhof ist wohl der schönste und größte Berliner Friedhof, der bereits 1909 eröffnet wurde und außerhalb der Stadtmauern in Stahnsdorf liegt. Prominente Politiker, Musiker, Schriftsteller, Dichter und Filmemacher, also vor allem Künstler fanden auf dem Stahnsdorfer Friedhof ihre letzte Ruhe. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt

Donnerstag, 5. Mai 2022

Im Rathaus Spandau "regiert" ein sturer Esel

Tierplastik begrüßt die Besucher im Foyer

Während in den meisten Berliner Rathäusern der „Amtsschimmel“ wiehert, steht im Spandauer Rathaus seit 1955 in der Eingangshalle ein sturer Esel, der aber nicht unbedingt auf das Verhalten der Mitarbeitenden hinweist.

Es ist eine Skulptur des bekannten Tierbildhauers August Gaul, der für den „kleinen Eselsreiter“ seinen Sohn als Modell ausgesucht hatte.

Georg August Gaul (* 22. Oktober 1869 in Großauheim; † 18. Oktober 1921 in Berlin) war Bildhauer und Medailleur im Übergang vom Historismus zur Moderne.

Nach der Ausbildung an der Hanauer Zeichenakademie wechselte August Gaul 1888 nach Berlin und war mit drei großformatigen Raubtierbronzen an der Ausführung der Nationaldenkmäler für Kaiser Wilhelm I. und Bismarck beteiligt, die vor dem Berliner Stadtschloss und vor dem Reichstag errichtet wurden.

Nachdem er 1890 eine Dauerfreikarte für den Berliner Zoologischen Garten gewonnen hatte, standen im Zentrum seines Lebenswerks nur noch Tierplastiken. Lediglich drei Darstellungen von Menschen sind bekannt, darunter sein Eselsreiter im Foyer des Spandauer Rathauses.

Der Entenbrunnen am Renaissance Theater
In Berlin hat Gaul mit seinen Werken einige Spuren hinterlassen. So entstanden, um nur einige zu nennen, der Bäreus Wertheim und der Fischotterbrunnen für die Villa Liebermann in Berlin-Wannsee. Er schuf den „ruhenden“ Löwen im Tierpark und den goldenen Hirschen am Rathaus Schöneberg, sowie den Entenbrunnen vor dem Renaissance-Theater.

Sein Ehrengrab des Landes Berlin ist auf dem Friedhof Dahlem-Dorf zu finden.

Wer mehr Informationen über das Rathaus und Spandau erhalten möchte, der sollte sich mit der Web-App lialio.com auf den Weg durch Spandau machen. Spielerisch mit kleinen Aufgaben und Rätseln führt die App durch das Mittelalter und erzählt die lebendige Geschichte des alten Spandaus.

Die Exkursion beginnt am Rathaus, das mit der S-Bahn 3 und 9 sowie mit der U-Bahn 7 gut zu erreichen ist. Hier geht es direkt zur Tour: Der Esel im Rathaus Spandau.

Text und Fotos: Klaus Tolkmitt

Montag, 11. November 2019

Er war der "Deutsche Sinatra"


Am Grab von Entertainer Harald Juhnke

Zahlreiche Persönlichkeiten liegen auf dem Waldfriedhof Dahlem in Berlin begraben. Unter ihnen auch Harald Juhnke, Schauspieler, Entertainer, Synchronsprecher und Sänger. Am 10. Juni 1929 wurde er in Berlin geboren, seine Mutter stammte aus einer Bäckerfamilie und sein Vater war Polizeibeamter. Juhnke wuchs im damaligen Arbeiterbezirk Wedding (heute Ortsteil Gesundbrunnen im Bezirk Mitte) in Berlin auf. 1948 verließ er die Schule, um Schauspieler zu werden. In den 1950er und 1960er Jahren wurde er als Filmschauspieler bekannt. Man engagierte ihn als jugendlichen Liebhaber oder als lustigen Berliner. Was viele nicht wissen, Juhnke war etliche Jahre als Synchronsprecher tätig und war unter anderem die deutsche Stimme für Marlon Brando, Charles Bronson, Peter Falck oder auch Robert Wagner.
Ab 1977 sah man ihn häufiger im Fernsehen. So mit Grit Boettcher in der ZDF-Serie „Ein verrücktes Paar“. Später moderierte er als Nachfolger des verstorbenen Peter
Frankenfeld die Show „Musik ist Trumpf“. Juhnkes Alkoholprobleme führten Ende 1981 zur Einstellung der Sendereihe. Sein Vorbild war Frank Sinatra, den er gern im Smoking und mit Lackschuhen nacheiferte. Es folgte Serien wie „Drei Damen vom Grill“ oder die beliebte Sketchserie „Harald und Eddi“ mit Eddi Arendt.
In den 1990er Jahre schaffte Juhnke ein Comeback als Filmschauspieler. In den Filmen „Schtonk“ und „Der Hauptmann von Köpenick“ (1997) erwarb er sich bei Kritikern großes Lob als Charakterdarsteller. Seine Alkoholerkrankung verarbeitete er 1995 in der Hauptrolle in dem Film „Der Trinker“ nach Hans Fallada.
Zusammen mit Walter Plathe und Günter Pfitzmann war Juhnke 1999 Mitbegründer des Zille-Museums im Berliner Nikolaiviertel.
Am 1. April 2005 verstarb der Schauspieler im Alter von 75 Jahren. Die Trauerfeier in der Berliner Gedächtniskirche mit 800 Anwesenden fand am 9. April 2005 statt, anschließende wurde er auf dem Waldfriedhof Dahlem im engsten Familienkreis beigesetzt. Die schlichte Grabanlage ist ein Ehrengrab des Landes Berlin. Am Friedhofseingang sind auf einem Plan die Ehrengräber verzeichnet.  Text und Foto: Klaus Tolkmitt

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