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Samstag, 15. Oktober 2022

Der Flensburger Löwe aus Dänemark

Der Flensburger Löwe
Löwen-Kopie stand im Berliner Villenviertel Alsen

Nach einem Besuch im Haus der "Wannsee-Konferenz" am Westufer des Großen Wannsees in Berlin sollte man gleich nebenan noch einen Blick auf den „Flensburger Löwen“ richten. Rund zwei Tonnen schwer ist der Zinkabguss des Bronzeoriginals des dänischen Bildhauers Herman Wilhelm Bissen. Sie erinnert an den entscheidenden Sieg der Preußen im Dänischen Krieg 1864 auf der Insel Alsen. Das Original steht nach einem Zwischenstopp in Dänemark seit 2011 wieder in Flensburg.

Im Deutsch-Dänischen Krieg, in dem Preußen und Österreich den Schleswig-Holsteinern beistanden, siegte bei der Festung Düppeler Schanzen im April 1864 die deutsche Seite. Dänemark musste eine weit nördlichere Grenzlinie akzeptieren. Fast das gesamte Herzogtum Schleswig fiel an Preußen und wurde 1867 mit dem Herzogtum Holstein eine neue Provinz. Flensburg wurde damit deutsch.

Die Bronzestatue wurde im Jahre 1867 gemeinsam mit den vier Sockel-Reliefs auf Betreiben des Generalfeldmarschalls Friedrich Graf von Wrangel nach Berlin transportiert.

Das Haus der Wannsee-Konferenz
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs setzte sich der Berliner Korrespondent der Zeitung Politiken Henrik V. Ringsted bei den US-amerikanischen Militärbehörden für eine Überführung des im Krieg unbeschädigt gebliebenen Löwendenkmals nach Dänemark ein. Der Oberbefehlshaber der alliierten Streitkräfte in Europa und spätere Präsident Dwight D. Eisenhower veranlasste im Herbst 1945 den Transport nach Kopenhagen.

Am 20. Oktober nahm König Christian X. den Löwen offiziell in Empfang und drückte dabei die Hoffnung aus, dass das Denkmal zum Gedenken an die Opfer des Krieges von 1848 bis 1850 und an die Zeit danach dereinst wieder in Flensburg stehen sollte.

Die Berliner Kopie ließ 1873 der Bankier Wilhelm Conrad anfertigen. Der Flensburger Löwe zierte ursprünglich den Bergpark im von Conrad gegründeten Villenviertel Alsen und zog erst 1938 an seinen heutigen Standort um. Conrad hatte wenige Jahre zuvor am westlichen Wannseeufer die "Colonie Alsen" gegründet, ein prächtiges Villenviertel weit vor den Toren Berlins, von dem heute nur noch wenige Häuser erhalten sind. Text und Foto: Klaus Tolkmitt  

Donnerstag, 22. September 2022

Berliner Original lebte einst in Stolpe

Der „Eiserne Gustav“ kämpfte gegen den Niedergang des Droschkengewerbes

Im Berliner Wannsee-Ortsteil Stolpe geht es noch recht beschaulich zu. Der kleine Ort hat noch seinen dörflichen Charakter behalten und Berlin scheint weit weg zu sein. 

Im alten Wannsee lebte aber ein Berliner, der es zu Weltruhm gebracht hat. Um sein Haus zu finden, muss man der Chausseestraße folgen und in die Alsenstraße abbiegen. Ein Stück weiter an der Hausnummer 11 hängt eine Gedenktafel für den „Eisernen Gustav“ (Gustav Hartmann).

Wie „Pinsel-Heinrich“ (Maler Heinrich Zille) und der „Hauptmann von Köpenick“ (Schumacher Friedrich Wilhelm Voigt) war auch der „Eiserne Gustav“ ein Berliner Original, aber kein Berliner: Gustav Hartmann stammte ursprünglich aus Magdeburg und hatte sich in Stolpe in der Alsenstraße mit einem Pferde-Fuhrunternehmen selbstständig gemacht.

Er schrieb Geschichte, nachdem er sich für eine Aktion gegen den Niedergang des Droschkengewerbes und die steigende Zahl von Autos mit seiner Droschke und dem Wallach Grasmus auf die 1000 Kilometer lange Reise nach Paris aufmachte. Nach 8 Wochen und zahlreichen begeisterten Empfängen in den durchreisenden Orten kommt der „Weltenbummler“ am 4. Juni 1928 in Paris an. Doch in der Seine-Metropole interessierte sich die Öffentlichkeit jedoch nicht für ihn, sondern für Charles Lindbergh, der gerade seinen ersten Flug über den Atlantik beendet hatte.


Zu seinen besten Geschäftszeiten verfügt Hartmann über zwei Kutschen, zwei Landauer, einen Kremser, einen Arbeitswagen, einen Möbelwagen und Pferdeschlitten. Er selbst stand jeden Tag bei Wind und Wetter mit einer Droschke am Bahnhof Wannsee und wartet auf Kunden. Hartmann hatte sein Fuhrunternehmen 1885 gegründet, doch 1928 zurzeit der Weltwirtschaftskrise konnte er als Droschkenkutscher seine Familie nicht mehr ernähren. Automobile Taxen werden von den Kunden bevorzugt.

Vor seiner Frau verheimlicht er diese Situation, indem er sich Geld leiht. Als Sicherheit verpfändet er das Grundstück und das Wohnhaus. Durch Zufall erfährt seine Familie davon und will ihn für unzurechnungsfähig erklären lassen. Nach einer Vorladung vor Gericht verlässt er mit seiner Droschke die Stadt ohne bestimmtes Ziel.

Ein Zeitungsreporter kann ihn aufspüren und verspricht ihm 500,- Mark für eine Fahrt nach Paris. Gustav Hartmann geht dann tatsächlich am 2. April 1928 mit seiner Droschke auf die Reise und wird vom Reporter Hans Hermann Theobald begleitet, der so zu einer außergewöhnlichen Story kommt.


Noch gezeichnet von seinem Misserfolg in Paris, wird Hartmann nach seiner Rückkehr aber von den Berlinern begeistert empfangen. Er versöhnt sich mit seiner Familie und beschließt, das auf der Reise erworbene Geld in eine „Automobilwerkstatt mit Tankstelle“ zu investieren. Durch seine Reise berühmt geworden, gründet der „Eiserne Gustav“ eine Stiftung für die Hinterbliebenen von – bei der Ausübung ihres Berufes – zu Tode gekommenen Taxifahrern (Gustav-Hartmann-Stiftung).

Seine Geschichte nahm Hans Fallada zum Anlass, einen Roman zu schreiben und mit Heinz Rühmann wurde die Geschichte vom Eisernen Gustav verfilmt. Später gab es mit Gustav Knuth noch eine siebenteilige Fernsehserie. Gustav Hartmann wurde auf dem Alten Friedhof Wannsee beigesetzt.

Während in der Alsenstraße eine Gedenktafel an das „Berliner Original“ erinnert, muss man sein Denkmal ein bisschen suchen. Es steht auf der Mittelinsel (oftmals von Büschen versteckt) der breiten Bundesstraße 1 im Bezirk Tiergarten an der Kreuzung der Potsdamer Straße mit dem Landwehrkanal. Text und Foto: Klaus Tolkmitt