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Samstag, 20. April 2024

Der froschfüssige Wassermann sitzt im Trockenen

Aus der Brunnenanlage am Nollendorfplatz sprudelte Wasser in einen Rosenteich

Heute erinnert am hektischen Verkehrsknotenpunkt Nollendorfplatz in Berlin-Schöneberg nur noch ein kleiner versteckter Brunnen unter der Hochbahn, dass hier mal ein parkähnlicher Schmuckplatz angelegt war, der auf der Grenze zu Charlottenburg die Menschen zum Verweilen animierte.

1880 standen rund um den Platz, der seinen Namen einem Ort in Böhmen verdankt, prächtige Häuser und das „Neue Schauspielhaus“.

24 Jahre später modellierte Bildhauer Ernst Westphal dann seinen Nickelmannbrunnen (der Name ist ein alter Begriff für Wassermann oder Wassergeist) unter die neue Hochbahn und ließ aus dem Mund des glupschäugigen und froschfüssigen Wassermanns Wasser in sein halbrundes Becken fließen.

Aus dem Becken, das seitlich von zwei Delphinköpfen dekoriert ist, sprudelte das Wasser in ein Seerosenbassin, das die repräsentative Grünanlage malerisch schmückte. 

1925/1926 wurde im Zuge der Umgestaltung des Hochbahnhofs die Grünanlage zurückgebaut und der Brunnen verschüttet. Auch nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde das Bauwerk nicht wieder in seinen ursprünglichen Zustand versetzt, auch der kleine Teich blieb verschwunden.

Erst 1990 wurde die inzwischen unter Denkmalschutz stehende Brunnenanlage wieder freigelegt. Allerdings hat der im Neubarock konzipierte Brunnen nie wieder seine ursprüngliche Aufgabe erfüllen können und schlummert nunmehr seit vielen Jahren ein trockenes Dasein und bietet einen erbärmlichen Anblick.

Selbst Politikern der Bezirksverordnetenversammlung verschiedener Fraktionen ist das unwürdige Aussehen des Brunnens bereits aufgefallen. Doch geändert hat sich bis heute (April 2024) nichts, obwohl die Denkmalschutzbehörde einer Instandsetzung positiv gegenübersteht.

Altbundeskanzler Helmut Schmidt, der von 1974 bis 1982 noch in Bonn die Bundesregierung anführte, und sich hier 1942 auf einer romantischen Bank (die es leider auch nicht mehr gibt) am Nollendorfplatz mit seiner späteren Frau Hannelore („Loki“) verlobte, wäre sicher auch ein Fürsprecher, all derer, die den Nickelmannbrunnen wieder plätschern lassen wollen.

Ob es jemals dazu kommt, ist also ungewiss, doch man könnte zumindest dafür sorgen, dass der Wassermann nicht im Müll versinkt und eine Infotafel aufklärt, um was für ein Denkmal es sich hier handelt. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt. Foto von früherer Anlage ist ein Postkartenmotiv.

Dienstag, 23. Mai 2023

Metrische Einheit löst Meile ab

 Meilenstein ist letzter Zeuge des Kaiserreichs

Wer aus Richtung Steglitz von der Rheinstraße in Verlängerung die Hauptstraße befährt, wird kurz hinter dem Innsbrucker Platz in Schöneberg auf dem Mittelstreifen eine Säule entdecken, auf der Meilen als Längenmaß angegeben werden.

Das Rätsel löst sich auf, wenn man weiß, dass es sich um eine preußische Meile handelt. Anders als die geläufige US-Meile mit 1,6 Kilometern Länge, maß das preußische Pendant 7,532 Kilometer. Damalige Zeitgenossen wussten, dass sie für diese Strecke rund zwei Stunden zu Fuß benötigten, um dann vor dem Berliner Stadtschloss zu stehen. Das Schloss war Start- und Endpunkt für alle Meilensteine im damaligen preußischen Reich.

So wie vieles nicht für die Ewigkeit gemacht ist, gilt das auch für die Meilensteine als Maßeinheit. Als im Deutschen Kaiserreich 1875 das metrische System eingeführt wurde, verloren sämtliche Meilensteine ihre Bedeutung.

Der Meilenstein am Innsbrucker Platz zählt zu den drei Steinen, die es in Berlin noch gibt. Er stammt aus der Zeit von König Friedrich Wilhelm III., der seine Fahrten von Berlin nach Potsdam im Wagen zurücklegte. So stehen an der Vorderseite in lateinischen Ziffern und Lettern die Meilen von Berlin nach Potsdam. 

Wer mit seinem Smartphone die lialo-App öffnet und die Tour: 3. Etappe Bummel-Marathons. aufmacht, kommt automatisch am Meilenstein vorbei. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt


Donnerstag, 24. November 2022

Stahlskulptur mit imposanter Spannweite

"Arc de 124,5°" ist ein Geschenk Frankreichs

Angeblich versperren auf einem Grünstreifen „An der Urania“ in Berlin-Schöneberg hohe Bäume die Sicht auf das Kunstwerk des französischen Bildhauers Bernard Venet. Dabei ist die weit ausladende Stahlskulptur mit ihrer imposanten Spannweite von 40 Metern, einer Höhe von 17 Metern und einem Gewicht von 15 Tonnen, sowie ihrer geometrischen Form von 124,5° kaum zu übersehen.

Die Form hat der Skulptur auch ihren Namen gegeben: „Arc de 124,5°“ oder „Bogen von 124,5°“ und ist ein Geschenk Frankreichs zur 750-Jahr-Feier Berlins. Der damalige französische Premierminister Jacques Chirac kam eigens dazu am 2. Juli 1987 nach Berlin, um das Kunstwerk einzuweihen. Die Skulptur symbolisiert die freundschaftlichen Beziehungen Frankreichs zu dem damals noch geteilten Berlin. Der geschwungene Bogen nimmt Bezug auf die Luftbrücke während der Berlin-Blockade von Juni 1948 bis Mai 1949. Auf einer bronzenen Schrifttafel werden weitere Informationen über das Kunstwerk und den Anlass mitgeteilt.

Bernard Venet begann im Alter von 20 Jahren als freischaffender Künstler zu arbeiten. Von 1971 bis 1976 unterrichtete er Kunsttheorie an der Pariser Universität Sorbonne und beschäftigte sich intensiv mit mathematischen und physikalischen Fragen. Diese Themen flossen später in die Gestaltung seiner Stahlskulpturen ein, die sich mit den Phänomenen Raum, Zeit und Bewegung auseinandersetzen. Seine eindrucksvollen großformatigen Stahlbögen kann man weltweit in Museen sowie im öffentlichen Raum bewundern. In Deutschland gibt es von Venet neben der Skulptur in Berlin noch ein Kunstwerk in Bonn auf dem großen Kreisverkehrsplatz an der B9/Museumsmeile. Text und Foto: Klaus Tolkmitt

Mittwoch, 31. August 2022

Treffpunkt von Künstlern und Intellektuellen

Der Prager Platz kennt keine namenlosen Helden

Berlin Besuchern ist der Prager Platz vielleicht noch nicht so bekannt, dafür nutzen die Berliner*innen aus den umliegenden Wohnvierteln nach einem Bummel durch die Einkaufspassage umso mehr die zahlreichen Bänke für eine erholsame Verschnaufpause.

Der Prager Platz, der im Ortsteil Wilmersdorf an der Grenze zum Bayerischen Viertel im Ortsteil Schöneberg liegt, ist mit seiner Grünanlage, einschließlich einer Fontäne auf der Mittelinsel, ein Ruhepol in dem sonst eher hektischen Alltagsleben.

Der Platz wurde 1870 als Schmuckplatz angelegt und hieß bis 1888 Halberstädter Platz.

Der Name erinnert an den Prager Frieden am 23. August 1866, der den Deutschen Krieg zwischen Preußen und Österreich beendete. 1904 erhielt der Platz eine Grünanlage und 1907 Wohngebäude im Stil der späten Gründerzeit.

Mit Beginn des 20. Jahrhunderts war der Prager Platz ein kulturelles Zentrum des Berliner Westens. Hier und in den umliegenden Straßen lebten und trafen sich Künstler und Intellektuelle wie Albert Einstein und Egon Erwin Kisch. Erich Kästner hat dem Prager Platz mit seinem Kinderroman von “Emil und die Detektive” ein literarisches Denkmal gesetzt. Er wohnte von 1927 bis 1931 in der Prager Straße. Eine Gedenktafel am Haus Nummer 8 erinnert an diese Zeit.

Die „Prager Diele“ an der Ecke Trautenaustraße (gibt es leider nicht mehr) war in den 1920er Jahren ein Treffpunkt russischer Intellektueller, die als Emigranten oder „Revolutionstouristen“ nach Berlin gekommen waren.  Zu ihnen zählten die Schriftsteller Vladimir Nabokov, Boris Pasternak und Maxim Gorki. Der Zweite Weltkrieg beendete allerdings diese Glanzzeit des Prager Platzes, der weitestgehend zerstört wurde

1986 wurde der Platz entsprechend seiner historischen Struktur neu gestaltet. 1987 wurde er als Teil der Internationalen Bauausstellung “IBA” zum besonderen Stadtplanungsprojekt, das im Juni 2002 mit der Eröffnung der “Prager Passage” abgeschlossen wurde. Die neuen Gebäude zeigen den traditionellen Stil der Eckbebauung an den Straßeneinmündungen.

An der Einmündung der Trautenaustraße fällt eine Steinskulptur besonders ins Auge.

Die Skulptur des tschechischen Bildhauers Miroslav Vochta, gestiftet von der R.M.Rilke-Stiftung und der Stadt Prag, Partnerstadt von Berlin, wurde 2007 auf dem Prager Platz enthüllt. Der Granit für das Monument wurde in dem berühmten Steinbruch von Mrakotin auf der historischen Grenze zwischen Böhmen und Mähren geschlagen.

In den Stein sind Zitate des in Prag geborenen Dichters Rainer Maria Rilke eingraviert. Das Monument ist Teil des Projektes “Unsere Geschichte kennt keine namenlosen Helden”. Es soll für die friedliche und freundschaftliche Nachbarschaft von Deutschen und Tschechen stehen.

Wer noch mehr über die Gegend um den Prager Platz wissen möchte, der sollte eine Tour mit lialo.com und „Emil und den Detektiven“ machen. Spielerisch wird an den original Schauplätzen Erich Kästners Geschichte nacherzählt. Kleine Aufgaben und Rätsel machen aus dem Spaziergang eine „Schnitzeljagd“ für junge und ältere Teilnehmer. Mit einem Smartphone und dem Link: Emil und die Detektive kann man die kostenlose App sofort starten.

Eine weitere Tour führt zu beliebten Berliner Plätzen. Start ist am Viktoria-Luise-Platz. Der Link zur Tour: Beliebte Berliner Plätze Text und Fotos: Klaus Tolkmitt

Sonntag, 10. Juli 2022

Vom Industriestandort zur grünen Insel

Ehemalige Malzfabrik versprüht einen besonderen Charme

Berlin hat eine lange Brautradition, denn bereits 1826 wurde bei der Schultheiß-Brauerei in Moabit der süffige Gerstensaft gebraut. Um der Qualität des eigenen Biers treu zu bleiben und von anderen Firmen unabhängig zu werden, entstand 1914 in Schöneberg auf dem Industriegelände an der Bessemerstraße 2-14 eine eigene Mälzerei, die bis 1996 betrieben wurde.


Seit 2005 wird dem knapp 50.000 Quadratmeter umfassenden Denkmal mit einem neuartigen, nachhaltig maximal optimierten Nutzungskonzept neues Leben eingehaucht.

Die gründerzeitlichen Klinkerbauten, in denen einst Europas größte Malz-Produktionsstätte untergebracht waren, versprühen an allen Ecken ihren besonderen Charme und bieten Raum für neue Impulse, mit dem Fokus auf Kreativität, Kultur, Umweltbewusstsein und nachhaltigem Denken.


Die Malzfabrik lebt also weiter, wenn auch unter anderen Vorzeichen. Etappenweise wurden verschiedene Produktions-, Büro- und Veranstaltungsflächen entwickelt und ein grünes Umfeld geschaffen.

Das sieht man besonders vor den alten Mauern, wo sich mit viel Liebe zum Detail, ein Biotop entwickelt.

In dem kleinen Park ist nicht nur die „Stadtfarm“


integriert, verschlungene Wege zwischen Wasserläufen und kleinen Teichen laden neben einer großen Wiese zum Verweilen ein.

Hier finden nicht nur Mitarbeiter der Malzfabrik während ihrer Mittagspause ein ruhiges Plätzchen, auch Anwohner aus der Nachbarschaft wissen das Naturparadies inzwischen zu schätzen. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt

Sonntag, 19. Juli 2020

Die Wassertürme im Marienpark



























Im „Marienpark Berlin“ an der Lankwitzer Straße im Bezirk Tempelhof-Schöneberg wurde 1900/01 das Gaswerk Mariendorf errichtet. Zu damaliger Zeit war es das größte Gaswerk in Berlin. Es versorgte vor allem die südlichen Bezirke und Ortsteile Berlins mit Stadtgas.

Die Gebäude des Gaswerks hatten eine der norddeutschen Backsteingotik frei nachempfundene Gestaltung. Im Jahr 1996 wurde das Gaswerk stillgelegt und die Anlagen zurückgebaut. Erfreulicherweise sind einige historische Bauten nach einer Restaurierung erhalten geblieben.

Das Gelände ist inzwischen neu erschlossen und verschiedene Unternehmen haben sich hier niedergelassen.

Blickfang auf dem weitläufigen Areal sind die beiden unter Denkmalschutz stehenden Wassertürme des alten Gaswerkes. Der alte Turm mit einer Höhe von 29 Metern, der zwischen 1900 und 1907 erbaut wurde, passte sich der Backsteingotik an, der neue (modernere) Turm wurde 1968 errichtet und ist 48 Meter hoch.

 

Info zu den Berliner Wassertürmen: 

Die Wassertürme hatten einen Behälter zur Speicherung von Trinkwasser. Sie wurden besonders in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gebaut und in Betrieb genommen. Sie waren über das gesamte Stadtgebiet verteilt und stehen heute (wenn noch erhalten) fast alle unter Denkmalschutz. 

Die erhöhte Lage des Behälters sorgte für einen konstanten Druck im Wassernetz und versorgte die angeschlossenen Gebäude mit Hilfe des aus der Schwerkraft resultierenden hydrostatischen Drucks mit Trinkwasser. Der Hochbehälter diente dabei als Ausgleichsbehälter und musste ständig mit Hilfe von Pumpen nachgefüllt werden, damit der Pegel möglichst auf gleicher Höhe blieb.

Die Berliner Wassertürme zeigen ein vielfältiges Erscheinungsbild. Mal wurden sie aus gotischem Backstein errichtet, mal aus Beton oder auch aus Stahl. Leider haben alle Türme heute keine Bedeutung mehr in der Wasserversorgung und werden u.a. als Wohnraum, Galerie, Kultureinrichtung oder Museum unterschiedlich genutzt.  Text und Fotos: Klaus Tolkmitt

Mittwoch, 9. Oktober 2019

Wo einst Papa Heuss und Günter Grass wohnten

Hier wohnte Theodor Heuss
Vom S-Bahnhof Bundesplatz zur Literaturmeile
Unser Stadtspaziergang durch Friedenau im Bezirk Berlin-Schöneberg/Tempelhof beginnt am S-Bahnhof.  

Verlässt man an der Ostseite den Bahnhof steht man direkt auf dem Varziner Platz.Mit seinen rund 340.000 Einwohnern gehört Schöneberg/Tempelhof zu den größeren Bezirken in der Hauptstadt. 
Vorbei am kleinen Cosima-Kino gelangt man in das Wagner-Viertel. Nichts erinnert mehr an die Radrennbahn, auf der hier noch 1900 sportbegeisterte Radler ihre Bahnen zogen. An gut erhaltenen Fassaden und prachtvollen Mietshäusern kommt man über die Sarrazinstraße auf den Friedrich-Wilhelm-Platz. Hier beginnt die Niedstraße, die landläufig als Literaturmeile Berlins gilt.

Einige Gedenktafeln erinnern an Erich Kästner (Haus Nummer 5), Max Halbe (Haus Nurmmer 10), Uwe Johnson (Haus Nummer 14). Günter Grass, der von 1963 bis 1996 in Friedenau lebte, ist nicht mehr da – die Fischfrau und der Blumenhändler aus seinem Buch "Die Box" auch nicht. Aber sein Klinkerhaus in der Niedstraße 13, das Rathaus und der Wochenmarkt sind geblieben – mit neuen Fisch- und Blumenhändlern und den Friedenauern von heute, die ihren Kiez zwischen Schöneberg und Steglitz lieben.
Gedenktafel für den ersten Bundespräsidenten

Über die Hedwigstraße geht es weiter an der jamaikanischen Botschaft vorbei auf den Renée-Sintenis-Platz, der vom ehemaligen kaiserlichen Postamt beherrscht wird. An der Handjerystraße wechseln sich stuckverzierte Häuser mit modernen Bauten ab. Danach folgt man der Schmargendorfer Straße bis zum Schillerplatz und begibt sich rechts in die Stubenrauchstraße. 

Am Ende der Straße, nach Überquerung des Südwestkorsos, empfiehlt sich ein Rundgang über den städtischen Friedhof. Neben Kriegsgräbern finden sich hier Gräber berühmter Friedenauer, wie Marlene 
Dietrich und Helmut Newton. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt

Das ehemalige Wohnhaus von Günter Grass
 
Die Grabstätte von Marlene Dietrich