Der Prager Platz kennt keine namenlosen Helden
Berlin Besuchern ist der Prager Platz vielleicht noch nicht
so bekannt, dafür nutzen die Berliner*innen aus den umliegenden Wohnvierteln
nach einem Bummel durch die Einkaufspassage umso mehr die zahlreichen Bänke für
eine erholsame Verschnaufpause.
Der Prager Platz, der im Ortsteil Wilmersdorf an der Grenze
zum Bayerischen Viertel im Ortsteil Schöneberg liegt, ist mit seiner
Grünanlage, einschließlich einer Fontäne auf der Mittelinsel, ein Ruhepol in
dem sonst eher hektischen Alltagsleben.
Der Platz wurde 1870 als Schmuckplatz angelegt und hieß bis
1888 Halberstädter Platz.
Der Name erinnert an den Prager Frieden am 23. August 1866,
der den Deutschen Krieg zwischen Preußen und Österreich beendete. 1904 erhielt
der Platz eine Grünanlage und 1907 Wohngebäude im Stil der späten Gründerzeit.
Mit Beginn des 20. Jahrhunderts war der Prager Platz ein
kulturelles Zentrum des Berliner Westens. Hier und in den umliegenden Straßen
lebten und trafen sich Künstler und Intellektuelle wie Albert Einstein und Egon
Erwin Kisch. Erich Kästner hat dem Prager Platz mit seinem Kinderroman von
“Emil und die Detektive” ein literarisches Denkmal gesetzt. Er wohnte von 1927
bis 1931 in der Prager Straße. Eine Gedenktafel am Haus Nummer 8 erinnert an
diese Zeit.
Die „Prager Diele“ an der Ecke Trautenaustraße (gibt es
leider nicht mehr) war in den 1920er Jahren ein Treffpunkt russischer
Intellektueller, die als Emigranten oder „Revolutionstouristen“ nach Berlin
gekommen waren. Zu ihnen zählten die
Schriftsteller Vladimir Nabokov, Boris Pasternak und Maxim Gorki. Der Zweite
Weltkrieg beendete allerdings diese Glanzzeit des Prager Platzes, der
weitestgehend zerstört wurde
1986 wurde der Platz entsprechend seiner historischen
Struktur neu gestaltet. 1987 wurde er als Teil der Internationalen
Bauausstellung “IBA” zum besonderen Stadtplanungsprojekt, das im Juni 2002 mit
der Eröffnung der “Prager Passage” abgeschlossen wurde. Die neuen Gebäude zeigen
den traditionellen Stil der Eckbebauung an den Straßeneinmündungen.
An der Einmündung der Trautenaustraße fällt eine
Steinskulptur besonders ins Auge.
Die Skulptur des tschechischen Bildhauers Miroslav Vochta,
gestiftet von der R.M.Rilke-Stiftung und der Stadt Prag, Partnerstadt von
Berlin, wurde 2007 auf dem Prager Platz enthüllt. Der Granit für das Monument
wurde in dem berühmten Steinbruch von Mrakotin auf der historischen Grenze
zwischen Böhmen und Mähren geschlagen.
In den Stein sind Zitate des in Prag geborenen Dichters
Rainer Maria Rilke eingraviert. Das Monument ist Teil des Projektes “Unsere
Geschichte kennt keine namenlosen Helden”. Es soll für die friedliche und
freundschaftliche Nachbarschaft von Deutschen und Tschechen stehen.
Wer noch mehr über die Gegend um den Prager Platz wissen
möchte, der sollte eine Tour mit lialo.com und „Emil und den Detektiven“
machen. Spielerisch wird an den original Schauplätzen Erich Kästners Geschichte
nacherzählt. Kleine Aufgaben und Rätsel machen aus dem Spaziergang eine
„Schnitzeljagd“ für junge und ältere Teilnehmer. Mit einem Smartphone und dem
Link: Emil und die Detektive kann
man die kostenlose App sofort starten.
Eine weitere Tour führt zu beliebten Berliner Plätzen. Start
ist am Viktoria-Luise-Platz. Der Link zur Tour: Beliebte Berliner Plätze Text
und Fotos: Klaus Tolkmitt