Samstag, 9. Januar 2021

Bei einem Spaziergang Sport und Geschichte erleben (Teil 2)


Olympiapark Berlin

Der Berliner Olympiapark mit dem Olympiastadion im Zentrum, erinnert nicht nur an die olympischen Spiele von 1936, das gesamte Gelände ist Geschichtsort monumentaler Bauweise aus der Zeit des Nationalsozialismus.   

Im Teil 1 der Geschichte haben wir das Olympiastadion halb umrundet. Nun verlassen wir am Südeingang den Coubertinplatz an der Trakehner Allee und biegen rechts auf die Jesse-Owens-Allee ein.

Die gesamte Tour wird bei lialo beschrieben. Schau mal hier: Tour durch den Olympiapark

Der US-Amerikaner Jesse Owens war der herausragende Sportler der Spiele, der die Laufstrecken (100 und 200 Meter), sowie den Weitsprung perfekt beherrschte.

Das passte so gar nicht in die Welt der Nationalsozialisten um Adolf Hitler, in deren Propaganda nur die Erfolge der deutschen Athleten zählen sollten.

Jesse Owens hatte ein Jahr vor Olympia in den Laufdisziplinen und im Weitsprung (8,13 Meter) gleich mehrere Weltrekorde aufgestellt. Bei Olympia 1936 gewann er insgesamt vier Goldmedaillen, im Weitsprung mit einem Sprung über 8,06 Meter.

Das Weitsprung-Duell zwischen Jesse Owens und dem Deutschen Carl Ludwig „Luz“ Long gehörte zu den Höhepunkten der Olympischen Spiele 1936 im Olympiastadion.

Der von den Nazis beschworene Kampf der Rassen fand nicht statt, weil der blonde Deutsche mit dem schwarzen Amerikaner Freundschaft schloss und weil Long seinen Rivalen unter den Augen Adolf Hitlers sogar vor dem Scheitern bewahrte.

Vor dem letzten entscheidenden Sprung soll Long Jesse Owens noch Tipps gegeben haben, die schließlich zum Sieg führten.

Das ist zwar nicht sicher überliefert, es war aber nicht zu übersehen, dass sich beide Sportler während des Wettkampfes anfreundeten und sich nach dem Duell umarmten - eine Geste für die Ewigkeit.

Wir gehen die Jesse-Owens-Allee ca. 400 Meter weiter und können durch dichte Hecken und Bäume das ehemalige Reiterstadion der Olympiade erkennen.

Am Ende der Straße biegen wir rechts in die Passenheimer Straße ein. Dort befindet sich auch der Eingang zum Reiterstadion. Das Stadion ist leider nicht öffentlich zugänglich und auch nicht ständig in Betrieb.

400 Meter weiter wird rechts ein hoher Turm sichtbar. Es ist der Glockenturm des Olympiageländes. Der Eingangsbereich des Glockenturms ist frei zugänglich. In der „Langemarckhalle“ finden häufig Ausstellungen statt.  

Die Halle wurde anlässlich der Sommerspiele 1936 erbaut, zur Erinnerung an die Gefallenen der Schlacht bei Langemarck in Flandern, wo zu Beginn des Ersten Weltkriegs 1914 zehntausende schlecht ausgebildete junge deutsche Reservisten in den Tod geschickt wurden.

Noch während des Krieges fand eine Mystifizierung von Langemarck statt. Ab 1928 nahm sich die Deutsche Studentenschaft des Mythos in besonderer Weise an, der schließlich von den Nationalsozialisten bereitwillig aufgegriffen wurde.

Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die Langemarckhalle durch Sprengung des Turmes zerstört; von 1960 bis 1962 wurde sie, wie auch der Glockenturm, rekonstruiert und wieder aufgebaut.  Nicht mehr vorhanden ist der „Führerstand“ für Hitler vor der Halle, mit Ausrichtung auf das Maifeld.

Ein kostenpflichtiger Aufzug bringt uns hoch auf die Aussichtsplattform. Oben hat man eine unverbaute Weitsicht über Berlin, das Maifeld und das Olympiastadion.  Text und Fotos: Klaus Tolkmitt


Montag, 4. Januar 2021

Eine Winterwanderung im Grunewald

Mit dem historischen Bus an die Havelchaussee

Im Sommer ist die Grunewald-Region an der Havel für die Berliner ein beliebtes Ausflugsziel. Im Winter dagegen wird die Havel-Chaussee zwischen Heerstraße und Nikolassee nur wenig befahren und ein Spaziergang kann dort dann auch erholsam sein.

Wir wollen die Gegend ein wenig erkunden und nehmen den historischen Bus der Linie 218, der von der Arbeitsgemeinschaft Traditionsbus Berlin (ATB) unterhalten wird und im Auftrag der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) unterwegs ist. Seit April 2000 verkehren die Oldtimer aus den siebziger und achtziger Jahren täglich vom ZOB am Messedamm über Theodor-Heuss-Platz - Heerstraße - Am Postfenn - Havelchaussee - Kronprinzessinnenweg - Bahnhof Wannsee - Königstraße - Pfaueninselchaussee zur Pfaueninsel und zurück. Man sollte sich aber den Fahrplan genau ansehen, denn die alten Gefährte fahren in den Sommermonaten jede Stunde, in den Wintermonaten nur alle zwei Stunden.

Wir steigen am S-Bahnhof Wannsee zu und an der Havelchaussee (Haltestelle Am Postfenn) wieder aus, um hinter der British School Berlin den Waldweg einzuschlagen. Auf der internationalen Schule arbeiten Menschen mit verschiedener Herkunft, was den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit bietet, Themen aus mehreren unterschiedlichen Perspektiven zu erkunden.

Ein Stück geht es am Zaun entlang des Schulgeländes, um dann eine Anhöhe zu erklimmen. Oben angekommen halten wir uns rechts und stehen nach zirka einem Kilometer vor einem Friedhof, der hier unter hohen Kiefern ein wenig mystisch wirkt.

Die Grabsteine geben nur spärlich Auskunft darüber, wer hier begraben liegt. Es sind „Namenlose“, Menschen die freiwillig aus dem Leben geschieden sind. Der „Selbstmörderfriedhof“ oder „Schandacker“, wie er auch genannt wird, wurde vor über hundert Jahren angelegt, als der Freitod in Preußen noch ein Verbrechen war und ein Begräbnis auf einem kirchlichen Friedhof nicht gestattet wurde. Später wurden hier auch normale Bestattungen vorgenommen, doch bis heute hält sich die Erinnerung an die „Selbstmörder“.

Wir folgen dem Waldweg weiter bis zum Schildhornweg, der uns rechterhand zurück zur Havelchaussee bringt. An der Schildhornbaude nehmen wir links den Weg hinunter zum Parkplatz und wandern am Seehotel Grunewald vorbei zur Halbinsel Schildhorn. 

Die rund 110 Meter breite Landzunge im Landschaftsschutzgebiet ragt rund 400 Meter in die Havel hinein und bildet eine kleine Bucht, die Jürgenlanke. Schon vor über 100 Jahren war hier das Wirtshaus Schildhorn ein Lieblingsziel der Berliner am Wochenende. An der Spitze des Eilandes ragt auf einer kleinen Anhöhe eine Säule über den Baumspitzen. Das Schildhorndenkmal, nach Bleistiftskizzen von Friedrich Wilhelm IV. von Preußen, 1845 von Friedrich August Stüler entworfen. Das auch „Schildhornkreuz“ oder „Jaczo-Säule“ genannte Denkmal symbolisiert die Schildhornsage aus dem 19. Jahrhundert um den

Slawenfürsten Jaczo von Köpenick, der hier 1157 im Gründungsjahr der Mark Brandenburg vor Albrecht dem Bären durch die Havel geflohen sein soll. Aus Dankbarkeit für seine Rettung habe sich Jaczo zum Christentum bekannt und seinen Schild und sein Horn an einen Baum gehängt. Seither heiße die Landzunge Schildhorn.

Zurück in die Gegenwart, müssen wir uns sputen, zurück an die Havelchaussee zu kommen, denn an der Haltestelle Schildhorn wartet schon der historische Bus, der uns aus der Ruhe der Natur in einer gemütlichen Fahrt zum S-Bahnhof Messe/Nord zurück und damit in die Hektik der Großstadt bringt. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt