Das alte Berlin im Klosterviertel
Ein Spaziergang durch die „gute alte Zeit“
Bei einem Spaziergang durch die historische Mitte Berlins
lässt sich die „gute alte Zeit“ noch einmal anschaulich nachvollziehen. Der
Name des Viertels ist auf das ehemalige Franziskaner-Kloster zurückzuführen,
das sich in der Klosterstraße befand. Heute ist es nur noch eine Ruine und
heißt wie früher Graues Kloster, nach den Mönchen, die dort immer graue Kutten
trugen.
Weil dort beim Aufbau des Tores einige Fliesen mehr
angefertigt als benötigt wurden, nutzte Architekt Alfred Grenander die Chance
und verwertete die Schmuckstücke für seinen Bahnhof.
Heute fällt es schwer, sich zwischen Grunerstraße, Stralauer
Straße und Littenstraße das Leben mit klappernden Kutschen in engen dunklen
Gassen und hinter einer hohen Stadtmauer vorzustellen, doch Zeugen von alledem
sind erhalten geblieben.
Die Turmspitze mit dem berühmten Glockenspiel, das einst
König Friedrich-Wilhelm I. gestiftet hatte, wurde zerstört. Erst nach der Wende
wurde in den 90er Jahren damit begonnen, das Äußere der Kirche wieder
herzustellen. Inzwischen kann man auch dem Glockenspiel wieder dreimal täglich
um 9, 12 und 18 Uhr lauschen.
Hinter dem Kirchhof bietet sich ein Besuch zur
letzten Instanz an. Den Grundstein für das bis heute erhaltene Restaurant
direkt an der ehemaligen Stadtmauer legte 1621 ein ausgedienter Reitknecht des
damaligen Kurfürsten, als er eine Branntweinstube, das „Biedermeierstübchen“
eröffnete.
Die erste urkundliche Erwähnung des Gebäudes stammt aus dem
Jahr 1561 und somit gehört die „Letzte Instanz“ zu den ältesten Berliner
Restaurants.
Gestärkt nach deftiger Berliner Hausmannskost verläuft der
Spaziergang weiter die Parochialstraße hinunter bis zur Jüdenstraße, eine der
ältesten Straßen von Alt-Berlin. Sie ist Ende des 13. Jahrhunderts nach dem
hier gelegenen Großen Jüdenhof benannt. Jüdische Einwohner sind schon seit 1295
in Berlin nachweisbar.
Von der alten Bebauung der Jüdenstraße blieben nach dem 2.
Weltkrieg nur das Rote Rathaus sowie das Alte und das Neue Stadthaus erhalten.
Die Jüdenstraße gehört zum Molkenplatz, an dem der prächtige Bau des Alten
Stadthauses steht. Das Gebäude wurde 1911 feierlich eingeweiht.
Berlin brauchte zur damaligen Zeit mehr Platz, als im
Rathaus zur Verfügung stand. Der Verwaltungsbau ist ein monumentales Gebäude
mit fünf Innenhöfen, einem Festsaal und einem Turm. Das wohl wichtigste
Ereignis, das jemals im „Alten Stadthaus“ stattfand, war die Verhandlung zum
Einigungsvertrag 1990 unter Führung von Lothar de Maizière – dem letzten
Ministerpräsidenten der DDR. Heute beleben das denkmalgeschützte Haus die
Mitarbeiter der Senatsverwaltung des Inneren.
Über die Stralauer Straße kommt man zur Littenstraße, die
wie fast alle Straßen im Viertel, auch eine wechselnde Geschichte hat.
Namensgeber ist der jüdische Rechtsanwalt Hans Litten.
In der Nazizeit verteidigte er Arbeiter, die wegen ihrer
politischen Aktivitäten angeklagt waren. Litten versuchte in diesen Prozessen
aufzuzeigen, dass die NSDAP keine legitime Partei war. Nach Hitlers
Machtergreifung wurde Litten sofort in Schutzhaft genommen und war in
verschiedenen Konzentrationslagern inhaftiert. Im Februar 1938 nahm er sich im
KZ Dachau das Leben. Im Hans-Litten-Haus in der Littenstraße erinnert eine
Gedenktafel an den Rechtsanwalt.
Von außen noch eher unscheinbar, eröffnet sich innen ein
architektonisches Bauwerk von prachtvoller Schönheit. Trotz der Dimension wirkt
der „Justizpalast“, wie das Gerichtsgebäude auch gern genannt wird, nicht
wirklich pompös. Herzstück der fast kreisrunden Halle sind die
Zwillingswendeltreppen, die die Etagen verbinden und von jeder Etage den Blick
in den Eingangsbereich freigeben.
Gegenüber dem Gericht waren die Franziskaner-Mönche zuhause.
Zeugnis ist die Klosterruine, die auf eine Geschichte bis in das Jahr 1250
zurückblicken kann und zur Gründungsgeschichte Berlins gehört. Zuerst stand
hier eine Feldsteinkirche. Reste davon sind noch heute in der nördlichen Mauer
der Ruine zu finden.
1574 wurde hier das Berliner Gymnasium „zum Grauen Kloster“
eröffnet. Berühmte Schüler und Lehrer wie Karl Friedrich Schinkel, Friedrich
Ludwig Jahn und Otto von Bismarck besuchten auch die Klosterkirche. Im April
1945 wurde die Kirche durch Bombenabwürfe zerstört. Später wurden die Trümmer entfernt
und übrigen Gebäude vollständig abgerissen. Heute steht die Ruine inmitten
einer Grünanlage und wird gern für Ausstellungen, Aufführungen oder Konzerte
genutzt.
Wer mehr über die Geschichte des Viertels wissen und die
Stadtführung mit seinem Smartphone machen möchte, kann gern die lialo-App
nutzen. Mit diesem Link: Alt,
Älter - Klosterviertel kommt man direkt zur Tour und kann den Spaziergang starten.
Text und Fotos: Klaus Tolkmitt
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