Mittwoch, 1. Februar 2023

Im Tieranatomischen Theater wurden „Rossärzte“ ausgebildet

Das älteste Berliner Lehrgebäude ist heute ein architektonisches Kleinod

Mitten in Berlin, zwischen Invalidenstraße und Reinhardtstraße, und doch ein wenig versteckt im ehemals Gräflich-Preußischen Garten an der Luisenstraße, befindet sich das älteste erhaltene akademische Lehrgebäude Berlins. Das „Tieranatomische Theater“ (TAT), gebaut von Carl Gotthard Langhans, der auch das Brandenburger Tor entwarf, erinnert mit seinen ansteigenden Sitzreihen an ein antikes Amphitheater und gilt als ein Meisterwerk des deutschen Frühklassizismus.


König Friedrich Wilhelm II. hat das architektonische Kleinod im Stil einer italienischen Renaissancevilla 1789 auf dem heutigen Gelände des Campus Nord der Humboldt-Universität bauen lassen. Zur damaligen Zeit trugen Pferdeseuchen zum miserablen Zustand der Preußischen Kavallerie bei. Darum sollten im Tieranatomischen Theater dringend gute „Rossärzte“ ausgebildet werden.

Langhans verknüpfte antike Vorbilder der Rundtempel und Amphitheater zu einer Wissensarchitektur, in deren Zentrum der Hörsaal mit einer ins Erdgeschoss reichenden Hebebühne stand. Mit dieser Hebebühne konnten die Kadaver so großer Tiere wie Pferde in spektakulären Inszenierungen den Studenten vorgeführt werden.

Seit dem Jahr 2012 wird das Tieranatomische Theater (im Berliner Volksmund auch "Trichinentempel" genannt) nach einer siebenjährigen Restaurierung vom Hermann-von-Helmholtz-Zentrum für Kulturtechnik der Humboldt-Universität genutzt und betrieben. Blut wird in Zukunft nicht mehr fließen, denn die Universität möchte das Tieranatomische Theater zukünftig als Ausstellungsraum und Bühne für experimentelle Darstellungsformen und ein Labor für kuratorische Praktiken nutzen. So hat das Tieranatomische Theater bereits mit verschiedenen Berliner Museen und Institutionen, Künstlern und Filmemachern zusammengearbeitet und zahlreiche Performances, Lesungen und Vorträge umgesetzt. Eine ständige Ausstellung widmet sich der 200-jährigen Geschichte des Hauses. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen