Kaffeetrinken im „schönsten Sudhaus Europas“

Zeitgenössische Kunst in historischen Gebäuden.

Berlin-Neukölln I. Auf dem Gelände der ehemaligen Kindl-Brauerei in Berlin-Neukölln lässt sich eine Zeitreise zurück in die 1930-Jahre machen. Das ehemalige Brauereigelände sieht nach der Stilllegung der Brauerei im Jahr 2005 so aus, als würden hier Bauarbeiter gerade Urlaub machen. Einiges haben sie weggerissen, einiges muss noch weggeräumt werden, einiges muss noch saniert werden.

Hier im Rollbergviertel, zwischen der Karl-Marx-Straße und der Hermannstraße wurde zwischen 1926 und 1930 eine moderne Brauerei erbaut. Jedenfalls für damalige Verhältnisse. Bauherr war die Berliner Kindl-Brauerei AG.

Die Brauereigeschichte in Neukölln begann aber schon früher.

Im Jahr 1872 schloss sich eine Gruppe Gastwirte aus dem damalige Rixdorf zusammen, um auf dem Rollberg vor den Toren Berlins, eine moderne Braustätte zu errichten. Die Rixdorfer Gastwirte wollten nicht länger die brutale Preispolitik der damaligen Brauereien hinnehmen, welche die Bierpreise immer weiter in die Höhe trieben. Und sie verfolgten eine innovative Marktstrategie, indem sie sich von dem aus der Mode gekommene obergärige Bier verabschiedeten und ein untergäriges Bier herstellten.

Das klare, untergärige Bier erfreute sich in der wachsenden Hauptstadt immer größerer Beliebtheit, nachdem Ende des 19. Jahrhunderts die Menschen aus allen Teilen Deutschlands nach Berlin kamen.

38 Jahre später, im Jahr 1910 erfolgte die Umbenennung in die Berliner Kindl Brauerei.

In den 1930er Jahren expandierte die Brauerei stark und übernahm rund 20 weitere Brauereien in Berlin und Umgebung. Danach war Neuköllns Kindl-Brauerei lange eine Macht auf Deutschlands Biermarkt.


Jeder in Berlin kannte das Kindl Logo -ein Junge, der aus einem Bierkrug lugt-.

Es entstand „Das schönste Sudhaus Europas“: Der imposante Bau im Stil der Neuen Sachlichkeit ist noch heute auf dem Rollberg zu bewundern und steht unter Denkmalschutz, wie der Turm, das Kesselhaus und das Maschinenhaus.


Seit der Stilllegung des Standortes wird das Sudhaus für kulturelle Veranstaltungen genutzt. Unter dem alten Sudhaus befindet sich seit Oktober 2009 die Privatbrauerei Am Rollberg.

Die riesigen Sudpfannen mit einem Gesamtvolumen von 700 Hektolitern, also 70.000 Litern Bier, erzählen von einer langen Tradition. Bei diesen Dimensionen wirken im riesigen Saal die Besucher an den Tischen des kleinen Cafés winzig. Und beim Blick in die Sudpfannen wird man das Unbehagen nicht los, gleich zwischen Maische und Hopfen im heißen Sud zu versinken.


Das KINDL – Zentrum für Zeitgenössische Kunst bietet auf den Etagen des alten Maschinenhauses im Jahr rund fünf Gruppenausstellungen internationaler Künstler*innen im an.

Das Raumensemble, bestehend aus Maschinenhaus, Sudhaus, Turm und Kesselhaus, ist ein hybrider Kulturort, an dem Baugeschichte und Gegenwartskunst spannungsvoll zusammenkommen.


Mehr Informationen gibt es hier: Museumsportal Berlin.

Erfreulich für Kunstliebhaber. Jeden ersten Sonntag im Monat gewährt das Kindl-Zentrum freien Eintritt. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt

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