Montag, 30. März 2020

Die goldene Uhr ohne Ziffern


Ein zweiteiliges Kunstwerk an der Charitè

Auf dem ersten Blick sieht man eine Uhr ohne Ziffern. Blickt man genauer, dann fehlen auch die Zeiger. Es ist also gar keine Uhr, sondern eine goldene Sonne, die da an einer Wand gegenüber dem Bettenhaus der Charité in der Luisenstraße im Berliner Bezirk-Mitte hängt?
Es ist beides, vor allem ein Kunstwerk von Renate Wolff. Die Künstlerin, die Malerei und Bildhauerei an der Kunstakademie Düsseldorf studiert hat, lebt und arbeitet in Berlin und gewann mit ihrem Projekt „Die goldene Stunde“ 2017 den 1. Preis im Kunstwettbewerb für das Bettenhochhaus des Charité Universitätskrankenhauses.

Der Begriff „die goldene Stunde“ kommt aus der Medizin und ist der Fachbegriff für den Zeitraum, in der Patienten in der Notfallmedizin gerettet werden können.
Das Kunstwerk hat zwei Teile. Mit einem Durchmesser von achteinhalb Metern wurde an der Brandwand das goldene Ziffernblatt ohne Stunden- und Minutenstrichen installiert und im Innenhof des Hauses komplettiert ein Ziffernblatt in gleicher Größe nur in umgekehrter Weise das Projekt.
Das Kunstwerk steht allerdings in der Kritik. Die gold-glänzende Uhr soll 450.000 Euro gekostet haben, statt der ausgelobten Summe von 280.000 Euro. Für den Steuerzahlerbund ein Ärgernis, obwohl bei öffentlichen Bauten in Berlin ein Prozent der Gesamtkosten für Kunst am Bau ausgegeben werden muss. Damit soll die Verschönerung des öffentlichen Raums und die Förderung von Künstlern vorangetrieben werden. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt

Sonntag, 22. März 2020

Berlins unbekanntester Park

Oase der Ruhe zwischen Ziersträuchern und Blumenbeete

Man muss schon in der Oranienburger Straße 19/20 in Berlin-Mitte genau hinsehen, um den Eingang zu finden, der zum Krausnickpark führt. Er ist nach dem Kommunalpolitiker Heinrich Wilhelm Krausnick (1797–1882) benannt und der vermutlich unbekannteste Park in Berlin. Aus einer ehemals privaten Gartenanlage entstand 2007 ein öffentlicher Park, der jetzt von einem Anwohnerverein liebevoll gepflegt wird, um dieses idyllische Kleinod zu erhalten. Noch den Lärm von der belebten Oranienburger Straße im Ohr, spürt man nach wenigen Schritten im Park die himmlische Ruhe und entspannte Atmosphäre zwischen Ziersträuchern und Blumenbeeten.

Die Geschichte des Parks geht bis in das 18. Jahrhundert zurück. Zu dieser Zeit wurde hier Obst und Gemüse angebaut. In den Jahren ab 1840 erfolgte in der Oranienburger Straße die erste feste Bebauung. Der königliche Bauinspektor errichtete darüber hinaus ein Sommerhaus, das 1878 durch ein Ballhaus mit zwei großen Sälen ersetzt wurde. Das gehobene Bürgertum erfreute sich an einer Kegelbahn, einem Musikpavillon und an einem Springbrunnen.

Im Zweiten Weltkrieg wurde ein Großteil der Anlage zerstört. 1959 wurde einer der Ballsäle zum Hörsaal umgebaut und von der Psychologischen Fakultät der Humboldt-Universität genutzt. Der Garten wurde aufgeteilt, einige Parzellen als Gärten, Spielplatz und für eine Kindertagesstätte genutzt.

1997 begannen erste Überlegungen, den Park wieder als öffentliche Grünanlage zu erschließen. Zehn Jahre später standen die erforderlichen Mittel bereit, um mit Hilfe des Bezirksamtes Mitte eine öffentliche Parkanlage zu errichten. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt 

Montag, 9. März 2020

Der "Schwerbelastungskörper" in Tempelhof













Hitler wollte in Tempelhof einen gewaltigen Triumphbogen bauen 

Im Zusammenhang mit der geplanten Umgestaltung Berlins zur Reichshauptstadt „Germania“ untersuchten 1937–1943 Ingenieure die Tragfähigkeit des Berliner Baugrundes. Unter der Leitung des Generalbauinspektors Albert Speer, dem Architekten Adolf Hitlers, ging ein gigantisches Projekt in Planung, das Berlin völlig neu gestalten sollte. Nach Hitlers Vorstellung hätten zwei Magistralen die neue „Welthauptstadt“ wie ein Kreuz durchschnitten.

Die größte Aufmerksamkeit galt der Nord-Süd-Achse mit ihrer 7 km langen und 120 m breiten Prachtstraße. An deren Ende war ein gewaltiger Triumphbogen geplant, der alle baulichen Dimensionen Berlins gesprengt hätte. Der Zweite Weltkrieg setzte der menschenverachtenden Stadtplanung der Nationalsozialisten ein Ende.

Der „Schwerbelastungskörper“ an der General-Pape-Straße 34A im Bezirk Schöneberg-Tempelhof zeugt bis heute von den wahnsinnigsten Bauvorhaben, die es je für Berlin gegeben hat.

Der runde Klotz ist ein zylindrischer Druckkörper aus massivem Beton und Stahlbeton und hat einen Durchmesser von 21 Metern. Er reicht 14 Meter in die Höhe und 18 Meter in die Tiefe. Der Bau stellt wohl ein weltweit einmaliges Projekt dar und erreicht mit seinen 12.650 Tonnen Gewicht einen Bodendruck von 1,26 Meganewton je Quadratmeter. Mit dem Bau wollte man die Tragfähigkeit des Baugrunds für den Triumphbogen prüfen. Eine Auswertung der am Schwerbelastungskörper geführten Messungen erfolgte aber erst nach Ende des 2. Weltkrieges Anfang 1948. Die Messungen hatten eine Setzung von 19,3 Zentimetern innerhalb von zweieinhalb Jahren ergeben.

Seit 1995 steht das einmalige und ursprünglich nur auf eine Bestandsdauer von 20 Wochen angelegte Ingenieurbauwerk unter Denkmalschutz. Im September 2009 wurde nach der Sanierung des Betonbauwerks das Grundstück hergerichtet und als „Informationsort Schwerbelastungskörper“ eröffnet. Damit ist nun die Gelegenheit gegeben, hier die menschen- und stadtverachtende Dimension des nationalsozialistischen Städtebaus zu begreifen und zu diskutieren. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt
Besucherinformation: Geöffnet vom 1. April bis 31. Oktober, General-Pape-Straße 100, Tor 1, 12101 Berlin, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Samstag und Sonntag von 14 bis 18 Uhr. Schwerbelastungskörper

Donnerstag, 5. März 2020

Ein Ort zum Feiern und Wohlfühlen


Hochzeit und Kleinkunst im „Haus der Ideen“

Während auf dem Nahmitzer Damm der Großstadtverkehr pulsiert, scheint nur einen Steinwurf entfernt in der Dorfaue in Alt-Marienfelde die Uhr stehengeblieben zu sein. Direkt am Dorfteich befindet sich das „Haus der Ideen“ von Reinhard Berger, der sein kleines Refugium zu einer verträumten Wohlfühloase ausgebaut hat.
Man muss allerdings erst das gusseiserne Tor aufstoßen und die schwere Schiebetür öffnen, um zwischen mannshohen Stauden in einem Wintergarten zu stehen, der ahnen lässt, dass da noch mehr zu sehen sein wird. Das zweigeschossige Landhaus, 1883 vom Hufschmied Otto Bössler erbaut, befindet sich im Familienbesitz. Bis in die 40er Jahre des letzten Jahrhunderts beherbergte das Grundstück im rückwärtigen Teil eine Hufschmiede mit Stallungen.
Heute bietet sich der über viele Jahrzehnte urig gewachsene Garten mit seinen lauschigen Sitzecken, mit einer Natursteinbank in einem verglasten Rundpavillon besonders für einen gemütlichen Plausch, einen Gruppentreff oder eine Grillparty an. Reinhard Berger hat aus seinem Haus inzwischen eine gefragte Location für Hochzeitsfeiern, Geburtstage oder Veranstaltungen gemacht. „Die gesamte untere Etage und der Garten kann gemietet werden“, so Berger, der spontan sein Café mit leckeren Kuchen öffnet, wenn keine Veranstaltungen anstehen. Zu den Stammgästen im Haus der Ideen zählt der Kabarettist Gerald Wolf, der neben seinem satirischen Jahresrückblick stimmungsvolle Lieder mit seiner Gitarre vorträgt oder bekannte Persönlichkeiten parodiert. In der „guten Stube“, die in familiärer Atmosphäre 50 Gästen Platz bietet, stehen zudem Themenabende, Lesungen oder Kleinkunstveranstaltungen auf dem Programm. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt.
Weitere Informationen unter:
Ein Haus zum Feiern und Wohlfühlen
Kabarett Gerald Wolf


 
 
 
Fotos von oben nach unten: Reinhard Berger, Kabarettist Gerald Wolf und das "Haus der Ideen" am Dorrfteich in Alt-Marienfelde.

Hinweis: (Der Bericht ist keine beauftragte Werbung)  
 

Dienstag, 3. März 2020

Von der Feuerbestattung zum Kulturquartier

Historische Führungen im ehemaligen Krematorium
































Wir schreiben das Jahr 1900. Die Zahl der Einwohner in Berlin wird von Jahr zu Jahr höher. Damit einhergehend steigt auch die Zahl der Toten. So machte man sich Gedanken, wie die nun auch steigende Zahl der Bestattungen geregelt werden könnte.

Eine Art der Beisetzung war die Feuerbestattung und Aufbewahrung der Asche in speziell gestalteten Gefäßen, den Urnen. Ein speziell gegründeter Verein für Feuerbestattung ließ in den Jahren 1909/10 eine Urnen-Feierhalle und eine Verbrennungsanlage errichten. 1912 erfolgte im neuen Krematorium Wedding in der Gerichtstraße die erste Einäscherung eines Verstorbenen. Das Krematorium erhielt seinen Standort auf dem ersten kommunalen, 1828 angelegten Friedhof Berlins, der eine Fläche von 31.000 Quadratmetern aufwies. Dieser war als Bestattungsstätte 1879 aufgegeben worden und sollte ursprünglich in einen Park umgestaltet werden. Im Jahr 1936 erfolgte ein zeitgemäßer Erweiterungsbau. Diese zweite Feierhalle ersetzte einen provisorischen Anbau aus dem Jahr 1920. 


Im Jahr 1995 wurde das Krematorium in die Berliner Denkmalliste aufgenommen, 2001 wurde die Anlage stillgelegt. Heute beherbergt das denkmalgeschützte Gebäude seit 2015 das interdisziplinäre Kulturquartier silent green. In privater Trägerschaft versteht sich das 2013 gegründete Kulturquartier als geschützter Raum, in dem gedacht, geforscht und experimentiert werden kann. Über die Geschichte des Krematoriums und seinen denkmalgerechten Umbau zum silent green Kulturquartier finden regelmäßige Führungen ab fünf Teilnehmern statt. Eine Führung dauert ca. 90 Minuten und die Tickets, die am selben Tag vor Ort im MARS | Küche & Bar erworben werden können, kosten 12 Euro, ermäßigt 8 Euro. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt 

Montag, 24. Februar 2020

Die Promis aus Westend


Ein Ortsteil ohne Zentrum

Der Steubenplatz
Während Napoleon nach seiner Schlacht bei Jena und Auerstedt 1806 ins Schloss Charlottenburg einzog, lagerten seine Truppen am damals noch spärlich bebauten Westend (entlang der heutigen Königin-Elisabeth-Straße). Danach dauerte es noch einige Zeit, bis aus der sandigen Hochebene vor den Toren Berlins ein eigenständiger Ortsteil im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf wurde.

Ursprünglich war Westend als reine Villenkolonie geplant. Heute leben neben einigen prominenten Persönlichkeiten etwas mehr als 40 000 Einwohner im Ortsteil.

Der blaue Obelisk am Theodor-Heuss-Platz
Das Zentrum ist eigentlich kein Zentrum, Westend hat aber einige markante Plätze und Sehenswürdigkeiten, die zu besuchen sich allemal lohnen. Als erstes sticht natürlich das Olympiastadion heraus, daneben der Funkturm am Messegelände und das Internationale Congress Centrum (ICC). Das „Raumschiff“, wie die Berliner das Alumonster nennen, steht allerdings schon einige Jahre leer und ungenutzt am Messedamm. Ganz in der Nähe war einst die Nordkurve der AVUS (Automobil-Verkehrs- und Übungsstraße). Die 8 Kilometer lange Strecke diente zwischen 1921 und 1940 als Renn- und Teststrecke, danach bis 1998 als Rennstrecke an wenigen Wochenenden. Mit der über 20.000 Zuschauer
Olympiastadion
fassenden Waldbühne am Olympiapark hat Berlin eine Open-Air-Arena, die noch heute für Konzerte und kulturelle Veranstaltungen genutzt wird. Denn der Bau der Waldbühne wurde im Rahmen der Olympiade 1936 vorangetrieben und orientierte sich an dem antiken griechischen Theater in Epidauros. Städtebaulich markant ist das von Le Corbusier entwickelte Hochhaus zwischen Olympiastadion und Heerstraße. Es wurde für die Internationale Bauausstellung 1957 entworfen und steht seit 1996 unter Denkmalschutz.
ICC und Funkturm
sondern die lange Reichsstraße zwischen dem Theodor-Heuss-Platz und dem Steubenplatz, benannt nach General Friedrich Wilhelm Graf von Steuben (1730-1794). Auf der Mittelinsel des Platzes steht seit 1961 die Freiplastik „Der Sieger“, 1902 von Bildhauer Louis Tuaillon geschaffen.

Beliebt sind aber auch die Grünbereiche in Westend.  Neben dem Olympiapark mit der Murellenschlucht und dem Park Ruhwald mit den Kleingartenkolonien, sind es der Brixplatz mit dem Park an der Reichsstraße, der Fürstenplatz, der Georg-Kolbe-Hain mit dem  
Der Brixplatz
Georg-Kolbe-Museum und den Skulpturen, sowie der Waldfriedhof Heerstraße, auf dem zahlreiche prominente Persönlichkeiten begraben sind.

Im Jahr 1908 erhielt Westend mit der Eröffnung des von Alfred Grenander entworfenen U-Bahnhofs am heutigen Theodor-Heuss-Platz Anschluss an das Berliner U-Bahn-Netz. Drei S-Bahnanschlüsse (Heerstraße, Olympiastadion und Pichelsberg) und einige Buslinien komplettieren das öffentliche Verkehrsangebot.

Die Liste der Prominenten, die einst (oder noch heute) in Westend lebten oder leben ist lang.
U-Bahn-Station Olympiastadion
Mehr als 300 Adressen berühmter Persönlichkeiten sind bekannt. Sie reichen von Joachim Ringelnatz, Robert Koch, Lilian Harvey, Heinz Rühmann, Lilli Palmer, Max Schmeling, Theo Lingen, bis Emil Nolde, Lil Dagover, Marlene Dietrich, Curt Goetz, Willy Fritsch und dem Berliner Kabarettisten Wolfgang Gruner. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt