Die Gründungsväter der Germanistik lebten in Berlin
Jacob und Wilhelm Grimm sammelten nicht nur Märchen
Wer kennt sie nicht, die Märchensammlungen der Brüder
Grimm. Mit ihren gesammelten Werken volkstümlicher Kinder- und Hausmärchen sind
sie in die deutsche Geschichte eingegangen.
Die von Jacob und Wilhelm Grimm auf Veranlassung von Achim
von Arnim und Clemens Brentano gesammelten Märchen entstanden nicht aus ihrer
eigenen Fantasie, sondern wurden nach alten, vorwiegend mündlich überlieferten
Geschichten von ihnen gesammelt und zusammengetragen und mehr oder minder stark
überarbeitet. Eine ihrer wichtigsten Quellen waren die Märchen, die die aus hugenottischer
Familie stammende Dorothea Viehmann den Brüdern erzählte. Sie waren
ursprünglich nicht nur für Kinder gedacht, sondern entstanden vor allem aus
volkskundlichem Interesse und erhielten entsprechende märchenkundliche
Kommentare. Wilhelm Grimms sprachliche Überarbeitungen schufen daraus einen
Buchmärchenstil, der bis heute das Bild von Märchen prägt.
Die Brüder waren Sprachwissenschaftler und Volkskundler. Sie gelten gemeinsam mit Karl Lachmann und Georg Friedrich Benecke als „Gründungsväter“ der Germanistik. Im Alter von 30 Jahren hatten sich Jacob und Wilhelm Grimm durch ihre zahlreichen Publikationen bereits eine herausragende Stellung erarbeitet, die im Jahr 1819 von der Universität in Marburg mit einer Ehrendoktorwürde honoriert wurden. 1838 begannen Jacob und Wilhelm Grimm ihre gemeinsame Arbeit am Deutschen Wörterbuch.
1840 holte sie der neue preußische König Friedrich Wilhelm
IV unmittelbar nach seiner Amtsübernahme nach Berlin. Rund 20 Jahre lang lebten
sie in Berlin, nunmehr unbelastet von finanziellen Ungewissheiten. In
Akademieabhandlungen, die sie in dieser Zeitspanne verfassten, ist viel
Lesenswertes über ihre Forschungen, ihre Interessen und ihre liberalen
politischen Ansichten zu finden. Auch die Geschichte der deutschen Sprache entstand
in dieser Zeit – ein erster Versuch, Sprachgeschichte mit Sozialgeschichte zu
verknüpfen.
Auch im Tod sind sie beisammen. Sie liegen auf dem Alten
St.-Matthäus-Kirchhof in Berlin-Schöneberg. Die Grabstätte gehört zu den
Ehrengräbern des Landes Berlin. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt
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