Claire Waldoffs zuhause waren Varietés und Revuen

Die Chanson- und Liedsängerin mit der kratzbürstigen Stimme

Mitte der 1920er Jahre wird Berlin zur größten Industriestadt Europas. Kunst und Kultur erlebten einen bisher unbekannten Aufschwung. Große Künstler der damaligen Zeit traten entweder im Romanischen Café am Kurfürstendamm auf oder in den zwei größten Varietés Berlins, der Scala und dem Wintergarten. Josephine Baker brachte den Charleston nach Deutschland und die „Dreigroschenoper“ erlebte im Theater am Schiffbauerdamm ihre Uraufführung.

Mittendrin Claire Waldoff, als Clara Wortmann in Gelsenkirchen geboren, stand sie zu dieser Zeit mit der noch unbekannten Marlene Dietrich auf der Bühne.

Besonders erfolgreich wurde sie mit Darbietungen von Chansons, gesungen im Berliner Dialekt, den sie auf Kneipentouren gelernt hatte. Ihr Markenzeichen waren Krawatte, Hemdbluse und bronzeroter Bubikopf und sie rauchte und fluchte auf der Bühne. Ihre wohl berühmtesten Lieder sind: „Wer schmeißt denn da mit Lehm“ und „Hermann heeßta“. Sie trat in Revuen und Operetten auf, sang Soldatenlieder wie auch Volksweisen. Claire Waldoff sang besonders gern Lieder, die Walter und Willi Kollo getextet hatten.

Während ihrer Berliner Zeit lebte sie von 1919 bis 1933 in der Regensburger Straße 33, in der Nähe des Viktoria-Luises-Platzes in Schöneberg.

1903 hatte Claire Waldoff ihre ersten schauspielerischen Engagements im niedersächsischen Bad Pyrmont. 1906 bekam sie ihre ersten kleineren Auftritte in Berlin. 1915 debütierte sie beim Stummfilm, machte aber über drei Jahrzehnte mit der berühmten kratzbürstigen Stimme Karriere als kabarettistische Chanson- und Liedsängerin.

1917 lernte Claire Waldoff Olga von Roeder (1886–1963) kennen, die aus einer US-amerikanischen Schauspielerfamilie stammte. Die beiden standen im Mittelpunkt des lesbischen Nachtlebens im Berlin der 1920er Jahre.

Von 1939 bis zu ihrem Tod lebte sie mit ihrer Lebensgefährtin Olga von Roeder zurückgezogen in Bayerisch Gmain. Die Währungsreform 1948 hatte all ihre Ersparnisse aufgebraucht und sie verarmte, obwohl Im Juli 1951 der Senat von Berlin ihr einen Ehrensold von monatlich 150 D-Mark zukommen ließ. Am 22. Januar 1957 verstarb sie nach einem Schlaganfall.

Claire Waldoff wurde nur 72 Jahre alt. Ihre Urne wurde im Roederschen Familiengrab auf dem Pragfriedhof Stuttgart beigesetzt, wie nach Olgas Tod 1963 auch deren Urne.

Als das Familiengrab zwanzig Jahre später aufgelöst wurde, hat man beide Grabgefäße auf Veranlassung der Stadt Stuttgart in eine gemeinsame Nische in der rechten hinteren Außenmauer des Kolumbariums umgesetzt. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt

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