Berlin war von Seuchen und Epidemien geplagt
Mit den Desinfektionsanstalten kam die Hygiene in die Stadt
Ein alter Schriftzug am Haus 39 in der Ohlauer Straße in Berlin-Kreuzberg erinnert an eine Zeit zum Ende des 19. Jahrhunderts, als es mit der Hygiene in der Stadt noch nicht zum Besten bestellt war. Die Menschen erkrankten an Typhus, Cholera, Pocken oder Diphtherie. Der Wiener Arzt Ignaz Semmelweis wies erstmals 1840 auf die Bedeutung der Hygiene hin und auch in Deutschland wurde das Bewusstsein für Sauberkeit von Max von Pettenkofer vertieft. So entstanden zu Ende des 19. Jahrhunderts die ersten Desinfektionsanstalten.
Die Anstalt in der Ohlauer Straße ist Deutschlands älteste Desinfektionsanstalt. Man begann erst mit der Desinfektion von Kleidern, Matratzen und Bettwäsche von Kranken, dann

Mit dem Krieg kamen die Pocken, die Ruhr, die Krätze und eine schwere Grippewelle, die 1918 dazu führte, dass über 300 Berliner Schulen schließen mussten. Nach dem Krieg wuchs die Armut und somit auch wieder die Gefahr von

Den 2. Weltkrieg überstand das Haus unbeschadet und stand noch einmal im Mittelpunkt, als sich im Sommer 1945 Ruhr und Typhus in den zerstörten Stadtteilen ausbreitete. Kriegsheimkehrer und Vertriebene importierten über dreißig registrierte ansteckende Krankheiten. Ende der vierziger Jahre kehrte langsam Ruhe ein. Lediglich 1961, als die DDR eine Desinfizierung der Geschenksendungen in die Demokratische Republik verlangte, hatten die Männer in Kreuzberg einige Hände voll zu tun. 1987, hundert Jahre nach der Einweihung der ersten Berliner Desinfektionsanstalt, wurde die Anlage in der Reichenberger Straße/Ohlauer Straße aufgegeben. Heute lernen und spielen hier Kinder. Von der ursprünglichen Bebauung blieben wesentliche Teile erhalten. Geformte Ornamentfriese und zinnenartige Dachabschlüsse beleben das Fassadenbild. Auch der Schornstein der Dampfanlage blieb erhalten und mahnt wie ein überdimensionaler Zeigefinger Sauberkeit und Ordnung an. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt
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