Dienstag, 2. Mai 2023

Schloss Britz - Die Perle des Bezirks

Ehemaliges Herrenhaus ist jetzt ein Ort kultureller Veranstaltungen

Das Schloss Britz ist das ehemalige Herrenhaus auf dem historischen Rittergut des ehemaligen Dorfes Britz im gleichnamigen Ortsteil von Berlin im Bezirk Neukölln. Es ist heute Sitz der Kulturstiftung Schloss Britz und beherbergt in den originalgetreu rekonstruierten Räumlichkeiten des 19. Jahrhunderts ein Museum für die Wohnkultur der Gründerzeit und bietet Platz für wechselnde Sonderausstellungen, Lesungen und Konzerte.

Der rund 300 Jahre alte Gutspark zeichnet sich durch seinen alten Baumbestand und ein verschlungenes Wegenetz von 1890 aus. Das Schloss ist ein geschütztes Kulturgut und wird zu Recht die „Perle des Bezirks“ genannt.

Es erhielt seine heutige Gestalt um 1880, als der damalige Besitzer die Fassade im Neorenaissance-Stil erneuern ließ und einen Turm hinzufügte. Seine Blütezeit erlebte Schloss Britz unter Ewald Friedrich Graf von Hertzberg (1725-1795), der das Anwesen zur Hochblüte führte und es als Mustergut ökonomischer Landwirtschaft etablierte.

Im 18. Jahrhundert war Schloss Britz unter anderem noch im Besitz von Heinrich Rüdiger von Ilgen sowie Graf Ewald Friedrich von Hertzberg. Ilgen besaß Schloss Britz von 1719–1728 und diente als Staatsminister des Auswärtigen noch unter dem preußischen König Friedrich Wilhelm I. Hertzberg war 1763–1791 als Etat-, Kriegs- sowie Kabinettsminister einer der führenden außenpolitischen Köpfe in Preußen unter Friedrich II. Hertzberg ließ 1770 bis 1772 die Innenräume des Herrenhauses durch den Maler Bernhard Rode mit Wand- und Deckengemälden völlig neu ausgestalten.

Im 19. Jahrhundert gelangte das Anwesen in den Besitz bürgerlicher Fabrikanten. Der Seidenhändler und Spritfabrikant Johann Carl Jouanne bewohnte von 1824 bis 1857 mit seiner Familie das Gutshaus ganzjährig und ließ es diesen Ansprüchen gemäß umbauen, so dass viel von dem Dekor des 18. Jahrhunderts verloren ging. Unter dem letzten Privatbesitzer, dem Rübenzuckerproduzenten, Händler und Spirituosenfabrikanten Wilhelm A. J. Wrede, erhielt das Haus seine heutige schlossartige Gestalt. Es wurde 1880–1883 durch den Berliner Architekten Carl Busse zu einem großbürgerlichen Landhaus im Stil der Neorenaissance umgebaut.

1924 verkauften die Erben das Anwesen an die Stadt Berlin. Nach dem Zweiten Weltkrieg diente Schloss Britz als Flüchtlings- und später als Kinderheim. 1971 wurde das Schloss unter Kulturgut- und Denkmalschutz gestellt. Nach einer umfassenden Restaurierung 1985–1988, die den Zustand des letzten Umbaus von 1883 wiederherstellte, wurde es erstmals öffentlich zugänglich gemacht und ist seitdem Ort zahlreicher Kulturveranstaltungen. Quelle: Kulturstiftung Schloss Britz. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt

Dienstag, 11. April 2023

Mahnmal erinnert an ehemalige Synagoge

Zeugnisse jüdischer Kultur in der Friedrichstadt

Ein bisschen versteckt im Innenhof der Barmer Ersatzkasse in der Axel-Springer-Straße im Berliner Ortsteil Kreuzberg steht ein Mahnmal, das als solches nicht gleich zu erkennen ist. Betonklötze, die an Ruhebänke erinnern, sind in Reih und Glied aufgestellt und sind ein Werk der drei israelischen Künstler Micha Ullman, Zvi Hecker und Eyal Weizman.

Das Kunstwerk „Blatt“ aus dem Jahr 1997 erinnert durch die Anordnung der Bänke an den Grundriss der ehemaligen Synagoge aus dem Jahr 1891. Die Betonbänke stellen eine einzelne Seite, ein Blatt aus einem jüdischen Gebetbuch – dem Talmud – dar. Daher kommt auch der Name für das Mahnmal.


In der Berliner Friedrichstadt, wo heute das Geschäftshaus mit der Ersatzkasse steht, gibt es noch viele Zeugnisse jüdischer Kultur.  Dies ist dem preußischen König Friedrich Wilhelm II. zu verdanken, der die südliche Friedrichstadt zu einem bevorzugten Wohngebiet des liberalen Judentums machte.

Mit 1800 Plätzen gehörte die Synagoge damals zu den größten sakralen Gebäuden in Berlin. Während der Novemberpogrome 1938 wurde sie in Brand gesteckt und stark beschädigt. Weitere Beschädigungen im zweiten Weltkrieg führten dazu, dass die Synagoge im Jahr 1956 abgerissen wurde.

Da das Mahnmal auf dem Privatgrundstück der Krankenkasse liegt, ist es nur werktags zu besichtigen. Allerdings befinden sich in der Zufahrt Gedenktafeln, die immer zugänglich sind.

Wer mit der Web-App von lialo.com auf seinem Smartphone die Tour: Berliner Mauertour aufruft, erfährt auf einem Spaziergang entlang der ehemaligen Mauer nicht nur interessante Details zur Demarkationslinie zwischen Ost- und Westberlin, der kommt auch am Mahnmal zur Synagoge vorbei. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt 

Mittwoch, 5. April 2023

Wachturm erinnert an die unmenschliche Grenze

Gedenken an den ersten Mauertoten

Wer zwischen Humboldthafen und Nordhafen ab Invalidenstraße am Spandauer Schifffahrtskanal ein Stück den Mauerweg entlangspaziert, kommt zum historischen Invalidenfriedhof.

Die Anlage gehört zu den ältesten Friedhöfen in Berlin und wird als Zeugnis der preußischen und deutschen Militärgeschichte wie als Erinnerungsstätte an die deutschen Befreiungskriege der Jahre 1813 bis 1815 angesehen.

Zerstörungen gegen Ende des Zweiten Weltkriegs und in der DDR-Zeit, als durch den Friedhof ein Teil der Berliner Mauer lief, haben dazu geführt, dass auf dem großen Gelände nur etwa 230 Gräber erhalten geblieben sind. Ein Förderverein des Friedhofs bemüht sich seit 1992 um Bewahrung und Restaurierung der Anlage und Grabstätten.

Am Ende des Friedhofes erinnert eine Gedenkwand an die DDR-Flüchtlinge, die hier ihr Leben verloren, nur weil sie ihr Land verlassen wollten. Wie unmenschlich die Grenze war, zeigt ein paar Meter weiter an der Kieler Straße der wuchtige Wachturm der DDR-Grenzsoldaten.

Der Turm soll an alle Mauertoten erinnern und speziell an Günter Litfin, der bei einem Fluchtversuch 1961 erschossen wurde. Er gilt als erstes Opfer der Berliner Mauer und erlangte so traurige Berühmtheit. Von Mai bis September ist der Turm am Wochenende zwischen 11 und 17 Uhr geöffnet. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt

Montag, 27. März 2023

Ein Ruheplatz für Beamte

Moabiter Gefängnis hatte einen eigenen Friedhof

Moabit I Als man in der Lehrter Straße, unweit des Hauptbahnhofes im Ortsteil Moabit im Bezirk Mitte, 1842 den Friedhof für ein Gefängnis anlegte, konnten sich auch die Vollzugsbeamten schon einen „Ruheplatz“ für später aussuchen. Der „Beamtenfriedhof“ diente als Begräbnisstätte für die Vollzugsbeamten des angrenzenden Gefängnisses Lehrter Straße. Gegenüber lag der Gefangenenfriedhof auf dem sogenannten Anstaltsgartenland.

Die Reste des Friedhofes liegen heute zwischen einer Kleingartenkolonie. Am Gefängnis entstanden damals neben dem zentralen Überwachungsturm, außerhalb der Mauern eine Kirche und Wohnungen für die Beamten und deren Familienangehörige (mit Blick auf den Friedhof).

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Nach dem Abriss des Moabiter Zellengefängnisses war der Anstaltsfriedhof 1958 formell entwidmet worden. Während der Friedhofsteil für die Gefangenen den Kleingärten zugeordnet wurde, wurde der Beamtenfriedhof bewahrt und ist inzwischen in die Berliner Gartendenkmalliste aufgenommen worden. Er wird von einem schlichten, schmiedeeisernen Gitter eingefriedet. Die Grabsteine sind zum Teil verfallen oder von Efeu überwuchert und stehen im Schatten alter Linden- und Ahornbäume, die dem gesamten Areal eine mystische Atmosphäre verleihen. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt

Sonntag, 19. März 2023

In Steglitz steht die Wiege der „Wandervögel“

 Wandern ist immer noch ein deutscher Volkssport

Im Steglitzer Stadtpark (zwischen Sedan- und Klingsorstraße) steht ein wenig versteckt unter hohen Bäumen ein Findling zu Ehren der Gründung der Wandervögel 1901.

Es waren hauptsächlich Schüler vom Gymnasium Steglitz und Studenten, unter Anführung von Karl Fischer, die eine Bewegung ins Leben riefen, um der fortschreitenden Industrialisierung in den Städten entgegenzuwirken.

Sie wollten einen Gegenpol setzen und sich von den engen Vorgaben des schulischen und gesellschaftlichen Umfelds lösen, um sich in der freien Natur eine eigene Lebensart zu erfüllen.

Die „Wandervögel“ waren geboren. Sie gaben sich ihren Namen, nachdem ein Gründungsmitglied auf einem Grabstein einen Text entdeckte: "Wer hat euch Wandervögeln / die Wissenschaft geschenkt / dass ihr auf Land und Meeren / die Flügel sicher lenkt...". Mit Klampfe (Gitarre), Wanderschuhen, Mütze und Rucksack ging es in die nächstliegende Natur.

Es war der Beginn einer Jugendbewegung, die auch für Reformpädagogik und Freikörperkultur im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts wichtige Impulse setzte. Die Idee, in der Freizeit gemeinsam "auf Fahrt" zu gehen, fand rasch auch über Steglitz hinaus Verbreitung, und der "Wandervogel" gab einer ganzen Jugendbewegung ihren Namen.

Schon wenige Jahre später hatten sich im Deutschen Reich verschiedene Wandervogel-Bünde gebildet, die sich 1913 zum Wandervogel e.V. mit 25.000 Mitgliedern zusammenschlossen. Mit dem Anwachsen der Bewegung kam es aber auch oft zu abweichenden Leitvorstellungen und Schwerpunkten, die zu vielfältigen Abspaltungen und Neugründungen führten. Umstritten waren Fragen der Mädchenbeteiligung und der Alkohol- und Nikotinabstinenz, über das Outfit und darüber, ob Jungen und Mädchen vereint oder getrennt wandern sollten. Es gab sogar Versuche, in den eigenen Reihen die Homosexualität erfahrbar zu machen, ein zu Beginn des 20. Jahrhunderts geächtetes und strafwürdiges Unterfangen. Gegenüber politischem Einfluss und Vereinnahmung versuchten die Wandervogel-Verantwortlichen meist Neutralität zu wahren.

Der Erste Weltkrieg schuf neue Verhältnisse für die Jugendbewegung. Tausende junge Menschen mussten in den Krieg ziehen.

Ein entscheidender Einschnitt war die nationalsozialistische Auflösung bzw. Zwangseingliederung der Jugendbünde in die Hitlerjugend.

Die nach dem Zweiten Weltkrieg gegründeten Nachfolgeorganisationen tragen das Erbe weiter. Unabhängig von den Wandervogelbündnissen ist das Wandern immer noch ein deutscher Volkssport. Viele Vereine sind im „Verband deutscher Gebirgs- und Wandervereine" zusammengeschlossen, der heute etwa 600.000 Mitglieder umfasst und viele Menschen in Bewegung hält. Text und Foto: Klaus Tolkmitt