Freitag, 29. Dezember 2023

Der ungekrönte „König von Kreuzberg“

Ein Spaziergang durch die Mühlenhaupt-Höfe im Bergmannstraßen-Kiez

Wer vor 2019 durch den Bergmannstraßen-Kiez im Berliner Bezirk Kreuzberg spaziert ist, wird die Mühlenhaupt-Höfe in der Fidicinstraße 40 noch nicht kennen. Auf dem Gelände einer früheren Brauerei befindet sich hier als Teil eines Künstlerhofes mit Ateliers, Werkstätten, Proberäumen und Theatern das Kurt Mühlenhaupt Museum.

In einer Dauerausstellung wird in einem Querschnitt die künstlerische Arbeit von Kurt Mühlenhaupt gezeigt. Mühlenhaupt, 1921 in Klein Ziescht im Kreis Jüterbog-Luckenwalde geboren und am 16. April 2006 in Zehdenick, Ortsteil Bergsdorf verstorben, war ein Berliner Original und Künstler, dessen Skulpturen und Bilder viele Menschen in der Berliner Kunstszene inspiriert haben. Als Maler, Bildhauer und Schriftsteller war er bekannt für seine humorvollen und satirischen Darstellungen des Berliner Lebens.

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Er galt als Kreuzberger Milieu-Maler und gehörte zu der 1972 gegründeten Gruppe der Berliner Malerpoeten, einer Gemeinschaft von malenden Schriftstellern wie Günter Grass, Aldona Gustas, Artur Märchen, Nepomuk Ullmann und Wolfdietrich Schnurre.

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Seine bevorzugten Motive waren Porträts von Menschen aus dem Arbeitermilieu. Er porträtierte mit Vorliebe die Welt der "kleinen Leute": Arbeiter, Tiere, Stadtpanoramen, Kinder, Hausfrauen, Bauern und Landschaften.

Als zeitweiliger Trödelhändler und Gastwirt war Mühlenhaupt selbst Teil des Milieus, das er so treffend und emphatisch schilderte. Zu entdecken sind im Museum aber auch seine Brandenburger Landschaften, Aquarelle aus Italien und Portugal, Plakate aus der Zeit der „Kreuzberger Bohème“ oder seine Kinderbücher. Als ungekrönter „König von Kreuzberg“ war er bekannt und populär wie Bubi Scholz oder Harald Juhnke.

Mit seiner Künstlerkneipe Leierkasten in der Zossener Straße, in der unter anderem Gerhard Kerfin, Ingo Insterburg, Lothar Klünner und Johannes Schenk Texte und Lieder vortrugen, Manfred Beelke, Artur Märchen und Pit Morell ausstellten, machte er ebenso Furore wie mit seinen „Biertrinkerblättern“.

Berlin-Kreuzberg wurde in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts in West-Berlin zum Inbegriff einer Alternativkultur, die sich vom offiziellen Kulturbetrieb am Kurfürstendamm und seiner Umgebung abhob. Kunst und Alltags-Leben sowie auch die Kunstsparten untereinander gingen eine enge Verbindung ein.

Die behutsam sanierten Gebäude und die liebevolle Gestaltung der urigen Hinterhöfe machen den Ort heute zu einem Kleinod in der pulsierenden Großstadt.

Das Kurt Mühlenhaupt Museum befand sich 20 Jahre im brandenburgischen Bergsdorf, bevor es 2019 nach Berlin zog. Im malerischen Hof erzählen 10 Bildtafeln an den Backsteinwänden und eine Filmstation vom Leben des Künstlers. Ein Audioguide führt auf seinen Spuren durch Kreuzberg.

Die Flächen sollen in den kommenden Jahren vergrößert und Aktivitäten, wie Ausstellungen und das Veranstaltungsprogramm, erweitert werden. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt

Mittwoch, 22. November 2023

Der Lietzensee mit seinen stattlichen Platanen

 Wie der See zu seinem Namen kommt

Mit seinem weitläufigen Park ist der Lietzensee in Witzleben im Berliner Bezirk Charlottenburg/Wilmersdorf ein beliebter Freizeitpark, der zum Verweilen und Entspannen einlädt.

Der Name Lietzensee stammt vom Dorf Lietzow ab, das im Jahr 1719 in die damalige Stadt Charlottenburg eingemeindet wurde. Es gehörte zum Benediktinerinnenkloster St. Marien und wurde von den Nonnen als Fischteich genutzt.

Die Worte Lietzow, Lützow, Lusce u. ä. werden aus dem slawischen Wort Luccina hergeleitet, was so viel heißt wie Sumpf oder Lache.

Oft wird der Name auch auf die alte Berliner Bezeichnung Lietze für das Blässhuhn zurückgeführt. So findet sich im Organ der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft von 1855 der Eintrag: „Fulica atra, Blassente, Lietze. (So heißt ein See bei Charlottenburg, auf dem dieser Vogel häufig zu finden ist).

Eine Sage liefert noch eine weitere Erklärung für die Bezeichnung Lietzensee. So soll im See das Dorf Lützow versunken sein. Der Grund für den Untergang sei nicht bekannt, aber manchmal stießen die Fischer mit ihren Booten mitten auf dem See an die versunkene Kirchturmspitze oder ihre Netze verfingen sich daran.

Deshalb eigne sich das Gewässer bis heute auch nicht zum Fischen.

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Auffällig sind bei einem Spaziergang die zahlreichen stattlichen Bäume, die das Ufer säumen und im Sommer für reichlich Schatten sorgen.

Ein besonderes Exemplar ist die ahornblättrige Platane, die auch Bastard-Platane oder gewöhnliche Platane genannt wird.

Sie ist um 1650 durch eine Kreuzung aus der amerikanischen Platane (Platanus occidentalis) und der morgenländischen Platane (Platanus orientalis) entstanden. Dieser „Bastard“ mit seinen festen, ledrigen Blättern ist sehr anpassungsfähig und frostfest und daher weit verbreitet.

Im Gegensatz zur Eiche, auf der viele Tiere Nahrung finden, bietet die Platane der heimischen Tierwelt wenig Abwechselung.

Ein gutes Erkennungszeichen sind der starke Stamm mit der glatten Rinde und die gestielten Kugelfrüchte, die bis in den Winter hinein an den Zweigen hängen.

Die ahornblättrige Platane wächst als sommergrüner Baum und erreicht eine Wuchshöhe von bis zu 45 Metern. Es sind über 300 Jahre alte Exemplare bekannt, die noch immer wuchskräftig sind. Die Baumkrone wird bei älteren Exemplaren hoch und breit.

Der Baum toleriert verschmutzte Luft, reinigt diese und gilt als unempfindlich gegenüber verdichteten Böden. In vielen Ländern mit gemäßigtem Klima ist sie deshalb ein sehr beliebter Straßenbaum. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt

Dienstag, 7. November 2023

Die Bummelmeile in Friedrichshagen

Friedrich der Große steht wieder auf dem Marktplatz

Berlin-Friedrichshagen I Eine Einkaufs-Mall oder ein Shopping-Center sucht man hier vergebens, dennoch lässt sich auf der Bölschestraße in Berlin-Friedrichshagen hervorragend flanieren. Der gut ein Kilometer lange „Boulevard des Ostens“ zwischen dem S-Bahnhof und dem Müggelsee bietet neben kleinen schmucken Einkaufsläden und beliebten Restaurants Zeugnisse der Vergangenheit.

Friedrichshagen war einst ein Kolonisten- und Feinwollspinnerdorf, das im 18. Jahrhundert von Friedrich II gegründet wurde. Baumwollspinner aus Schlesien und Böhmen fanden in Friedrichshagen eine neue Heimat und betrieben Baumwollspinnereien und Seidenraupenzucht.

Die Bölschestraße leitet ihren Namen vom Schriftsteller Wilhelm Bölsche ab. Bölsche zu Ehren sind ein Berggrat im Riesengebirge, eine Insel in Spitzbergen, eine Schule in Berlin sowie Straßen in etlichen deutschen Städten benannt worden, darunter auch die Bölschestraße in Friedrichshagen.

Ursprünglich hieß die Straße Dorfstraße und war mit Kolonistenhäusern bebaut. Leider sind sie im Originalzustand nicht mehr erhalten. An einigen Häusern kann man allerdings die damalige Zeit noch erahnen.

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Auf dem Platz stand bis 1945 einst eine Bronzefigur von Friedrich dem Großen. Danach war die Statue verschwunden. Erst 2003 konnte durch Spendengelder eine Nachbildung geschaffen werden, die nun den historischen Platz ziert.

Gegenüber steht auf dem „Rondel“ die Christophoruskirche, die 1903 unter der Schirmherrschaft der Deutschen Kaiserin im Stil der märkischen Backsteingotik errichtet wurde.

Leider sind um den Marktplatz herum einige sanierungsbedürftige Häuser in den 60er Jahren abgerissen und durch neue Bauten ersetzt worden.

An der Einmündung der Bölschestraße zum Müggelseedamm erinnert das stillgelegte Betriebsgelände der Berliner Bürgerbräu an die letzte private und älteste Brauerei Berlins.

Auf dem Weg zurück zur S-Bahn fällt auf der beliebten Bummelmeile das Haus 12a besonders ins Blickfeld. Es ist ebenfalls ein ehemaliges Kolonistenhaus und heute ein kleines Schmuckstück, das liebevoll restauriert wurde. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt

Donnerstag, 19. Oktober 2023

Die Gründungsväter der Germanistik lebten in Berlin

 Jacob und Wilhelm Grimm sammelten nicht nur Märchen

Wer kennt sie nicht, die Märchensammlungen der Brüder Grimm. Mit ihren gesammelten Werken volkstümlicher Kinder- und Hausmärchen sind sie in die deutsche Geschichte eingegangen.

Doch die Vita der Brüder, die aus einer Beamten- und Pastorenfamilie stammen und am 4. Januar 1785 bzw. 24. Februar 1786 in Hanau geboren wurden, zeigt noch eine andere Seite ihres Lebens.

Die von Jacob und Wilhelm Grimm auf Veranlassung von Achim von Arnim und Clemens Brentano gesammelten Märchen entstanden nicht aus ihrer eigenen Fantasie, sondern wurden nach alten, vorwiegend mündlich überlieferten Geschichten von ihnen gesammelt und zusammengetragen und mehr oder minder stark überarbeitet. Eine ihrer wichtigsten Quellen waren die Märchen, die die aus hugenottischer Familie stammende Dorothea Viehmann den Brüdern erzählte. Sie waren ursprünglich nicht nur für Kinder gedacht, sondern entstanden vor allem aus volkskundlichem Interesse und erhielten entsprechende märchenkundliche Kommentare. Wilhelm Grimms sprachliche Überarbeitungen schufen daraus einen Buchmärchenstil, der bis heute das Bild von Märchen prägt.

Die Brüder waren Sprachwissenschaftler und Volkskundler. Sie gelten gemeinsam mit Karl Lachmann und Georg Friedrich Benecke als „Gründungsväter“ der Germanistik. Im Alter von 30 Jahren hatten sich Jacob und Wilhelm Grimm durch ihre zahlreichen Publikationen bereits eine herausragende Stellung erarbeitet, die im Jahr 1819 von der Universität in Marburg mit einer Ehrendoktorwürde honoriert wurden. 1838 begannen Jacob und Wilhelm Grimm ihre gemeinsame Arbeit am Deutschen Wörterbuch.

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1840 holte sie der neue preußische König Friedrich Wilhelm IV unmittelbar nach seiner Amtsübernahme nach Berlin. Rund 20 Jahre lang lebten sie in Berlin, nunmehr unbelastet von finanziellen Ungewissheiten. In Akademieabhandlungen, die sie in dieser Zeitspanne verfassten, ist viel Lesenswertes über ihre Forschungen, ihre Interessen und ihre liberalen politischen Ansichten zu finden. Auch die Geschichte der deutschen Sprache entstand in dieser Zeit – ein erster Versuch, Sprachgeschichte mit Sozialgeschichte zu verknüpfen.

Wilhelm Grimm verstarb 1859, sein Bruder Jacob 1863. Viele Institutionen in ganz Europa waren stolz, dass sie sie zu ihren (Ehren-)Mitgliedern zählen konnten. 

Auch im Tod sind sie beisammen.  Sie liegen auf dem Alten St.-Matthäus-Kirchhof in Berlin-Schöneberg. Die Grabstätte gehört zu den Ehrengräbern des Landes Berlin. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt

Freitag, 6. Oktober 2023

Berlin – Hauptstadt der Bären

Der Zoo Berlin nimmt drei Braunbären auf

Vom Wappen bis zum Gullydeckel, wo immer man in Berlin auch hinschaut, der Bär gehört zur Stadt, wie der „Lange Lulatsch“ oder der Fernsehturm.

Braunbär Momoa Orsa Rovdjurspark
Der Braunbär, ein Berliner Original kehrt nun in den Zoo zurück. Nach sieben Jahren Abwesenheit ziehen wieder Europäische Braunbären in den Zoo ein. Die Tiere stammen aus dem schwedischen Raubtierpark Orsa, der demnächst seine Tore schließen wird.

Im Rahmen des Europäischen Erhaltungszuchtprogrammes wurde Berlin als neue Heimat der Bären gewählt. Aktuell gewöhnen sich die drei Bärenbrüder Lucifer, Lillebor und Momoa (jeweils 4 Jahre alt) an ihr neues Revier und ihre Nachbarn, die Europäischen Wölfe. Spätestens mit Beginn der Berliner Herbstferien sollen die Braunbären auch für die Zoo-Besucher*innen zu sehen sein.

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An einem extra gebauten Honigbaum werden die Bären außerdem mehrmals täglich süßen Saft finden. Obwohl Braunbären zu den großen Raubtieren zählen, ernähren sie sich die meiste Zeit des Jahres vegetarisch und fressen vorwiegend Beeren, Früchte, Wurzeln, Gräser und Kräuter.

Braunbären gelten in weiten Teilen ihres europäischen Verbreitungsgebiets aufgrund von Jagd und Lebensraumzerstörung als ausgestorben. Auch in Deutschland gelten Bären seit über 150 Jahren als ausgerottet, auch wenn in den Grenzgebieten immer mal wieder Braunbären gesichtet werden.

In anderen europäischen Nachbarländern wie Italien, Österreich und Frankreich haben sich Braunbären mittlerweile wieder angesiedelt.

Braunbär Lillebor Orsa Rovdjurspark
"Bären spielen im Ökosystem eine wichtige Rolle, sie verbreiten verschiedenste Samen und sorgen durch das Fressen von Aas und kranken Tieren für die Gesundheit des Ökosystems", erklärt Biologe Christian Kern. "Mit der Rückkehr des Bären in Europa geht jedoch auch ein großes Konfliktpotential einher. In unserer neuen Ausstellung möchten wir daher gezielt für Bären faszinieren und gleichzeitig für ein friedliches Zusammenleben von Menschen und Bären in Europa werben“.

Der Zoo Berlin begleitet den Einzug der Bären mit einer interaktiven Ausstellung über den Braunbären und dessen Lebensraum. Neben spielerischen Angeboten, wie zum Beispiel die Winterruhe, wird auch auf die Konflikte eingegangen, die entstehen können, wenn Mensch und Braunbär aufeinandertreffen.

"Der Braunbär hat als Wahrzeichen unserer Stadt nicht nur in den Herzen der Berliner*innen einen festen Platz, sondern nun auch wieder im Zoo Berlin ein Zuhause", freut sich Dr. Andreas Knieriem, Direktor von Zoo und Tierpark Berlin. Text: Klaus Tolkmitt © 2023 Zoo Berlin

Dienstag, 3. Oktober 2023

Ruhe in der Hektik

Der Savignyplatz in der City West 

Friedrich Carl von Savigny ist Namensgeber für einen Platz, der in der Hektik der Großstadt Ruhe und Beschaulichkeit ausstrahlt. 

Die kleine grüne Oase in Berlins pulsierender City-West im Ortsteil Charlottenburg befindet sich ganz in der Nähe des Kurfürstendamms und wird von der Kantstraße „durchschnitten“. 

Hier kann man unter schattigen Baumkronen, zwischen blühenden Stauden und Sträuchern verweilen oder in den netten Restaurants und Bars einen schönen Abend verbringen. Die Vielfalt rund um den Savignyplatz hält für jeden Geschmack etwas bereit und mit etwas Glück trifft man dort prominente Schauspieler. 

Friedrich Carl von Savigny war Jurist und Politiker und gehörte zu den Gründungsprofessoren der Friedrich-Wilhelm-Universität, die 1949 den Namen der Gebrüder Humboldt erhielt. 1812 wurde er ihr Rektor, später preußischer Staatsrat und Minister. 


Der Platz mit den sieben Straßeneinmündungen, entstand Ende des 19. Jahrhunderts. Er wurde ursprünglich als Rasenschmuckplatz mit einem geometrischen Grundriss und einer Fülle von Beeten mit Ziersträuchern angelegt. https://www.amazon.de/gp/video/primesignup?tag=ihre_partner_id-meinberline04-21 1926 wurde der Platz in einen Garten- und Erholungsplatz umgewandelt, der den Stadtbewohnern die Atmosphäre eines Hausgartens vermitteln sollte. Rings um die Rasenflächen mit den Blumenbeeten befinden sich laubenartige Sitznischen, in denen sich Spaziergänger, aber auch die Angestellten der naheliegenden Büros und vom Shopping ermüdete Touristen gern mal ein paar Minuten ausruhen. 

Anlässlich des 750-jährigen Stadtjubiläums wurde er ein Gartendenkmal. Auf der Nordhälfte zieren die zwei spiegelgleichen Bronzeskulpturen "Knabe mit Ziege" von August Kraus den Platz. Auf der Südhälfte des Platzes ließ 1905 der U-Bahn-Architekt Alfred Grenander einen Kiosk errichten, der 1987 rekonstruiert wurde und inzwischen unter Denkmalschutz steht. Text und Foto: Klaus Tolkmitt

Mittwoch, 20. September 2023

Mahnmal erinnert an die „Trostfrauen

Sexuelle Gewalt an Frauen und Mädchen soll ins Bewusstsein rücken.

Schätzungsweise 200.000 Mädchen und Frauen aus 14 Ländern sind im Zweiten Weltkrieg vom japanischen Militär während des Asien-Pazifik-Krieges (1931- 1945) als sogenannte „Trostfrauen“ sexuell versklavt worden.

Eine Friedensstatue, die seit September 2020 an der Ecke Birkenstraße/Bremer Straße in Berlin-Moabit steht, soll das Thema der sexualisierten Gewalt ins Bewusstsein der Gesellschaft rücken. Das Denkmal gilt als Symbol der Hoffnung für Frauen und für Opfer sexueller Gewalt weltweit.

Die Statue soll außerdem auf die Forderungen der Überlebenden nach Anerkennung, Aufarbeitung und Entschuldigung, die bis heute nicht erfüllt worden sind, sowie die Kontinuität sexualisierter Gewalt gegen Frauen in bewaffneten Konflikten wie auch in Friedenszeiten aufmerksam machen.

Die Friedensstatue soll mahnen und erinnern, sowie den Ansporn geben, Verbrechen an Mädchen und Frauen zu verfolgen und zu ahnden.

In Deutschland sind bereits zwei Friedensstatuen aufgestellt worden. Neben der ersten Statue in Wiesent bei Regensburg im Nepal-Himalaja-Park, befindet sich die Zweite auf dem Grundstück der Koreanischen Evangelischen Kirchengemeinde Rhein-Main in Frankfurt.

Das Mahnmal in Berlin ist eine Schenkung von „The Korean Council for Justice and Remembrance for the Issues of Military Sexual Slavery by Japan” aus Südkorea und wurde durch die Aktionsgruppe „Trostfrauen des Korea Verbands“ initiiert.

Die Bronzestatue wurde von dem südkoreanischen Künstlerpaar Kim Eun-sung und Kim Seo-kyung entworfen. Es ist die erste Statue dieser Art, die in Deutschland an einem öffentlichen Ort aufgestellt wurde.

Kim Hak-Soon ging 1991 als erste der ehemaligen „Trostfrauen” mit ihrem Schicksal an die Öffentlichkeit und deckte so das Ausmaß der japanischen Kriegsverbrechen auf. Daraufhin begannen die Mittwochsdemonstrationen von ehemaligen „Trostfrauen” vor der japanischen Botschaft. Jeden Mittwoch rufen sie bis heute gemeinsam mit jungen Menschen lautstark nach „Entschuldigung und Entschädigung”.

Die erste bronzene Friedensstatue wurde 2011 zur 1.000. Mittwochsdemonstration für die „Trostfrauen” vor der japanischen Botschaft in Seoul errichtet. Mittlerweile gilt sie international als Symbol gegen Kriegsverbrechen an Mädchen und Frauen.

Seit der Errichtung der ersten Friedensstatue wurden weitere Friedensstatuen nicht nur in Südkorea, sondern auch in Australien, Nordamerika und Kanada errichtet.

Der leere Stuhl neben dem Mädchen hat verschiedene Bedeutungen: Erstens symbolisiert er Leere und Verlassenheit, denn die Opfer verließen die Erde, ohne ihre Rechte wiederhergestellt zu bekommen. Zweitens wirkt er einladend, denn Interessierte können sich daraufsetzen und darüber nachdenken, wie sich die Mädchen damals gefühlt haben müssen. Sie können verstehen, wozu die heute hochbetagten Frauen aufrufen.

Der Vogel auf der Schulter des Mädchens symbolisiert Frieden und Freiheit. Vögel fliegen hoch in den Himmel, aber legen sich auch auf der Erde zur Ruhe. Insofern sind sie Vermittler zwischen den Lebenden auf der Erde und den Toten im Himmel. Der Vogel des Mädchens weist darauf hin, dass die verstorbenen „Trostfrauen” nicht ganz hinübergegangen, sondern durch ihn immer noch mit uns verbunden sind. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt

Donnerstag, 20. Juli 2023

Die Geschichte der „Puppenbrücke“

Wie die Schlossbrücke über den Spreekanal zu ihrem Namen kam

Wo heute das Humboldt-Forum in Berlin-Mitte steht, erinnert nur noch die Schlossbrücke über den Spreekanal an das alte Schloss, dass hier mal gestanden hat.

Die Brücke wurde 1821–1824 von Karl Friedrich Schinkel im Stil des Klassizismus erbaut und ließ die Straße „Unter den Linden“ erstmals als durchgehende Prachtstraße vom Berliner Schloss bis zum Brandenburger Tor erscheinen.

Schon im frühen 15. Jahrhundert hat es hier eine hölzerne Brücke gegeben. Diese wurde damals "Hundebrücke" genannt, da der Schlossherr und seine Besucher die Brücke nutzten, um mit ihren Hundemeuten vom Schloss in das Jagdgebiet im Tiergarten zu gelangen.


1806 marschierte Napoleon mit seinen Truppen über diese Brücke in Berlin ein.

Die monumentalen Figuren auf dem dreibogigen Bauwerk wurden 1842–1857 von Schülern der Bildhauer Johann Gottfried Schadow und Christian Daniel Rauch zur Erinnerung an die Befreiungskriege geschaffen.

Jeweils vier Skulpturen stehen auf jeder Seite der Brücke auf hohen Marmorpostamenten und erzählen den Lebensweg eines Helden von seiner Kindheit bis zu seinem Tod.

Eigentlich hatte Schinkel einen Brückenschmuck aus Kupfer vorgesehen, aber wegen finanzieller Engpässe wurde dieser Plan nicht verwirklicht. So wurden die acht Figurengruppen aus weißem Carrara-Marmor gefertigt. Weil der weiße Marmor anfällig gegen Verschmutzung war und immer wieder gereinigt werden musste, sprach der Volksmund (wenn die Arbeit wieder anstand) von "Puppen putzen". Und so spricht man zuweilen heute noch von der „Puppenbrücke“.

Nach Abriss des Stadtschlosses hieß sie ab 1951 Marx-Engels-Brücke. Erst 1991 erhielt sie wieder ihren alten Namen und wurde ein Baudenkmal.

Zur Geschichte der Brücke gehört auch ein schrecklicher Unfall, der 22 Menschenleben kostete, anlässlich der Hochzeit des Kronprinzen und späteren Königs Friedrich Wilhelm IV. im Jahr 1823.

Damit der Hochzeitszug über die Brücke in das Schloss einziehen konnte, wurde das Bauwerk vorzeitig freigegeben, obwohl die Pflasterung fehlte und das Holzgeländer nur provisorisch angebracht war. Unter der Menschenmenge krachten Teile der Brücke in sich zusammen. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt

Montag, 17. Juli 2023

Mit Gerhart Hauptmann klassischen Melodien lauschen

Im Frühjahr blühen rote Rosskastanien im Park

Die Gerhart-Hauptmann-Grünanlage an der Bundesallee/Spichernstraße in Wilmersdorf sollte man speziell im Frühling besuchen, wenn die zahlreichen Rosskastanien wunderschön in roten Farben blühen. In dem kleinen Areal neben der Universität der Künste hat auch der Nobelpreisträger Hauptmann seinen Platz gefunden. Ihm zu Ehren wurde unter einer mächtigen Platane eine Büste des Schriftstellers aufgestellt.

Gerhart Hauptmann, 1862 in Ober Salzbrunn in Schlesien geboren und am 6. Juni 1946 in Agnetendorf in Niederschlesien verstorben, war ein deutscher Dramatiker und Schriftsteller. Er gilt als der bedeutendste deutsche Vertreter des Naturalismus. Bereits 1912 erhielt er einen Nobelpreis.

Einige Jahres seines Lebens verbrachte Gerhart Hauptmann in Berlin. Die Großstadt machte ihn berühmt. Aber er war ein Wanderer und Reisender, der es nie über eine längere Zeit an einem Ort aushielt.

In Berlin lebte Hauptmann 1885 in Moabit und von 1889 bis 1991 in der Schlüterstraße 78 in Berlin Charlottenburg (dort hängt auch eine Gedenktafel).

Auf der Insel Hiddensee, die ihm eine zweite Heimat war und wo sich heute noch sein Haus »Seedorn« im ursprünglichen Zustand befindet, wollte er begraben sein.

Die kleine Parkanlage in Wilmersdorf wurde 2011 durch eine Bürgerinitiative „gerettet“, denn ursprünglich wollten einige Investoren hier einen 80 Meter hohen Büroturm errichten.

Wer an warmen Tagen den Park besucht, kann sich unter Umständen an einem kostenlosen Konzert erfreuen, denn wenn nebenan in der Uni die Fenster offenstehen, dringen klassische Melodien nach draußen.

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Wer noch mehr Informationen sucht, kann sich die Tour: Die schönsten Kiezplätze in Berlin City West auf sein Smartphone laden und damit einen Rundgang zu den schönen Kiezplätzen machen. Neben der oben erwähnten Gerhard-Hauptmann-Anlage führt die Tour zum Viktoria-Luise-Platz, Fasanenplatz, Ludwigkirchplatz, Nikolsburger Platz und Prager Platz. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt

Samstag, 24. Juni 2023

Sport und Freizeit auf der „Catcherwiese“

Skulptur gibt der Sport- und Spielwiese den inoffiziellen Namen

Zu jeder Jahreszeit kann ein Spaziergang durch den Volkspark Rehberge im Berliner Ortsteil Wedding zu einem Erlebnis werden, gibt es dort viel zu entdecken.

Der Volkspark Rehberge, der aus einer ehemals bewaldeten Dünenlandschaft im Berliner Urstromtag entstand, bietet alles, was erholungssuchende Großstädter von einem Park erwarten: neben großen Wiesen und bewaldeten Parkabschnitten gibt es Sportanlagen, Spielplätze, ein Wildgehege und viel Wasser.

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Zu Beginn des 20. Jahrhunderts plante Zoodirektor Carl Hagenbeck aus Hamburg, auf diesem Gebiet einen Ausstellungspark anzulegen. Hier sollten Tiere in einer Landschaft leben, die ihrer eigentlichen Heimat sehr nahekommt.

Andere Quellen sprechen dagegen von einer Tier- und Völkerschau mit ähnlichen Darstellungsweisen wie auf der Deutschen Colonial-Ausstellung von 1896 im Treptower Park. Tiere und Menschen aus den damaligen deutschen Kolonien sollten im Park zur Schau gestellt werden. Es kam allerdings nie zur Realisierung, da 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach.

Während des Krieges benötigten die Berliner Brennholz und so holzten sie die Bäume in den Rehbergen ab. Durch die fehlende Vegetation kam es verstärkt zur Bodenerosion. Dünen türmten sich auf und Flugsand beeinträchtigte das Leben der Bevölkerung.

Der hier liegende Sand wurde lange Zeit mit Karren in die Berliner Innenstadt gebracht und dort als „Wittensand“ für die Reinigung der Fußböden verkauft.

Bleib fit - treibe Sport

In den 1920er Jahren wurde das Areal dann als Landschaftspark geplant und umgesetzt. Seitdem dient er zur Erholung und bietet Raum für Spaß und Aktivitäten.

Der Hauptzugang führt unter einer Fußgängerbrücke durch an zwei ehemaligen Umkleidekabinen vorbei, die dort seit 1929 stehen, zu einer großen Wiese, die sich im Zentrum des Parks befindet.

Am Rand der Wiese steht eine Ringerstatue, die 1906 von Wilhelm Haverkamp geschaffen wurde. Ursprünglich befand sie sich an zentraler Stelle im Schillerpark, musste dort aber 1941 dem neu errichteten Schillerdenkmal Platz machen.

Auf einem Sockel aus Muschelkalk stehen zwei nackte Ringer, denen die Anspannung im Kampf anzusehen ist. Die Skulptur ist eine Reminiszenz an das Herkules-Antäus-Gemälde, des Malers Hans Baldung von 1531.

Die „Große Spiel- oder Übungswiese“, so die offizielle Bezeichnung, bekam allerdings von den Berlinern schnell eine neue Bezeichnung. Umgangssprachlich ist für sie ein Ringer ein „Catcher“. Und so treffen sich heute viele Parkbesucher auf der „Catcherwiese“ zu Sport- und Freizeitaktivitäten.

Wer noch mehr wissen möchte, der sollte einen Spaziergang durch den Volkspark machen und auf Naturdenkmäler achten. Mit einem Smartphone und diesem Link: Naturdüne und Findlinge - Spurensuche in Wedding kann man die Tour abgehen. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt

Dienstag, 20. Juni 2023

Ein Haus mit Geschichte.

Bundesrat tagt im ehemaligen Preußischen Herrenhaus

Es wird seiner Bedeutung nicht wirklich gerecht, wenn man das Gebäude so „eingezwängt“ hinter einem hohen Zaun in der Leipziger Straße betrachtet. Dabei ist der Bundesrat, der hier regelmäßig tagt, ein wichtiges Organ bei der Mitwirkung der Gesetzgebung der Bundesrepublik Deutschland.

Kein Bundesgesetz kommt zustande, ohne dass der Bundesrat damit befasst war. Viele Gesetze können sogar nur dann in Kraft treten, wenn der Bundesrat ihnen ausdrücklich zustimmt.

In diesem prächtigen Gebäude sitzen also die Vertreter der Landesregierungen und beraten über entsprechende Vorhaben.

Das Gebäude ist ein ehemaliges Preußisches Herrenhaus aus dem 18. Jahrhundert mit einer wechselvollen Geschichte.

Als das Barock-Palais 1740 gebaut wurde, regierte noch Friedrich Wilhelm I. Doch schon ein paar Jahre später übernahm der Seidenfabrikant Johann Ernst Gotzkowsky das Haus, der in unmittelbarer Nachbarschaft noch eine Porzellan-Manufaktur eröffnete. Doch schon bald musste er Konkurs anmelden und Friedrich II. machte daraus 1763 die Königliche Porzellan-Manufaktur (KPM).

1825 ging das Haus in den Besitz des Bankiers Abraham Mendelssohn-Bartholdy über, bis 1851 die erste Kammer des neuen Preußischen Landtages durch König Friedrich Wilhelm IV. etabliert wurde.

Nach Umbaumaßnahmen und Vergrößerung war das Herrenhaus bis zur Einweihung des Reichstagsgebäudes 1894 Sitz des Deutschen Reichstags. Während der Hitler-Zeit wurde der Staatsrat aufgelöst und das Haus in Preußenhaus umbenannt. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges nutzte die DDR das Gebäude als staatliche Plankommission und Akademie der Wissenschaften.

Mit dem Mauerfall gab es die letzte große Veränderung. 1996 entschied die Bundesregierung, den Sitz des Bundesrates von Bonn nach Berlin zu verlegen. Nach Planung und Umbau zog dann im Jahr 2000 der Bundesrat in das ehemalige Herrenhaus ein, das seitdem ein Ort der transparenten Politik und einer gelebten Demokratie ist. Text und Foto: Klaus Tolkmitt

Dienstag, 23. Mai 2023

Metrische Einheit löst Meile ab

 Meilenstein ist letzter Zeuge des Kaiserreichs

Wer aus Richtung Steglitz von der Rheinstraße in Verlängerung die Hauptstraße befährt, wird kurz hinter dem Innsbrucker Platz in Schöneberg auf dem Mittelstreifen eine Säule entdecken, auf der Meilen als Längenmaß angegeben werden.

Das Rätsel löst sich auf, wenn man weiß, dass es sich um eine preußische Meile handelt. Anders als die geläufige US-Meile mit 1,6 Kilometern Länge, maß das preußische Pendant 7,532 Kilometer. Damalige Zeitgenossen wussten, dass sie für diese Strecke rund zwei Stunden zu Fuß benötigten, um dann vor dem Berliner Stadtschloss zu stehen. Das Schloss war Start- und Endpunkt für alle Meilensteine im damaligen preußischen Reich.

So wie vieles nicht für die Ewigkeit gemacht ist, gilt das auch für die Meilensteine als Maßeinheit. Als im Deutschen Kaiserreich 1875 das metrische System eingeführt wurde, verloren sämtliche Meilensteine ihre Bedeutung.

Der Meilenstein am Innsbrucker Platz zählt zu den drei Steinen, die es in Berlin noch gibt. Er stammt aus der Zeit von König Friedrich Wilhelm III., der seine Fahrten von Berlin nach Potsdam im Wagen zurücklegte. So stehen an der Vorderseite in lateinischen Ziffern und Lettern die Meilen von Berlin nach Potsdam. 

Wer mit seinem Smartphone die lialo-App öffnet und die Tour: 3. Etappe Bummel-Marathons. aufmacht, kommt automatisch am Meilenstein vorbei. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt


Mittwoch, 17. Mai 2023

Die Sage vom Plötzense

Als der Dorfschulze noch die Nachbarn tyrannisierte

Dort, wo bei schönem Wetter kleine Ruderboote das seichte Wasser des Plötzensees in Bewegung bringen, standen vor vielen Jahren noch Häuser. Mehr noch, ein ganzes Dorf war da angesiedelt, mit Kirche, Dorfplatz und einem Ziehbrunnen unter einer schattigen Linde.

So erzählt eine Sage, die sich um den Plötzensee rangt, der seinen Namen nach der Plötze trägt, die einst noch zahlreich im Wasser schwamm. In diesem kleinen Dörfchen lebte ein roher und gewalttätiger Dorfschulze, der die Bewohner tyrannisierte, wo er nur konnte.

Als der Dorfschulze eines Abends von einem Nachbardorfe, wo er vorteilhaft Holz verkauft hatte, zurückkehrte, sprang ihm der Geist auf den Rücken und hielt sich am Nacken fest. „Trage mich schnell nach dem Nachbarorte zurück“, rief er grollend dem zu Tode Erschrockenen zu. Dieser fluchte greulich und sträubte sich aus Leibeskräften. Aber der lachende Geist stieß dem Schulzen die Beine in die Seiten, wie man es bei einem störrischen Pferd tut, und der Dorfschulze musste seinen seltsamen Reiter zurück ins Nachbardorf tragen.

Über Stock und Stein ging der Ritt in mitternächtlicher Stunde dahin, bis der Geist kurz vor dem Nachbardorfe die Umkehr befahl. Nochmals wurde dieselbe Strecke zurückgelegt, und der Reiter drückte immer schwerer und schwerer, so dass der Dorfschulze schließlich erschöpft in die Knie sank. Mit dem Rufe: „Nun fühlst Du selbst, wie Du die Armen bisher bedrückt hast! Vorwärts, Du Leuteschinder!“, trieb ihn der unerbittliche Rächer zu neuem Lauf an.

Als sie nach längerer Zeit, die dem Schulzen wie die Ewigkeit vorkam, am Dorfbrunnen anhielten, wurden die Griffe des Rachegeistes lockerer. Das nutzte der schlaue Bauer, schleuderte mit letzter Kraft seinen Plagegeist in den Brunnen und rief ihm höhnisch einen kräftigen Fluch nach.

In diesem Augenblicke ertönte ein furchtbares Getöse. Dann senkte sich langsam der Boden und mit ihm versank alles: die Häuser, die Bäume, die Wiesen, die Äcker, die schreienden Menschen. Immer mehr Wasser stieg rauschend aus dem Brunnen und bedeckte alles mit seinen kühlen Fluten. Nichts blieb vom Dörfchen und seinen Bewohnern übrig; ein wogender See bedeckt seitdem weithin die Gegend.

Noch heute werden Im See die Plötzen hin und wieder von einem gewaltigen Hecht aufgescheucht, der die kleineren Fische ruhelos im See umhertreibt. Wenn aber in stillen Nächten der Vollmond neugierig auf den See niederblickt, dann läuten die versunkenen Kirchenglocken des einstigen Dorfes leise und langsam in der Tiefe. Erschreckt flüchtet der Hecht ins Röhricht, während die Plötzen ganz regungslos stehen, als ob sie andächtig den fernen Klängen lauschen. Text und Foto: Klaus Tolkmitt

Montag, 8. Mai 2023

Der Dicke vom Alexanderplatz

Ernst Gennat, ein Beamter der Berliner Kriminalpolizei.

Der Grabstein auf dem Südwestfriedhof in Stahnsdorf ist schlicht gehalten und verrät nur den Namen und die Lebensjahre (1880 -1939). Dabei hat Ernst Gennat in Berlin Geschichte geschrieben.

Geboren am 1. Januar 1880 als Sohn des Oberinspektors der Haftanstalt Plötzensee, in dessen Dienstwohnung er auch aufwuchs und so der späteren Kundschaft bereits denkbar nahe war. Früh bekam er Einblick in den Zusammenhang von sozialer Verelendung und Kriminalität.

Das Jurastudium brach er ab, um gleich bei der Polizei anzufangen. Am 1. August 1905 wurde er zum Kriminalkommissar ernannt. Hier beginnt seine Karriere unter drei politischen Systemen.

Schon zu Lebzeiten Legende und Original gleichermaßen, entsprach er dabei nicht dem klassischen Klischee des engstirnigen preußischen Beamten.

Hinter seinem Rücken wurde er von seinen Kollegen freundlich oder auch hämisch „Buddha der Kriminalisten“ oder „Der volle Ernst“ genannt. Diese Spitznamen spielten auf seine imposante Körperfülle an.

Bei der Gegenseite wurde er oft nur als „Der Dicke vom Alexanderplatz“ bezeichnet, weil sich seine Dienststelle dort in der „Roten Burg“ befand. Diesen Spitznamen hatte das Polizeipräsidium am Alexanderplatz in den 1920'er Jahren bei den Berlinern.

Als Gennat 1904 zur Kriminalpolizei kam, gab es noch keine Mordkommission im eigentlichen Sinne. Zuvor war ein so genannter „Mordbereitschaftsdienst“ innerhalb der Kriminalpolizei eingerichtet worden, damit zu jeder Tages- und Nachtzeit sofort Beamte an den Tatort geschickt werden konnten.

Ernst Gennat erkannte als einer der ersten die Wichtigkeit einer genauen Spurensicherung am Tatort.

Vor seiner Zeit war es keineswegs ungewöhnlich, dass die zuerst eintreffenden Schutzmänner am Tatort erst einmal „Ordnung schafften“ oder die Leiche pietätvoll hinbetteten. Gennat legte nun genaue Richtlinien für das Vorgehen am Tatort fest und setzte als unverbrüchliches Prinzip durch, dass vor dem Eintreffen der Ermittler nichts angefasst oder verändert werden durfte.

Gerühmt wurden vor allem seine Hartnäckigkeit und Ausdauer, sein phänomenales Gedächtnis und ein enormes psychologisches Einfühlungsvermögen, das ihn befähigte, „Profiling“ schon vierzig Jahre vor der Erfindung des Begriffs zu betreiben.

Gewaltanwendung bei Vernehmungen und (polizeirechtlichen) Befragungen lehnte er ab. Seine Mitarbeiter mahnte er eindringlich:

„Wer mir einen Beschuldigten anfasst, fliegt! Unsere Waffen sind Gehirn und Nerven!“

Im Jahre 1931 konnte die Zentrale Mordinspektion 94,7 % der Fälle aufklären. Heute liegt die Aufklärungsrate für Morde zwischen 85 und 95 %. Das Raubdezernat erreichte damals nur eine Quote von 52 Prozent. Gennat selbst gelang während seiner 33-jährigen Tätigkeit im Polizeidienst die Aufklärung von 298 Morden!

In der Krimi-Reihe um Kommissar Rath und in der daraus entstandenen Serie Babylon Berlin ist Gennat als Chef der Mordkommission Raths Vorgesetzter.

Diese und andere Geschichten sind in der kostenlosen Smartphone-Tour von lialo zu erleben. Mit diesem Link: Der Dicke vom Aleanderplatz lässt sich die Tour sofort starten. Zudem kann die Tour jederzeit unterbrochen und zu einem späteren Zeitpunkt weitergespielt werden.

Der Südwestfriedhof ist wohl der schönste und größte Berliner Friedhof, der bereits 1909 eröffnet wurde und außerhalb der Stadtmauern in Stahnsdorf liegt. Prominente Politiker, Musiker, Schriftsteller, Dichter und Filmemacher, also vor allem Künstler fanden auf dem Stahnsdorfer Friedhof ihre letzte Ruhe. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt

Dienstag, 2. Mai 2023

Schloss Britz - Die Perle des Bezirks

Ehemaliges Herrenhaus ist jetzt ein Ort kultureller Veranstaltungen

Das Schloss Britz ist das ehemalige Herrenhaus auf dem historischen Rittergut des ehemaligen Dorfes Britz im gleichnamigen Ortsteil von Berlin im Bezirk Neukölln. Es ist heute Sitz der Kulturstiftung Schloss Britz und beherbergt in den originalgetreu rekonstruierten Räumlichkeiten des 19. Jahrhunderts ein Museum für die Wohnkultur der Gründerzeit und bietet Platz für wechselnde Sonderausstellungen, Lesungen und Konzerte.

Der rund 300 Jahre alte Gutspark zeichnet sich durch seinen alten Baumbestand und ein verschlungenes Wegenetz von 1890 aus. Das Schloss ist ein geschütztes Kulturgut und wird zu Recht die „Perle des Bezirks“ genannt.

Es erhielt seine heutige Gestalt um 1880, als der damalige Besitzer die Fassade im Neorenaissance-Stil erneuern ließ und einen Turm hinzufügte. Seine Blütezeit erlebte Schloss Britz unter Ewald Friedrich Graf von Hertzberg (1725-1795), der das Anwesen zur Hochblüte führte und es als Mustergut ökonomischer Landwirtschaft etablierte.

Im 18. Jahrhundert war Schloss Britz unter anderem noch im Besitz von Heinrich Rüdiger von Ilgen sowie Graf Ewald Friedrich von Hertzberg. Ilgen besaß Schloss Britz von 1719–1728 und diente als Staatsminister des Auswärtigen noch unter dem preußischen König Friedrich Wilhelm I. Hertzberg war 1763–1791 als Etat-, Kriegs- sowie Kabinettsminister einer der führenden außenpolitischen Köpfe in Preußen unter Friedrich II. Hertzberg ließ 1770 bis 1772 die Innenräume des Herrenhauses durch den Maler Bernhard Rode mit Wand- und Deckengemälden völlig neu ausgestalten.

Im 19. Jahrhundert gelangte das Anwesen in den Besitz bürgerlicher Fabrikanten. Der Seidenhändler und Spritfabrikant Johann Carl Jouanne bewohnte von 1824 bis 1857 mit seiner Familie das Gutshaus ganzjährig und ließ es diesen Ansprüchen gemäß umbauen, so dass viel von dem Dekor des 18. Jahrhunderts verloren ging. Unter dem letzten Privatbesitzer, dem Rübenzuckerproduzenten, Händler und Spirituosenfabrikanten Wilhelm A. J. Wrede, erhielt das Haus seine heutige schlossartige Gestalt. Es wurde 1880–1883 durch den Berliner Architekten Carl Busse zu einem großbürgerlichen Landhaus im Stil der Neorenaissance umgebaut.

1924 verkauften die Erben das Anwesen an die Stadt Berlin. Nach dem Zweiten Weltkrieg diente Schloss Britz als Flüchtlings- und später als Kinderheim. 1971 wurde das Schloss unter Kulturgut- und Denkmalschutz gestellt. Nach einer umfassenden Restaurierung 1985–1988, die den Zustand des letzten Umbaus von 1883 wiederherstellte, wurde es erstmals öffentlich zugänglich gemacht und ist seitdem Ort zahlreicher Kulturveranstaltungen. Quelle: Kulturstiftung Schloss Britz. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt

Dienstag, 11. April 2023

Mahnmal erinnert an ehemalige Synagoge

Zeugnisse jüdischer Kultur in der Friedrichstadt

Ein bisschen versteckt im Innenhof der Barmer Ersatzkasse in der Axel-Springer-Straße im Berliner Ortsteil Kreuzberg steht ein Mahnmal, das als solches nicht gleich zu erkennen ist. Betonklötze, die an Ruhebänke erinnern, sind in Reih und Glied aufgestellt und sind ein Werk der drei israelischen Künstler Micha Ullman, Zvi Hecker und Eyal Weizman.

Das Kunstwerk „Blatt“ aus dem Jahr 1997 erinnert durch die Anordnung der Bänke an den Grundriss der ehemaligen Synagoge aus dem Jahr 1891. Die Betonbänke stellen eine einzelne Seite, ein Blatt aus einem jüdischen Gebetbuch – dem Talmud – dar. Daher kommt auch der Name für das Mahnmal.


In der Berliner Friedrichstadt, wo heute das Geschäftshaus mit der Ersatzkasse steht, gibt es noch viele Zeugnisse jüdischer Kultur.  Dies ist dem preußischen König Friedrich Wilhelm II. zu verdanken, der die südliche Friedrichstadt zu einem bevorzugten Wohngebiet des liberalen Judentums machte.

Mit 1800 Plätzen gehörte die Synagoge damals zu den größten sakralen Gebäuden in Berlin. Während der Novemberpogrome 1938 wurde sie in Brand gesteckt und stark beschädigt. Weitere Beschädigungen im zweiten Weltkrieg führten dazu, dass die Synagoge im Jahr 1956 abgerissen wurde.

Da das Mahnmal auf dem Privatgrundstück der Krankenkasse liegt, ist es nur werktags zu besichtigen. Allerdings befinden sich in der Zufahrt Gedenktafeln, die immer zugänglich sind.

Wer mit der Web-App von lialo.com auf seinem Smartphone die Tour: Berliner Mauertour aufruft, erfährt auf einem Spaziergang entlang der ehemaligen Mauer nicht nur interessante Details zur Demarkationslinie zwischen Ost- und Westberlin, der kommt auch am Mahnmal zur Synagoge vorbei. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt 

Mittwoch, 5. April 2023

Wachturm erinnert an die unmenschliche Grenze

Gedenken an den ersten Mauertoten

Wer zwischen Humboldthafen und Nordhafen ab Invalidenstraße am Spandauer Schifffahrtskanal ein Stück den Mauerweg entlangspaziert, kommt zum historischen Invalidenfriedhof.

Die Anlage gehört zu den ältesten Friedhöfen in Berlin und wird als Zeugnis der preußischen und deutschen Militärgeschichte wie als Erinnerungsstätte an die deutschen Befreiungskriege der Jahre 1813 bis 1815 angesehen.

Zerstörungen gegen Ende des Zweiten Weltkriegs und in der DDR-Zeit, als durch den Friedhof ein Teil der Berliner Mauer lief, haben dazu geführt, dass auf dem großen Gelände nur etwa 230 Gräber erhalten geblieben sind. Ein Förderverein des Friedhofs bemüht sich seit 1992 um Bewahrung und Restaurierung der Anlage und Grabstätten.

Am Ende des Friedhofes erinnert eine Gedenkwand an die DDR-Flüchtlinge, die hier ihr Leben verloren, nur weil sie ihr Land verlassen wollten. Wie unmenschlich die Grenze war, zeigt ein paar Meter weiter an der Kieler Straße der wuchtige Wachturm der DDR-Grenzsoldaten.

Der Turm soll an alle Mauertoten erinnern und speziell an Günter Litfin, der bei einem Fluchtversuch 1961 erschossen wurde. Er gilt als erstes Opfer der Berliner Mauer und erlangte so traurige Berühmtheit. Von Mai bis September ist der Turm am Wochenende zwischen 11 und 17 Uhr geöffnet. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt

Montag, 27. März 2023

Ein Ruheplatz für Beamte

Moabiter Gefängnis hatte einen eigenen Friedhof

Moabit I Als man in der Lehrter Straße, unweit des Hauptbahnhofes im Ortsteil Moabit im Bezirk Mitte, 1842 den Friedhof für ein Gefängnis anlegte, konnten sich auch die Vollzugsbeamten schon einen „Ruheplatz“ für später aussuchen. Der „Beamtenfriedhof“ diente als Begräbnisstätte für die Vollzugsbeamten des angrenzenden Gefängnisses Lehrter Straße. Gegenüber lag der Gefangenenfriedhof auf dem sogenannten Anstaltsgartenland.

Die Reste des Friedhofes liegen heute zwischen einer Kleingartenkolonie. Am Gefängnis entstanden damals neben dem zentralen Überwachungsturm, außerhalb der Mauern eine Kirche und Wohnungen für die Beamten und deren Familienangehörige (mit Blick auf den Friedhof).

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Nach dem Abriss des Moabiter Zellengefängnisses war der Anstaltsfriedhof 1958 formell entwidmet worden. Während der Friedhofsteil für die Gefangenen den Kleingärten zugeordnet wurde, wurde der Beamtenfriedhof bewahrt und ist inzwischen in die Berliner Gartendenkmalliste aufgenommen worden. Er wird von einem schlichten, schmiedeeisernen Gitter eingefriedet. Die Grabsteine sind zum Teil verfallen oder von Efeu überwuchert und stehen im Schatten alter Linden- und Ahornbäume, die dem gesamten Areal eine mystische Atmosphäre verleihen. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt

Sonntag, 19. März 2023

In Steglitz steht die Wiege der „Wandervögel“

 Wandern ist immer noch ein deutscher Volkssport

Im Steglitzer Stadtpark (zwischen Sedan- und Klingsorstraße) steht ein wenig versteckt unter hohen Bäumen ein Findling zu Ehren der Gründung der Wandervögel 1901.

Es waren hauptsächlich Schüler vom Gymnasium Steglitz und Studenten, unter Anführung von Karl Fischer, die eine Bewegung ins Leben riefen, um der fortschreitenden Industrialisierung in den Städten entgegenzuwirken.

Sie wollten einen Gegenpol setzen und sich von den engen Vorgaben des schulischen und gesellschaftlichen Umfelds lösen, um sich in der freien Natur eine eigene Lebensart zu erfüllen.

Die „Wandervögel“ waren geboren. Sie gaben sich ihren Namen, nachdem ein Gründungsmitglied auf einem Grabstein einen Text entdeckte: "Wer hat euch Wandervögeln / die Wissenschaft geschenkt / dass ihr auf Land und Meeren / die Flügel sicher lenkt...". Mit Klampfe (Gitarre), Wanderschuhen, Mütze und Rucksack ging es in die nächstliegende Natur.

Es war der Beginn einer Jugendbewegung, die auch für Reformpädagogik und Freikörperkultur im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts wichtige Impulse setzte. Die Idee, in der Freizeit gemeinsam "auf Fahrt" zu gehen, fand rasch auch über Steglitz hinaus Verbreitung, und der "Wandervogel" gab einer ganzen Jugendbewegung ihren Namen.

Schon wenige Jahre später hatten sich im Deutschen Reich verschiedene Wandervogel-Bünde gebildet, die sich 1913 zum Wandervogel e.V. mit 25.000 Mitgliedern zusammenschlossen. Mit dem Anwachsen der Bewegung kam es aber auch oft zu abweichenden Leitvorstellungen und Schwerpunkten, die zu vielfältigen Abspaltungen und Neugründungen führten. Umstritten waren Fragen der Mädchenbeteiligung und der Alkohol- und Nikotinabstinenz, über das Outfit und darüber, ob Jungen und Mädchen vereint oder getrennt wandern sollten. Es gab sogar Versuche, in den eigenen Reihen die Homosexualität erfahrbar zu machen, ein zu Beginn des 20. Jahrhunderts geächtetes und strafwürdiges Unterfangen. Gegenüber politischem Einfluss und Vereinnahmung versuchten die Wandervogel-Verantwortlichen meist Neutralität zu wahren.

Der Erste Weltkrieg schuf neue Verhältnisse für die Jugendbewegung. Tausende junge Menschen mussten in den Krieg ziehen.

Ein entscheidender Einschnitt war die nationalsozialistische Auflösung bzw. Zwangseingliederung der Jugendbünde in die Hitlerjugend.

Die nach dem Zweiten Weltkrieg gegründeten Nachfolgeorganisationen tragen das Erbe weiter. Unabhängig von den Wandervogelbündnissen ist das Wandern immer noch ein deutscher Volkssport. Viele Vereine sind im „Verband deutscher Gebirgs- und Wandervereine" zusammengeschlossen, der heute etwa 600.000 Mitglieder umfasst und viele Menschen in Bewegung hält. Text und Foto: Klaus Tolkmitt

Samstag, 11. März 2023

Spektakuläre Skulptur zum Fall der Mauer

Amerikaner schenken den Deutschen ein Pferde-Monument

Berlin-Zehlendorf I Eine riesige Skulptur in der Nähe des Alliiertenmuseums an der Clayallee in Berlin-Zehlendorf soll an den Tag erinnern, an dem in Berlin die Mauer fiel. Der Zusammenbruch der Berliner Mauer am 9. November 1989 war für die amerikanische Künstlerin Veryl Goodnight ein Moment der Freude, die sie mit dieser überdimensionalen Skulptur ausdrücken wollte. 


Die Zusammensetzung des Monuments besteht aus fünf wilden Pferden, die durch Trümmer der eingestürzten Berliner Mauer laufen. Die Skulptur „The Day the Wall Came Down“ ist ein Freundschaftsgeschenk des amerikanischen Volkes an die Menschen in Deutschland und wurde 1998 zum 50. Jahrestag der „Berliner Luftbrücke“ aufgestellt und vom damaligen amerikanischen Präsidenten George Bush eingeweiht.

Für das circa 4 Meter hohe und circa 7,5 Tonnen schwere Memorial hatte die Künstlerin mit ihrem Mann in den USA über eine Million Dollar Spendengelder gesammelt.

Eine Kopie der Skulptur steht im zentralen Innenhof der George Bush Presidential Library, neben dem Campus der Texas A & M University. Sie wurde 1996 geformt und erst im Stone Mountain Park in der Nähe von Atlanta, Georgia, für die Olympischen Spiele installiert, bevor sie auf dem Gelände der College Station ausgestellt wurde.

"Der Tag, an dem die Mauer fiel" handelt nicht von Pferden. Es geht um Freiheit. Und Pferde werden gern von Künstlern benutzt, um Freiheit darzustellen. In diesem Monument symbolisieren die Pferde das persönliche Streben nach Freiheit, das von Menschen aller Nationen geteilt wird. Die Berliner Mauer war eine visuelle Erinnerung an die Unterdrückung, die in vielen Teilen der Welt noch immer herrscht. Veryl Goodnight, Jahrgang 1947, ist Bildhauerin und lebt seit 2006 in Mancos, Colorado. Sie ist bekannt für eine realistische Darstellung von Pferden. 2016 wurde sie in das National Cowgirl Museum und in die Hall of Fame in Fort Worth, Texas, aufgenommen. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt

Mittwoch, 8. März 2023

Ein Wannenbad wie im antiken Rom

Badewannen aus den Thermen des römischen Kaisers

Das Alte Museum am Lustgarten im Berliner Ortsteil Mitte gehört zum Bauensemble der Museumsinsel und damit zum Weltkulturerbe der UNESCO. Eingerahmt vom Berliner Dom, dem neuen Humboldtforum und dem Zeughaus, wurde das Museum 1830 von Karl Friedrich Schinkel im deutschen Klassizismus erbaut.

Wer näher herangeht, wird neben dem Haupteingang in der Säulenhalle zwei wunderschön verzierte Badewannen entdecken, die im Sommer mit erfrischendem Nass für eine angenehme Abkühlung sorgen. Natürlich geht das heute nicht mehr, doch im antiken Rom, wo einst die monumentalen Wannen in den Thermen des römischen Kaisers Diokletian gestanden haben, war das abkühlende Bad durchaus üblich. Seit 1818 sind die Wannen aus Rosengranit in Berlin und seit 1997 zieren sie das Museum.

Diese und andere Entdeckungen habe ich mit der lialo-Tour: „Berliner Highlights Hop on Hop off mit dem Bus 100“ gemacht.

Wie auf einer Schnitzeljagd verlässt man den Linienbus zwischen dem Alexanderplatz und dem Breitscheidplatz an verschiedenen Haltestellen und geht auf Entdeckungstour. Man braucht nur sein Smartphone und diesen Link: Bus 100 und schon kann es losgehen. Geeignet für Berlin-Besucher und Berliner*innen gleichermaßen. 

Die Tour lässt sich jederzeit starten und beenden und macht noch mehr Spaß zusammen mit der Familie oder mit Freunden. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt

Donnerstag, 2. März 2023

Felsbrocken aus fünf Kontinenten am Platz der Nationen

Granitsteine ersetzen Denkmal

Berlin-Friedrichshain I Warum der Platz zwischen Mollstraße und Landsberger Allee im Berliner Ortsteil Friedrichshain „Platz der Vereinten Nationen" heißt, weiß niemand so recht. Und was nur wenige wissen, 1864 nannte man den Kreuzungsbereich der Nord-Süd-Achse noch Landsberger Platz.

Bekannt sein dürfte er bei vielen Berlinern jedoch als „Leninplatz“. Nach dem Ende des Krieges und der Räumung der Trümmerflächen wurde der Platz 1950 nach dem russischen Revolutionsführer umbenannt. Viel mehr noch, aus Anlass des 100. Geburtstags von Lenin entstand bis 1970 ein völlig neues Stadtquartier mit dem neugestalteten Leninplatz und dem monumentalen Lenin-Denkmal aus poliertem rotem Granit.

Für Lenin war die Diktatur des Proletariats das einzig mögliche demokratische System. Man verehrte ihn unter anderem als Schöpfer des ersten sozialistischen Staates. Aber der sogenannte "Rote Terror" machte Millionen von Menschen zu Opfern. Lenin gelang es nicht, zum Wohle Russlands Gerechtigkeit und Gleichheit einzuführen - so wie es sein ausdrückliches Ziel war. Stattdessen herrschte Gewalt, Chaos, Anarchie und Unterdrückung.

Deshalb gingen nach der deutschen Wiedervereinigung die Meinungen zu Lenins Herrschaft im Kreml weit auseinander. So sehen noch heute überzeugte „Bolschewisten“, die 1991 gegen den Abriss des Denkmals protestierten, Lenin als Helden an. Andere überklebten noch vor dem Abriss die Straßenschilder und ersetzten sie durch die Bezeichnung „Ritter-Runkel-Platz“, um sich über die Diskussionen zur Umbenennung in „Platz der Vereinen Nationen“ lustig zu machen. Ritter Runkel war zu DDR-Zeiten eine beliebte Comic-Figur.

Mag man über den heutigen Namen, der seit März 1992 seine Gültigkeit hat, trefflich streiten, das Lenin-Denkmal ist Geschichte, nur Lenins Kopf ist nach der „Verbannung“ wieder aufgetaucht und ziert eine Ausstellung in der Zitadelle in Spandau.

Seit 1994 liegen stattliche Felsbrocken in einem Brunnen auf dem begrünten Platz, der nach der Organisation der Vereinten Nationen (UNO) benannt wurde. Auf einer Natursteinfläche sind insgesamt 14 große Findlinge platziert, mit einem Gewicht von bis zu 24 Tonnen. Die groben Granitsteine mit Wassersprudel sollen die fünf bewohnten Erdteile darstellen. Kleine Namensschilder verraten, von welchem Kontinent sie stammen und in welchem Land sie gefunden wurden. 

Text und Fotos: Klaus Tolkmitt