Montag, 19. September 2022

Der „schiefe Turm“ von Stralau

Älteste Kirche in Friedrichshain

Auf einem Spaziergang am Ufer der Spree lässt sich ein Stück Berliner Mittelalter entdecken, denn der Sakralbau der Stralauer Dorfkirche geht auf das Jahr 1459 zurück.

Die auf einer Landzunge zwischen Spree und Rummelsburger Bucht gelegene Kirche gilt als älteste Kirche des Ortsteils Friedrichshain im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg.

Sie hat in den Jahrhunderten vieles erlebt und überstanden, jedoch der Bombenangriff im zweiten Weltkrieg hat ihr arg zugesetzt.

Beim Wiederaufbau wurde offenbar der Krater nicht ausreichend aufgefüllt, die Folgen sind heute zu sehen. Der Turm hat eine Schieflage und ist seither bekannt als der „schiefe Turm von Stralau“, in Anlehnung an den schiefen Turm von Pisa.

Was viele aber nicht wissen, der Stralauer Kirchenturm soll bereits 1934 eine Schieflage aufgewiesen haben. Wie dem auch sei, heute neigt er sich um 1,1 Grad mehr als sein italienischer „Kollege“, ohne dessen Berühmtheit erlangt zu haben.

Seit 1992 trägt der Förderverein dazu bei, die schöne Stralauer Dorfkirche zu erhalten, zu pflegen und mit Leben zu füllen. An jedem ersten Sonntagmorgen im Monat bietet die Kirchengemeinde einen Gottesdienst an. Im Sommerhalbjahr (Mai - August) ist die Kirche sonntags von 11:00 – 15:00 geöffnet. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt

Freitag, 16. September 2022

Der Molecule Man erhebt sich aus der Spree

Großskulptur aus Aluminiumplatten reflektiert das Sonnenlicht

Die Berliner nennen die Skulptur liebevoll „Dreikäsehoch“, dabei ragt der „Molecule Man“ in der Spree in Treptow 30 Meter in die Höhe und hat immerhin ein Gewicht von 45 Tonnen.

Das Monumentalkunstwerk wurde im Mai 1999 von dem amerikanischen Bildhauer Jonathan Borofsky geschaffen, der seine Berliner Arbeit als größtes Werk bezeichnet und das Zusammentreffen der drei Berliner Ost- und West-Bezirke Friedrichshain, Kreuzberg und Treptow symbolisieren wollte.

Die Skulptur ist Teil der Kunstsammlung der "Allianz" vor und in den "Treptowers". Ein kleineres, nur 30 Fuß hohes Exemplar der Skulptur aus dem Jahr 1991 steht vor dem Civic Center in Los Angeles.

Das Kunstwerk ist aus wetterfesten, gelochten Aluminiumplatten, die sich gegenüberstehen und in der Mitte treffen. Der Künstler will daran erinnern, „dass sowohl der Mensch als auch die Moleküle in einer Welt der Wahrscheinlichkeit existieren und das Ziel aller kreativen und geistigen Traditionen ist, Ganzheit und Einheit innerhalb der Welt zu finden“.

Die Oberflächen der Plastik sind so angeschliffen, dass sie das Sonnenlicht reflektieren und je nach Sonnenstand ihre Oberfläche


variieren. Am Geländer der Promenade ist eine Infotafel mit einem Foto des Künstlers angebracht.

Der Molecule Man gehört inzwischen zu den Sehenswürdigkeiten von Berlin, die man auch gesehen haben muss. Am besten geht das von der Oberbaumbrücke, von der Stralauer Allee (Osthafen), der Elsenbrücke und aus den vorüberführenden S-Bahnen. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt

Tankstelle erinnert an die 1920er Jahre

Eine Garage für zwei Reichsmark am Tag

Man muss schon genau hinschauen, um die ehemalige Tankstelle als solche zu erkennen. An der Ecke Heilbronner Straße / Holtzendorffstraße im Berliner Bezirk Charlottenburg drohte die denkmalgeschützte Anlage langsam zu verfallen, obwohl oder gerade, weil sie unter Denkmalschutz steht.

Die Holtzendorff-Garagen und die öffentliche Tankstelle im Ortsteil Halensee wurden 1929 fertiggestellt. Bauherr war die Deutsche Mineralöl-Vertriebs-Gesellschaft mbH (Minex), die bis 2002 den Betrieb führte und dann das Gelände an die Deutsche Bahn verkaufte. Während die zahlreichen Garagen über die Jahrzehnte zusehends verfielen, konnte die Tankstelle „gerettet“ werden. Allerdings verfolgt sie nicht mehr ihren ursprünglichen Zweck, Benzin zu verkaufen, sondern zeigt heute interessierten Berlinern, wie es vor 100 Jahren in der Stadt zum Teil ausgesehen hat.

Wie bei allen Großgaragen der damaligen Zeit üblich, wurden hier Automobile geparkt, repariert, gewartet und natürlich mit Kraftstoffen versorgt. Einst waren hier 47 Einzelgaragen, die für etwa zwei Reichsmark (umgerechnet in heutiger Währung wären das etwa 7 Euro) am Tag gemietet werden konnten. Die Zufahrt zum Garagenhof erfolgte über die Tankstelle.

Obwohl 2009 unter Denkmalschutz gestellt, verfielen die Garagen, bzw. waren sie dem Vandalismus ausgesetzt. Die wenigen Gewerbetreibenden, die es bis dato noch gab, zogen sich zurück.

Nach jahrelangem Stillstand sind inzwischen die Garagen im Rahmen einer neuen Bebauung mit 40 Wohneinheiten, als Zwei- bis Vier-Zimmer-Wohnungen, gänzlich verschwunden und nur noch die Tankstelle erinnert an die stark wachsende Automobilbranche der 1920er Jahre in Berlin. Das im Stil der Klassischen Moderne errichtete Ensemble soll (so die Planungen) in enger Abstimmung mit der Denkmalbehörde zu einem Café umgebaut werden. Im Erdgeschoss des Wohnhauses befinden sich Ladenflächen.

Bleibt zu hoffen, dass das Tankstellen-Relikt mit der markanten Architektur die heutige Zeit übersteht und als Zeitzeuge einer späteren Generation als Beispiel dient, wie früher geplant oder gebaut wurde. Text: Klaus Tolkmitt, Fotos: Klaus Tolkmitt, Renè Hartmann.

Sonntag, 4. September 2022

Stadtspaziergänge zu Naturdenkmälern

Der Kaukasische Flügelnussbaum im Tiergarten

 

Alexander von Humboldt, Berlins größter Naturforscher seiner Zeit, benutzte den Begriff „Naturdenkmale“ wohl das erste Mal.

Bei einem Naturdenkmal handelt es sich um ein entstandenes Landschaftselement, mit einer naturgeschichtlichen und landeskundlichen Bedeutung, Seltenheit, Eigenart und Schönheit.

In Berlin stehen ca. 600 alte oder wertvolle Bäume unter Schutz. Es können aber auch Findlinge, Pfuhle, Moore, Toteislöcher oder Wanderdünen als Naturdenkmal ausgewiesen werden, deren Ursprung bis in die Eiszeit zurückgeht. Sie sind an Straßen, auf Friedhöfen, in Parks und im Wald zu finden.

Wir wollen die Spuren aufnehmen und die schönsten und interessantesten Naturdenkmale beschreiben und vorstellen.

Im Englischen Garten, in der Nähe des Teehauses, steht ein prächtiger Kaukasischer Flügelnussbaum. Dieser Baum ist eigentlich in den Bergwäldern vom Kaukasus bis zum nördlichen Iran zuhause. Der Baum kommt vor allem auf Anschwemmungen entlang von Flüssen vor, wo er durch Schösslinge oft ein Dickicht bildet. Er verlangt einen feuchten Standort, erträgt dafür kurzfristige Überschwemmungen.

Aber schon seit 150 Jahren ist er in Parkanlagen und großen Gärten außerhalb seines Ursprunglandes vorzufinden. Seinen Namen verdankt der Baum den halbkreisförmigen geflügelten Nüsschen und zur Blüte im Mai zeigt der Flügelnussbaum seine grünen hängenden Kätzchen.


Das sehenswerte Exemplar im Tiergarten hat jetzt schon eine stattliche Höhe und Breite, die sich aber noch weiter entwickeln wird.

Wer noch mehr über die Berliner Naturdenkmäler wissen möchte, kann auch auf Spurensuche mit lialo.com gehen. So gibt es eine spezielle lialo-Tour zu den Naturdenkmälern im Wedding. Der Link: https://www.lialo.com/tour/e027 führt direkt zur Tour, die am Kurt-Schumacher-Platz beginnt.

Auf dem Weg zwischen dem U-Bahnhof Kurt-Schumacher-Platz und dem Augustenburger Platz am Virchow Klinikum, besuchen wir eine mysteriöse Stadt-Sand-Düne, streifen diverse Seen, bestaunen Naturdenkmäler im Volkspark Rehberge, im Goethepark und am Plötzensee, bevor wir vor einer prächtigen Rosskastanie die Tour beenden.

Die Serie über die Naturdenkmale hat ein offenes Ende, weil immer wieder neue Exemplare dazukommen werden. 

Text und Foto: Klaus Tolkmitt

Mittwoch, 31. August 2022

Treffpunkt von Künstlern und Intellektuellen

Der Prager Platz kennt keine namenlosen Helden

Berlin Besuchern ist der Prager Platz vielleicht noch nicht so bekannt, dafür nutzen die Berliner*innen aus den umliegenden Wohnvierteln nach einem Bummel durch die Einkaufspassage umso mehr die zahlreichen Bänke für eine erholsame Verschnaufpause.

Der Prager Platz, der im Ortsteil Wilmersdorf an der Grenze zum Bayerischen Viertel im Ortsteil Schöneberg liegt, ist mit seiner Grünanlage, einschließlich einer Fontäne auf der Mittelinsel, ein Ruhepol in dem sonst eher hektischen Alltagsleben.

Der Platz wurde 1870 als Schmuckplatz angelegt und hieß bis 1888 Halberstädter Platz.

Der Name erinnert an den Prager Frieden am 23. August 1866, der den Deutschen Krieg zwischen Preußen und Österreich beendete. 1904 erhielt der Platz eine Grünanlage und 1907 Wohngebäude im Stil der späten Gründerzeit.

Mit Beginn des 20. Jahrhunderts war der Prager Platz ein kulturelles Zentrum des Berliner Westens. Hier und in den umliegenden Straßen lebten und trafen sich Künstler und Intellektuelle wie Albert Einstein und Egon Erwin Kisch. Erich Kästner hat dem Prager Platz mit seinem Kinderroman von “Emil und die Detektive” ein literarisches Denkmal gesetzt. Er wohnte von 1927 bis 1931 in der Prager Straße. Eine Gedenktafel am Haus Nummer 8 erinnert an diese Zeit.

Die „Prager Diele“ an der Ecke Trautenaustraße (gibt es leider nicht mehr) war in den 1920er Jahren ein Treffpunkt russischer Intellektueller, die als Emigranten oder „Revolutionstouristen“ nach Berlin gekommen waren.  Zu ihnen zählten die Schriftsteller Vladimir Nabokov, Boris Pasternak und Maxim Gorki. Der Zweite Weltkrieg beendete allerdings diese Glanzzeit des Prager Platzes, der weitestgehend zerstört wurde

1986 wurde der Platz entsprechend seiner historischen Struktur neu gestaltet. 1987 wurde er als Teil der Internationalen Bauausstellung “IBA” zum besonderen Stadtplanungsprojekt, das im Juni 2002 mit der Eröffnung der “Prager Passage” abgeschlossen wurde. Die neuen Gebäude zeigen den traditionellen Stil der Eckbebauung an den Straßeneinmündungen.

An der Einmündung der Trautenaustraße fällt eine Steinskulptur besonders ins Auge.

Die Skulptur des tschechischen Bildhauers Miroslav Vochta, gestiftet von der R.M.Rilke-Stiftung und der Stadt Prag, Partnerstadt von Berlin, wurde 2007 auf dem Prager Platz enthüllt. Der Granit für das Monument wurde in dem berühmten Steinbruch von Mrakotin auf der historischen Grenze zwischen Böhmen und Mähren geschlagen.

In den Stein sind Zitate des in Prag geborenen Dichters Rainer Maria Rilke eingraviert. Das Monument ist Teil des Projektes “Unsere Geschichte kennt keine namenlosen Helden”. Es soll für die friedliche und freundschaftliche Nachbarschaft von Deutschen und Tschechen stehen.

Wer noch mehr über die Gegend um den Prager Platz wissen möchte, der sollte eine Tour mit lialo.com und „Emil und den Detektiven“ machen. Spielerisch wird an den original Schauplätzen Erich Kästners Geschichte nacherzählt. Kleine Aufgaben und Rätsel machen aus dem Spaziergang eine „Schnitzeljagd“ für junge und ältere Teilnehmer. Mit einem Smartphone und dem Link: Emil und die Detektive kann man die kostenlose App sofort starten.

Eine weitere Tour führt zu beliebten Berliner Plätzen. Start ist am Viktoria-Luise-Platz. Der Link zur Tour: Beliebte Berliner Plätze Text und Fotos: Klaus Tolkmitt