Freitag, 16. September 2022

Tankstelle erinnert an die 1920er Jahre

Eine Garage für zwei Reichsmark am Tag

Man muss schon genau hinschauen, um die ehemalige Tankstelle als solche zu erkennen. An der Ecke Heilbronner Straße / Holtzendorffstraße im Berliner Bezirk Charlottenburg drohte die denkmalgeschützte Anlage langsam zu verfallen, obwohl oder gerade, weil sie unter Denkmalschutz steht.

Die Holtzendorff-Garagen und die öffentliche Tankstelle im Ortsteil Halensee wurden 1929 fertiggestellt. Bauherr war die Deutsche Mineralöl-Vertriebs-Gesellschaft mbH (Minex), die bis 2002 den Betrieb führte und dann das Gelände an die Deutsche Bahn verkaufte. Während die zahlreichen Garagen über die Jahrzehnte zusehends verfielen, konnte die Tankstelle „gerettet“ werden. Allerdings verfolgt sie nicht mehr ihren ursprünglichen Zweck, Benzin zu verkaufen, sondern zeigt heute interessierten Berlinern, wie es vor 100 Jahren in der Stadt zum Teil ausgesehen hat.

Wie bei allen Großgaragen der damaligen Zeit üblich, wurden hier Automobile geparkt, repariert, gewartet und natürlich mit Kraftstoffen versorgt. Einst waren hier 47 Einzelgaragen, die für etwa zwei Reichsmark (umgerechnet in heutiger Währung wären das etwa 7 Euro) am Tag gemietet werden konnten. Die Zufahrt zum Garagenhof erfolgte über die Tankstelle.

Obwohl 2009 unter Denkmalschutz gestellt, verfielen die Garagen, bzw. waren sie dem Vandalismus ausgesetzt. Die wenigen Gewerbetreibenden, die es bis dato noch gab, zogen sich zurück.

Nach jahrelangem Stillstand sind inzwischen die Garagen im Rahmen einer neuen Bebauung mit 40 Wohneinheiten, als Zwei- bis Vier-Zimmer-Wohnungen, gänzlich verschwunden und nur noch die Tankstelle erinnert an die stark wachsende Automobilbranche der 1920er Jahre in Berlin. Das im Stil der Klassischen Moderne errichtete Ensemble soll (so die Planungen) in enger Abstimmung mit der Denkmalbehörde zu einem Café umgebaut werden. Im Erdgeschoss des Wohnhauses befinden sich Ladenflächen.

Bleibt zu hoffen, dass das Tankstellen-Relikt mit der markanten Architektur die heutige Zeit übersteht und als Zeitzeuge einer späteren Generation als Beispiel dient, wie früher geplant oder gebaut wurde. Text: Klaus Tolkmitt, Fotos: Klaus Tolkmitt, Renè Hartmann.

Sonntag, 4. September 2022

Stadtspaziergänge zu Naturdenkmälern

Der Kaukasische Flügelnussbaum im Tiergarten

 

Alexander von Humboldt, Berlins größter Naturforscher seiner Zeit, benutzte den Begriff „Naturdenkmale“ wohl das erste Mal.

Bei einem Naturdenkmal handelt es sich um ein entstandenes Landschaftselement, mit einer naturgeschichtlichen und landeskundlichen Bedeutung, Seltenheit, Eigenart und Schönheit.

In Berlin stehen ca. 600 alte oder wertvolle Bäume unter Schutz. Es können aber auch Findlinge, Pfuhle, Moore, Toteislöcher oder Wanderdünen als Naturdenkmal ausgewiesen werden, deren Ursprung bis in die Eiszeit zurückgeht. Sie sind an Straßen, auf Friedhöfen, in Parks und im Wald zu finden.

Wir wollen die Spuren aufnehmen und die schönsten und interessantesten Naturdenkmale beschreiben und vorstellen.

Im Englischen Garten, in der Nähe des Teehauses, steht ein prächtiger Kaukasischer Flügelnussbaum. Dieser Baum ist eigentlich in den Bergwäldern vom Kaukasus bis zum nördlichen Iran zuhause. Der Baum kommt vor allem auf Anschwemmungen entlang von Flüssen vor, wo er durch Schösslinge oft ein Dickicht bildet. Er verlangt einen feuchten Standort, erträgt dafür kurzfristige Überschwemmungen.

Aber schon seit 150 Jahren ist er in Parkanlagen und großen Gärten außerhalb seines Ursprunglandes vorzufinden. Seinen Namen verdankt der Baum den halbkreisförmigen geflügelten Nüsschen und zur Blüte im Mai zeigt der Flügelnussbaum seine grünen hängenden Kätzchen.


Das sehenswerte Exemplar im Tiergarten hat jetzt schon eine stattliche Höhe und Breite, die sich aber noch weiter entwickeln wird.

Wer noch mehr über die Berliner Naturdenkmäler wissen möchte, kann auch auf Spurensuche mit lialo.com gehen. So gibt es eine spezielle lialo-Tour zu den Naturdenkmälern im Wedding. Der Link: https://www.lialo.com/tour/e027 führt direkt zur Tour, die am Kurt-Schumacher-Platz beginnt.

Auf dem Weg zwischen dem U-Bahnhof Kurt-Schumacher-Platz und dem Augustenburger Platz am Virchow Klinikum, besuchen wir eine mysteriöse Stadt-Sand-Düne, streifen diverse Seen, bestaunen Naturdenkmäler im Volkspark Rehberge, im Goethepark und am Plötzensee, bevor wir vor einer prächtigen Rosskastanie die Tour beenden.

Die Serie über die Naturdenkmale hat ein offenes Ende, weil immer wieder neue Exemplare dazukommen werden. 

Text und Foto: Klaus Tolkmitt

Mittwoch, 31. August 2022

Treffpunkt von Künstlern und Intellektuellen

Der Prager Platz kennt keine namenlosen Helden

Berlin Besuchern ist der Prager Platz vielleicht noch nicht so bekannt, dafür nutzen die Berliner*innen aus den umliegenden Wohnvierteln nach einem Bummel durch die Einkaufspassage umso mehr die zahlreichen Bänke für eine erholsame Verschnaufpause.

Der Prager Platz, der im Ortsteil Wilmersdorf an der Grenze zum Bayerischen Viertel im Ortsteil Schöneberg liegt, ist mit seiner Grünanlage, einschließlich einer Fontäne auf der Mittelinsel, ein Ruhepol in dem sonst eher hektischen Alltagsleben.

Der Platz wurde 1870 als Schmuckplatz angelegt und hieß bis 1888 Halberstädter Platz.

Der Name erinnert an den Prager Frieden am 23. August 1866, der den Deutschen Krieg zwischen Preußen und Österreich beendete. 1904 erhielt der Platz eine Grünanlage und 1907 Wohngebäude im Stil der späten Gründerzeit.

Mit Beginn des 20. Jahrhunderts war der Prager Platz ein kulturelles Zentrum des Berliner Westens. Hier und in den umliegenden Straßen lebten und trafen sich Künstler und Intellektuelle wie Albert Einstein und Egon Erwin Kisch. Erich Kästner hat dem Prager Platz mit seinem Kinderroman von “Emil und die Detektive” ein literarisches Denkmal gesetzt. Er wohnte von 1927 bis 1931 in der Prager Straße. Eine Gedenktafel am Haus Nummer 8 erinnert an diese Zeit.

Die „Prager Diele“ an der Ecke Trautenaustraße (gibt es leider nicht mehr) war in den 1920er Jahren ein Treffpunkt russischer Intellektueller, die als Emigranten oder „Revolutionstouristen“ nach Berlin gekommen waren.  Zu ihnen zählten die Schriftsteller Vladimir Nabokov, Boris Pasternak und Maxim Gorki. Der Zweite Weltkrieg beendete allerdings diese Glanzzeit des Prager Platzes, der weitestgehend zerstört wurde

1986 wurde der Platz entsprechend seiner historischen Struktur neu gestaltet. 1987 wurde er als Teil der Internationalen Bauausstellung “IBA” zum besonderen Stadtplanungsprojekt, das im Juni 2002 mit der Eröffnung der “Prager Passage” abgeschlossen wurde. Die neuen Gebäude zeigen den traditionellen Stil der Eckbebauung an den Straßeneinmündungen.

An der Einmündung der Trautenaustraße fällt eine Steinskulptur besonders ins Auge.

Die Skulptur des tschechischen Bildhauers Miroslav Vochta, gestiftet von der R.M.Rilke-Stiftung und der Stadt Prag, Partnerstadt von Berlin, wurde 2007 auf dem Prager Platz enthüllt. Der Granit für das Monument wurde in dem berühmten Steinbruch von Mrakotin auf der historischen Grenze zwischen Böhmen und Mähren geschlagen.

In den Stein sind Zitate des in Prag geborenen Dichters Rainer Maria Rilke eingraviert. Das Monument ist Teil des Projektes “Unsere Geschichte kennt keine namenlosen Helden”. Es soll für die friedliche und freundschaftliche Nachbarschaft von Deutschen und Tschechen stehen.

Wer noch mehr über die Gegend um den Prager Platz wissen möchte, der sollte eine Tour mit lialo.com und „Emil und den Detektiven“ machen. Spielerisch wird an den original Schauplätzen Erich Kästners Geschichte nacherzählt. Kleine Aufgaben und Rätsel machen aus dem Spaziergang eine „Schnitzeljagd“ für junge und ältere Teilnehmer. Mit einem Smartphone und dem Link: Emil und die Detektive kann man die kostenlose App sofort starten.

Eine weitere Tour führt zu beliebten Berliner Plätzen. Start ist am Viktoria-Luise-Platz. Der Link zur Tour: Beliebte Berliner Plätze Text und Fotos: Klaus Tolkmitt

Donnerstag, 18. August 2022

Der Adler von Tempelhof

Ein wenig einsam, dennoch stolz und mit stechendem Blick steht auf einem Sockel vor dem ehemaligen Berliner Zentralflughafen Tempelhof ein Adlerkopf.

Könnte der Greifvogel, Symbol Deutscher Geschichte, von seinen Erlebnissen berichten, seine Erzählungen wären sehr lang. Geschaffen wurde der Metallvogel 1940 vom Bildhauer Wilhelm Lemke, nach einem Entwurf des Flughafen-Architekten Ernst Sagebiel. „Die Figur hatte auf dem Dach der Haupthalle nur eine dekorative Funktion, war nicht als Hoheitszeichen gedacht“, so Sagebiel 1962 in einem Brief. Der gesamte viereinhalb Meter hohe Adlerkörper, von dem jetzt nur noch der Kopf übrig ist, diente Rotarmisten als Kulisse für Siegesfotos, reiste körperlos von Berlin über den Atlantik und wieder zurück, lag zwischendurch jahrzehntelang in einem Museumskeller herum, kam erst durch die private Neugier eines jungen US-Offiziers auf seinen Ehrenplatz am Rande des Flughafen-Vorplatzes.

1962 wurde die Skulptur auf dem Dach des Flughafens zerlegt und entsorgt, bis auf den Kopf, der in das Museum der US-Militärakademie West Point, New York geflogen wurde. Neben den Pistolen von George Washington oder der Sicherungskappe der Atombombe von Nagasaki bewahrt das Museum auch zahlreiche Siegestrophäen aus „Nazi Germany“ auf. Allerdings hatte man keine wirkliche Verwendung für den Kopf und lagerte ihn im Depot ein. David Luders, einst Leutnant bei der U.S. Air Force in Tempelhof forschte nach dem Kopf. Er hatte sich gewundert, dass es zum „Eagle Square“, wie die Amerikaner den Vorplatz des Flughafens nannten gar keinen „Eagle“ gab. Er fand schnell zahlreiche Mitstreiter unter seinen amerikanischen Kameraden und organisierte eine Rückholaktion.

Ende 1984 war der Adlerkopf zurück in Berlin, 1985 wurde er wieder enthüllt – feierlich und mit allen militärischen Ehren. Quelle: Wikipedia, Text und Foto: Klaus Tolkmitt

Montag, 15. August 2022

Amerikaner schenken eine spektakuläre Skulptur

Eine riesige Skulptur in der Nähe des Alliiertenmuseums an der Clayallee in Berlin-Zehlendorf soll an den Tag erinnern, an dem in Berlin die Mauer fiel. Der Zusammenbruch der Berliner Mauer am 9. November 1989 war für die amerikanische Künstlerin Veryl Goodnight ein Moment der Freude, die sie mit dieser überdimensionalen Skulptur ausdrücken wollte.

Die Zusammensetzung des Monuments besteht aus fünf wilden Pferden, die durch Trümmer der eingestürzten Berliner Mauer laufen. Die Skulptur „The Day the Wall Came Down“ ist ein Freundschaftsgeschenk des amerikanischen Volkes an die Menschen in Deutschland und wurde 1998 zum 50. Jahrestag der „Berliner Luftbrücke“ aufgestellt und vom damaligen amerikanischen Präsidenten George Bush eingeweiht. Für das circa 4 Meter hohe und circa 7,5 Tonnen schwere Memorial, hatte die Künstlerin mit ihrem Mann in den USA über eine Million Dollar Spendengelder gesammelt. Eine Kopie der Skulptur steht im zentralen Innenhof der George Bush Presidential Library, neben dem Campus der Texas A & M University.

"Der Tag, an dem die Mauer fiel" handelt nicht von Pferden. Es geht um Freiheit. Und Pferde werden gern von Künstlern benutzt, um Freiheit darzustellen. In diesem Monument symbolisieren die Pferde das persönliche Streben nach Freiheit, das von Menschen aller Nationen geteilt wird. Die Berliner Mauer war eine visuelle Erinnerung an die Unterdrückung, die in vielen Teilen der Welt noch immer herrscht. Veryl Goodnight, Jahrgang 1947, ist Bildhauerin und lebt seit 2006 in Mancos, Colorado. Sie ist bekannt für eine realistische Darstellung von Pferden. 2016 wurde sie in das National Cowgirl Museum und in die Hall of Fame in Fort Worth, Texas, aufgenommen. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt