Mittwoch, 9. Oktober 2019

Das Brecht-Haus in Weissensee


Kein anderer deutscher Schriftsteller hat die Entwicklung der Dramatik des 20. Jahrhunderts weit über Deutschland hinaus so geprägt wie Bertolt Brecht. Seine marxistische Überzeugung und seine kulturpolitisch herausragende Stellung in der DDR führten allerdings dazu, dass man ihm in der Bundesrepublik erst spät den Rang einräumte, der ihm gebührt.
 
Brecht hat das epische Theater beziehungsweise „dialektische Theater“ begründet und umgesetzt. Etwa ab 1926 befasste er sich mit den marxistischen Theoretikern und mit dem dialektischen Materialismus. 1928/29 besuchte er die »Marxistische Arbeiter-Schule«. In dieser Phase entwickelte Brecht sein »episch-dialektisches Theater«. 1928 wurde im Theater am Schiffbauerdamm in Berlin »Die Dreigroschenoper« mit der Musik von Kurt Weill uraufgeführt, die zu einem der größten Bühnenerfolge der Weimarer Zeit wurde.

Während seiner Zeit in Berlin, lebte er von 1949 bis 1953 mit Helene Weigel in Berlin-Weissensee, in der Berliner Allee 185. Es war mal eine herrschaftliche Villa im neoklassizistischen Stil erbaut, die ursprünglich unter Denkmalschutz gestellt werden sollte. Aus Kostengründen wurde das Vorhaben jedoch eingestellt. Das historische Brecht-Haus ist heute in Privatbesitz und sieht leider ein wenig trostlos aus. Lediglich der Schriftzug „Brecht Haus Weissensee“ am Giebel des Hauses erinnert an den großen Schriftsteller. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt

Der Mittelpunkt Berlins



Wer Berlins Mitte sucht, der muss nicht zum Alex oder auf den Kudamm sondern nach Kreuzberg. 

Genauer gesagt in die Alexandrinenstraße 12. Zwischen Straße und Sportplatz befindet sich in einem Grünstreifen Berlins geografische Mitte. Auf einer kleinen unscheinbaren Granitplatte sind die Koordinaten N 52° 30.104 und E 13° 24.151 eingraviert, die die Mitte Berlins sichtbar machen.

Seit 1997 liegt diese Platte eingebettet auf vier kleinen Füßen am Rande eines Fußweges, nachdem die Landesgrenzen zwischen Berlin und Brandenburg neu vermessen wurden. Die Platte wurde von der Steinmetz- und Bildhauerinnung spendiert und hätte eigentlich mehr Aufmerksamkeit verdient. So wie sie sich präsentiert, dient sie Hunden als „Schnupperstein“ (oder auch mehr) und Fußgängern als „Stolperstein“. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt

Der Erfinder der Litfaßsäule

Der König der Reklame

Ernst Theodor Amandus Litfaß (1816 in Berlin geboren und 1874 in Wiesbaden gestorben) war Druckereibesitzer und Verleger. Er ist der Erfinder der nach ihm benannten Litfaßsäule

Angeblich störte ihn das wilde Plakatieren im lebendigen Berlin. Bekanntmachungen und Werbung für Orchesteraufführungen, Theatervorstellungen oder für den Zirkus wurden wild an Mauern und Häuserwände geklebt. Deshalb nahm er sich die Städte Paris, Brüssel und London, die er mehrmals bereist hatte, zum Vorbild. Am 5. Dezember 1854 erhielt er vom Polizeipräsidenten von Hinckeldey die Konzession zur „Errichtung einer Anzahl von Anschlagsäulen auf fiskalischem Straßenterrain zwecks unentgeltlicher Aufnahme der Plakate öffentlicher Behörden und gewerbsmäßiger Veröffentlichungen von Privatanzeigen“.

Am 15. April 1855 wurde die erste Säule an der sogenannten „Ziegenbockswache“
in der Münzstraße (Berlin-Mitte) errichtet, aber erst am 1. Juli 1855 wurden 100 Säulen und 50 Brunnenumhüllungen öffentlich präsentiert. In den folgenden Jahren errichtete Litfaß weitere solcher Reklameträger. Durch seine Weitsicht erkannte Litfaß früh das kommende Geschäft der Reklame und sicherte sich das alleinige Recht zur Plakatierung für Berlin, wodurch er später zu großem Reichtum kam.

Dass man mit der Litfaßsäule an zentralen Orten auffällig werben konnte, wird auch dadurch bestätigt, dass nach dem Tod des Buchdruckers Litfaß in ganz Deutschland solche Säulen aufgestellt wurden. Heute gibt es noch 67.000 Litfaßsäulen in ganz Deutschland, wovon etwa 50.000 zur Werbung für kulturelle Veranstaltungen genutzt werden. Keinem zweiten Deutschen wurden je so viele „Denkmäler“ gesetzt wie Ernst Litfaß.

Eine Litfaß-Säule in Bronze steht seit 2006 in der Münzstraße (Foto Mitte) an der Stelle, wo einst seine erste Annonciersäule stand. Text und Foto: Klaus Tolkmitt 

Berlins erste Ampelanlage

Ampel am Potsdamer Platz
Potsdamer Platz in Berlin galt in den zwanziger Jahren als der verkehrsreichste Platz in Europa

Ein Schutzmann auf einem Hochstand versuchte das Verkehrschaos von zigtausend Autos, Straßenbahnen, Buslinien und 100.000 Fußgängern zu bändigen und nutzte dafür schon mal eine Posaune, um sich Gehör zu verschaffen. 

Der „Posaunenengel“, wie ihn die Berliner liebevoll nannten, wurde dann 1924 von einer acht Meter hohen fünfeckigen Anlage abgelöst. Berlin hatte seine erste dreifarbige Ampel. Heute erinnert ein Replikat am Potsdamer Platz an die erste Lichtsignalanlage in Europa.

Die 1914 installierte Lichtsignalanlage in Cleveland, USA, gilt als erste elektrische Verkehrsampel der Welt und hatte nur zwei Lampen, rot und grün. Die ersten dreifarbigen Lichtsignalanlagen hielten 1920 in Detroit und New York Einzug. Foto: Klaus Tolkmitt

Wo einst Papa Heuss und Günter Grass wohnten

Hier wohnte Theodor Heuss
Vom S-Bahnhof Bundesplatz zur Literaturmeile
Unser Stadtspaziergang durch Friedenau im Bezirk Berlin-Schöneberg/Tempelhof beginnt am S-Bahnhof.  

Verlässt man an der Ostseite den Bahnhof steht man direkt auf dem Varziner Platz.Mit seinen rund 340.000 Einwohnern gehört Schöneberg/Tempelhof zu den größeren Bezirken in der Hauptstadt. 
Vorbei am kleinen Cosima-Kino gelangt man in das Wagner-Viertel. Nichts erinnert mehr an die Radrennbahn, auf der hier noch 1900 sportbegeisterte Radler ihre Bahnen zogen. An gut erhaltenen Fassaden und prachtvollen Mietshäusern kommt man über die Sarrazinstraße auf den Friedrich-Wilhelm-Platz. Hier beginnt die Niedstraße, die landläufig als Literaturmeile Berlins gilt.

Einige Gedenktafeln erinnern an Erich Kästner (Haus Nummer 5), Max Halbe (Haus Nurmmer 10), Uwe Johnson (Haus Nummer 14). Günter Grass, der von 1963 bis 1996 in Friedenau lebte, ist nicht mehr da – die Fischfrau und der Blumenhändler aus seinem Buch "Die Box" auch nicht. Aber sein Klinkerhaus in der Niedstraße 13, das Rathaus und der Wochenmarkt sind geblieben – mit neuen Fisch- und Blumenhändlern und den Friedenauern von heute, die ihren Kiez zwischen Schöneberg und Steglitz lieben.
Gedenktafel für den ersten Bundespräsidenten

Über die Hedwigstraße geht es weiter an der jamaikanischen Botschaft vorbei auf den Renée-Sintenis-Platz, der vom ehemaligen kaiserlichen Postamt beherrscht wird. An der Handjerystraße wechseln sich stuckverzierte Häuser mit modernen Bauten ab. Danach folgt man der Schmargendorfer Straße bis zum Schillerplatz und begibt sich rechts in die Stubenrauchstraße. 

Am Ende der Straße, nach Überquerung des Südwestkorsos, empfiehlt sich ein Rundgang über den städtischen Friedhof. Neben Kriegsgräbern finden sich hier Gräber berühmter Friedenauer, wie Marlene 
Dietrich und Helmut Newton. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt

Das ehemalige Wohnhaus von Günter Grass
 
Die Grabstätte von Marlene Dietrich