Mittwoch, 5. Mai 2021

In Berlin ist die Eiszeit noch sichtbar

Toteislöcher sind Zeugen der Vergangenheit

Es ist kaum vorstellbar, doch vor über 20.000 Jahren war Berlin noch ein Eiskeller, von Gletschern 200 Meter hoch bedeckt. Der heutige Fernsehturm am Alexanderplatz würde bis zur Kugel (mit Restaurant und Aussichtsplattform) im dicken Eis- und Schneepanzer stecken.

Die Gletscher und Schneepanzer der Eiszeit haben bis heute sichtbare geologische Formationen hinterlassen. Markante Höhen und Senken, wie in der Murellenschlucht hinter der Waldbühne im Ortsteil Westend und Gewässer, wie der Weißensee im gleichnamigen Ortsteil sind „Überbleibsel“ aus der Eiszeit. Auch Spree und Havel fließen in ehemaligen Schmelzwasserrinnen.

Weiß man erst einmal, worauf man achten muss, kann man der Eiszeit im gesamten Stadtgebiet auf Schritt und Tritt begegnen. So z.B. mit der Handy-Tour: „Der Berliner Ochse aus Tempelhof“ bei www.lialo.com

Schau mal hier: lialo-Tour durch Tempelhof

Der Krumme Pfuhl auf dem Friedhof Eythstraße, der Hels Pfuhl am Alboinplatz und der Weiher in der Lindenhofsiedlung im Bezirk Tempelhof-Schöneberg liegen in einer eiszeitlichen Rinne und sind jeweils nur knapp 200 Meter voneinander entfernt. Die Struktur des Geländes (ein Auf und Ab) führte wahrscheinlich dazu, dass sich die Bezeichnung „Tempelhofer Schweiz“ eingebürgert hat. 

Der Hels Pfuhl am Alboinplatz

Vom Alboinplatz zieht sich die Seenkette weiter nach Nordosten über den Wilhelmsteich am Lehnepark, den Klarensee im Alten Park bis zum Francketeich im Franckepark östlich des Tempelhofer Damms. Im Südwesten folgt der Hambuttenpfuhl an der Grabertstraße in der ehemaligen Steglitzer Villenkolonie Südende.

Diese Teiche sind Toteisseen oder Toteislöcher, die beim Rückzug des Gletschers entstanden sind. Trennt sich vom Gletscher ein Eisblock ab, spricht man von einem Toteisblock. Strömt nun vom Gletscher weiteres Schmelzwasser ab, kann dieses Sand und Kies um den Eisblock anlagern. Dadurch wird das Eis unter dem Sedimentmaterial isoliert und schmilzt somit langsamer.

Nach dem vollständigen Abschmelzen des Eises entsteht ein Hohlraum, der nach einem Zusammensturz des Sedimentmaterials darüber als Toteisloch oder -kessel bezeichnet wird. Fließt nun Grundwasser in den Kessel, entsteht ein Toteissee. Toteisseen sind meist isoliert und haben keinen Zu- und -abfluss des Wassers.

Mannshohe Findlinge, die uns immer wieder mal begegnen, ist Gestein, das von den Eismassen aus dem Norden zu uns hergeschoben wurde. Nach dem es wieder wärmer wurde und das Eis sich zurückzog, blieben die Findlinge als Transportgut einfach liegen

Wie kommt es zur Eiszeit? Experten erklären es mit einfachen Worten. Die Erde unterliegt zyklischen Schwankungen, die Erdachse verändert sich. Dadurch bekommen die Pole weniger Sonne, das Eis breitet sich aus. Das passiert nicht plötzlich, eher schleichend, im Verlauf von Tausenden von Jahren. Es wurde auch immer mal wieder etwas wärmer.

Der Weiher in der Lindenhofsiedlung

Auch der Berliner Raum veränderte sich. Aus Birken-Kiefern-Wäldern wurde Tundra, eine Kältesteppe mit Dauerfrostboden. Auf der Nordhalbkugel fiel die Temperatur, in Skandinavien wuchsen Gletscher 3000 Meter hoch. Sie banden so viel Wasser, dass der Meeresspiegel um 135 Meter absank. Durch ihr Eigengewicht kamen die Gletschermassen in Bewegung, wanderten nach Süden und schließlich zu uns. Langsam, aber sicher, mit einer Geschwindigkeit von 220 Metern pro Jahr.

In Berlin und Brandenburg verschwanden die letzten Bäume und Sträucher, mit ihnen auch die Tiere: Wollhaar-Mammut, Steppenbison und Rentier, alles Leben wurde vom Eis ausgerottet.

Doch dann kam vor zirka 12.000 Jahren die Wende. Es kam zu einer schnellen und dauerhaften Erwärmung. Der Berliner Gletscher taute, das Schmelzwasser floss Richtung Süden ab, bildete einen mächtigen Strom, der den Untergrund verformte und gestaltete.

So entstand das Urstromtal, in dem wir heute leben. Natürliche Erhebungen wie der Kreuzberg oder Tempelhofer Berg sind nichts anderes als die Uferkanten des bis zu zehn Kilometer breiten Schmelzwasserstroms.

Die Toteislöcher wurden inzwischen in die Liste der Naturdenkmale aufgenommen, um diese naturgeschichtlich wertvollen Beweise dauerhaft zu erhalten.

Wir werden die Eiszeit nicht noch einmal erleben, ganz im Gegenteil, wir befinden uns gerade auf der anderen Seite des Klimas, es wird ständig wärmer. Alles Leben wird eines Tages unter der Hitze leiden und im schlimmsten Fall aussterben. Bis wieder eine zyklische Schwankung auftritt und sich die Erdachse minimal verändert. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt

Montag, 19. April 2021

Ein Besuch bei den Prenzelbergern

 

“Berliner Flair mit mediterraner Note” 

Selbst der Urberliner wundert sich manchmal, wenn er mit offenen Augen durch seinen Kiez spaziert, was es alles Neues in seiner Stadt zu entdecken gibt.   

 „Dalli, Dalli durch das Wins- und Bötzowviertel“, so heißt eine neue Tour durch Prenzlauer Berg, die jetzt ganz einfach mit dem Smartphone abgelaufen werden kann.  

Der Kiezspaziergang geht vorbei an versteckten Kleinnoden, kleinen Boutiquen und Geschäften in wunderschön sanierten Wohnhäusern aus der Zeit um 1900 und erzählt die Geschichte des Viertel. Dabei lassen wir uns inspirieren von der Lebenslust der "Prenzlberger" und genießen den Bummel durch den Kiez.  

Schau mal hier die kostenlose App:  Dalli, Dalli durch das Wins- und Bötzowviertel

Der Weg ist knapp 5 Kilometer lang und kann gemütlich in 3 Stunden bewältigt werden. Allein, oder gemeinsam mit der Familie werden unterwegs kleine Aufgaben und Rätsel gelöst, so wie bei einer Schnitzeljagd. Dabei soll der Spaß im Vordergrund stehen. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt 


 


Samstag, 17. April 2021

Berlins tiefster Punkt

Wer hat`s gewusst? (6)

Berlins tiefster Punkt liegt im Spektesee

Der tiefste Punkt Berlins liegt im Falkenhagener Feld im Bezirk Spandau im Großen Spektesee, der durch Kiesausbaggerungen entstanden ist. Bis 1978 wurde dort Kies abgebaut, anschließend das Gelände renaturiert und 1984 als Naherholungsgebiet eröffnet.

Heute ist der Große Spektesee Teil des Spektegrünzugs, mit Liege- und Spielwiese und ausgebautem Wegenetz für Fußgänger und Radfahrer. Neben einer kleinen öffentlichen Badestelle sind besonders die Beachvolleyballplätze, BMX-Anlage und der Kletterfelsen bei Freizeitsportlern beliebt.

Der See ist rund sieben Hektar groß und bis zu 11,9 Meter tief. Namensgeber für den See war die Spekte, die einst als kleiner Bach in den Feuchtgebieten des Havellandes entsprang und bei Spandau in die Havel mündete. Zu weiten Teilen ist der See als verpachtetes Angelgewässer ausgewiesen.  Text und Fotos: Klaus Tolkmitt

Mittwoch, 14. April 2021

Die Brücke mit dem fischschwänzigen Widder

Die Gotzkowskybrücke verbindet Charlottenburg mit Moabit

Wo einst eine Fähre die Berliner zwischen den heutigen Berliner Ortsteilen Charlottenburg und Moabit über die Spree setzte, steht jetzt die Gotzkowskybrücke zwischen der Gotzkowskystraße und Helmholtzstraße. Die denkmalgeschützte Brücke wurde nach Ernst Gotzkowsky benannt, dem Begründer der Königlichen Porzellan-Manufaktur.

Der Vorgängerbau der heutigen Brücke war eine hölzerne Brücke mit festem Unterbau. Sie wurde 1888 fertiggestellt. Bereits 1904 begannen aber Planungen, an der Stelle einen neuen Spreeübergang mit einer vierspurigen Straße zu erstellen, weil die Gotzkowskybrücke eine wichtige Verkehrsanbindung zwischen der damaligen selbstständigen Stadt Charlottenburg zum Industrieviertel in Moabit herstellte.

1911 wurde die Brücke im klassizistischen Stil mit seitlichen Schmuckbogen aus Muschelkalkstein eröffnet. Bildhauer Walther Schmarje schuf die im Jugendstil gearbeiteten Tierskulpturen, die auf drei Eckpfeilern der Brücke sitzen. Sie stellen auf Charlottenburger Seite zwei fischschwänzige Widder und auf Moabiter Seite einen Stier dar.

Am Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die Gotzkowskybrücke durch Sprengungen von deutschen Wehrmachtsangehörigen stark beschädigt. Eine der Skulpturen auf Charlottenburger Seite ging verloren. Die Brücke wurde bis 1949 in vereinfachter Form wiederhergestellt, Anfang der 1960er Jahre wurde die Brücke erneut umgebaut. 1981 bis 1983 erfolgte eine Grundsanierung mit einer Verbreiterung der Fahrbahn. Text und Foto: Klaus Tolkmitt

Schau auch mal hier: Gotzkowskybrücke  


Donnerstag, 8. April 2021

Die kürzeste Allee Berlins

Der Kirchturm ist höher als die Allee

Sie ist nicht besonders schön, auch nicht besonders attraktiv, aber sie kann gleich mehrere Attribute auf sich vereinigen. Die Rede ist von der Thusnelda-Allee in Berlin-Moabit, die mit ihren 50 Metern die kürzeste Allee in Berlin und wohl auch in Deutschland ist.

Bei einer Allee stellt man sich eine lange Straße vor, an deren beiden Seiten Bäume wachsen. Hier stehen zwar auch

ein paar Bäume, ansonsten aber nur ein Gebäude (mit der Hausnummer 1) an der Straße, die Heilandskirche, mit dem höchsten Kirchturm Berlins. Der 90 Meter hohe Turm ist länger als die Straße. Die kürzeste Allee Berlins kann sich also damit rühmen, den höchsten Kirchturm der Stadt zu haben, der je in Berlin gebaut wurde.

Benannt ist die Thusnelda-Allee nach der Frau des jungen Cheruskerfürsten Arminius. Die Cherusker waren ein Stammesverband im antiken Germanien, der im Gebiet beidseitig des oberen Flussgebietes der Weser im heutigen Ostwestfalen und in Niedersachsen bis zur Elbe lebte.

Die Allee ist schon auf einem Stadtplan von 1867 als Fußweg verzeichnet. Ein Jahrzehnt später folgte die Pflasterung. Kaiser Wilhelm wollte auf seinem Weg zum Kleinen Tiergarten bei schlechtem Wetter nicht immer im Schlamm stecken bleiben. Text und Foto: Klaus Tolkmitt