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Mittwoch, 11. Dezember 2019

Das Baumhaus aus dem Niemannsland

Familiengeschichte wird Touristenattraktion

Am ehemaligen Grenzstreifen zwischen Berlin-Mitte und Kreuzberg steht am Bethaniendamm ein Baumhaus, das schon internationale Beachtung gefunden hat. Es ist eigentlich nicht besonders schön oder spektakulär, hat aber eine 40jährige Geschichte, die so typisch für Berlin ist.
Das kleine Eckgrundstück (eine ehemalige Verkehrsinsel) an der Mauer führte eher ein Elendsdasein. Die Mauer verlief hier ein wenig versetzt und so gehörte der Grund und Boden zu Ost-Berlin, war aber nur von der Westseite zugänglich. Das rund 350 Quadratmeter große Grundstück drohte zu vermüllen, weil sich niemand zuständig fühlte. Osman Kalin, der 1963 mit seiner Familie von der mittelanatolischen Stadt Yozgat nach Deutschland immigrierte, machte sich diesen Zustand zu eigen und begann das Stück Land zu bewirtschaften. Er machte den Boden urbar, baute Gemüse an und baute aus Sperrmüll und Baumaterialien sein „Baumhaus“.


Nachdem die Mauer gefallen war, fühlte sich erstmal keiner für den „Grenzstreifen“ zuständig und so verbrachte die Familie Kalin weiterhin ihre Freizeit in ihrem Garten auf der Verkehrsinsel. Allerdings änderte sich schlagartig die Ruhe in der Straße, nachdem das „Baumhaus“ von der Mauer durch die Presse ging und international bekanntgeworden war. Berliner und Touristen pilgerten zum ehemaligen Grenzstreifen, um diese besondere Attraktion in Kreuzberg zu bestaunen.

Inzwischen soll die Familie das Grundstück erworben haben und plant ein privates Museum. Mehmet Kalim, der Sohn des inzwischen verstorbenen Osman Kalim, kann sich gut vorstellen, als Museumsleiter interessierte Besucher durch das Haus und durch den Garten zu führen. Doch nun kommen die Ämter ins Spiel, die da ein Wort mitreden wollen, weil das Haus nie behördlich abgenommen wurde und auch keine Statik nachweisen kann, wie stabil das Bauwerk noch ist. Stimmen werden laut, die das Haus unter Denkmalschutz stellen wollen. Die Stiftung Berliner Mauer soll es in ihren Bestand als weiteres Mahnmal aufnehmen. Mehmet Kalin will das Grundstück auf keinen Fall an Spekulanten verkaufen, denn dann bekäme er Probleme mit seinen Kreuzberger Nachbarn. So wird, bis eine Lösung für die Touristenattraktion gefunden ist, der Sohn des anatolischen Gastarbeiters weiterhin zwischen Zwiebeln und Knoblauch allen Besuchern aus nah und fern seine „Familiengeschichte“ zum Baumhaus erzählen. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt

Dienstag, 29. Oktober 2019

Mit der Pferdetram durch die Reichenberger


Straßenpflaster wird zum Kunstobjekt

Mit ihren zwei Kilometern zählt die Reichenberger Straße in Berlin-Kreuzberg zu den längsten Straßen im Bezirk. Sie galt einst als typische Berliner Straße, ein Boulevard mit breiten Bürgersteigen, einem Theater und Straßencafés und kleinen Hinterhofwohnungen. Davon ist heute nur noch wenig zu sehen, obwohl inzwischen wieder ein Wandel eintritt, um das Image einer schmuddeligen Straße loszuwerden. Da die Reichenberger den Krieg einigermaßen schadlos überstand, flaniert man an zahlreichen historischen Häusern vorbei, die zum Teil auch schon wieder einen frischen Anstrich bekommen haben.

Um noch mehr über die Straße zu erfahren, muss man den
Kopf senken und auf das Pflaster der Gehwege schauen. Zwischen Manteuffelstraße und Ohlauer Straße lassen sich Zeugen der Vergangenheit wiederfinden. Eingelassene Schienenstränge, Hufeisen, Werkzeuge und Mosaiken erzählen aus der Zeit, als noch die Pferde-Tram durch die Straße fuhr. 1896 fuhr die „Große Berliner Pferdeeisenbahn“ auf der Strecke von der Lindenstraße zur Glogauer Straße durch die Reichenberger Straße. Die Pferdeeisenbahn besaß in der Manteuffelstraße ein Depot mit Remisen und Pferdeställen.


Die eingearbeiteten Werkzeuge im Straßenpflaster gehören zu einem Kunstprojekt, das nach der Wende von verschiedenen Künstlern ins Leben gerufen wurde. So entstanden Straßenbilder, wie die schwarz-weiße Tastatur eines Klaviers, um auf die ehemalige Klavierfabrik von Carl Bechstein hinzuweisen, oder die Friedenstaube des St. Marien-Krankenhauses. Das Mosaik „Brot, Käse, Butter, Milch“ erinnert an Bäcker, Metzger und Milchläden, die einst für den Lebensunterhalt der Bewohner in der Straße sorgten.

Der Wandel, weg vom schmuddeligen Image, soll die Straße, aber auch den Kiez verändern. Neue Cafés, Restaurants und Biomärkte sollen dafür sorgen, dass vielleicht doch noch ein echter Boulevard zum Schlendern und Einkaufen entsteht. Die Touristen, die vermehrt in die Reichenberger kommen, hoffen dagegen, hier noch eine typische Berliner Straße zu erleben. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt
schau auch mal hier: meinberlin-erleben

Mittwoch, 9. Oktober 2019

Der Mittelpunkt Berlins



Wer Berlins Mitte sucht, der muss nicht zum Alex oder auf den Kudamm sondern nach Kreuzberg. 

Genauer gesagt in die Alexandrinenstraße 12. Zwischen Straße und Sportplatz befindet sich in einem Grünstreifen Berlins geografische Mitte. Auf einer kleinen unscheinbaren Granitplatte sind die Koordinaten N 52° 30.104 und E 13° 24.151 eingraviert, die die Mitte Berlins sichtbar machen.

Seit 1997 liegt diese Platte eingebettet auf vier kleinen Füßen am Rande eines Fußweges, nachdem die Landesgrenzen zwischen Berlin und Brandenburg neu vermessen wurden. Die Platte wurde von der Steinmetz- und Bildhauerinnung spendiert und hätte eigentlich mehr Aufmerksamkeit verdient. So wie sie sich präsentiert, dient sie Hunden als „Schnupperstein“ (oder auch mehr) und Fußgängern als „Stolperstein“. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt