Donnerstag, 9. Mai 2024

Berlin mal anders

Berlin entdecken abseits der bekannten Touristenpfade

Berlin kann anstrengend sein, besonders dann, wenn man sich auf den ausgetretenen und meist überfüllten Touristenpfade bewegt. Wer sein Pflichtprogramm bereits absolviert hat oder einfach mal ausscheren möchte aus dem Besucherstrom, findet hier ausgewählte Geheimtipps:

Aussicht ohne Schlange zu stehen:

Der Panoramapunkt:  Am Potsdamer Platz 1 ragt der markante Kollhoff-Tower in den Himmel. Während man am Fernsehturm Schlange steht, muss der Besucher hier nicht lange warten, bis der schnellste Aufzug Europas ihn gegen eine Gebühr in nur 20 Sekunden auf 100 Meter Höhe befördert. Die Aussichtsplattform bietet grandiose Blicke und informiert mit einer Freiluftausstellung über die Geschichte des Potsdamer Platzes.

 


Oasen der Stille: Berliner Friedhöfe

Wer genug hat von der Großstadthektik, der kann einen der Berliner Friedhöfe besuchen. Dort findet man nicht nur Ruhe, sondern auch die Gräber zahlreicher Berühmtheiten. Die höchste Promidichte weist der Dorotheenstädtische Friedhof in Berlin-Mitte auf.

Hier sind viele bekannte Dichter, Denker und Persönlichkeiten begraben, wie Karl Friedrich Schinkel, Heinrich Mann, Bertolt Brecht und Johannes Rau. Aber auch der Philosoph Georg Wilhelm Friedrich Hegel und Johann Gottlieb Fichte, die Schauspielerin Helene Weigel und der Buchdrucker Ernst Theodor Litfaß haben Ehrengräber der Stadt.

Der größte und wohl auch schönste Berliner Friedhof liegt außerhalb der Stadtgrenze in Stahnsdorf. Südwestlich von Berlin (daher auch der Name) liegt der Südwestfriedhof auf Brandenburger Gebiet und wurde 1909 eröffnet. Der parkähnlich angelegte Friedhof hat aufgrund seines Baumbestandes den Charakter eines Waldes und eine Vielzahl historisch wertvoller Grabmäler vorzuweisen. Mit einer Gesamtfläche von 200 Hektar ist er nach dem Hamburger Friedhof in Ohlsdorf der größte Friedhof Deutschlands.

Die wunderschöne hölzerne Friedhofskapelle wurde nach dem Vorbild einer norwegischen Stabkirche errichtet. Die Inneneinrichtung ist in edlem Holz ausgeschlagen und zeigt zahlreiche kunstvolle Ausmalungen und Schnitzereien. Die Jugendstil-Glasfenster und die wertvolle Orgel von Wilhelm Sauer sind im Originalzustand erhalten.

Um 1920 bis in die 1930er Jahre hinein ließen sich hier berühmte Persönlichkeiten aus Politik, Kultur, Wissenschaft und Technik zur letzten Ruhe tragen. Ein Wahrzeichen des Friedhofs ist das große Christus-Denkmal in der Nähe des Haupteingangs, ein Marmor-Reliefbild von Ludwig Manzel (1858–1936). Sein Grab befindet sich in unmittelbarer Nähe des Denkmals. Zahlreiche mehr oder weniger bedeutende Persönlichkeiten ließen sich in aufwendigen Mausoleen und Erbbegräbnissen bestatten, die zum Teil in Ehrengräber des Landes Berlin übergegangen sind und heute noch gepflegt werden.

Mit einem Friedhofsplan und viel Zeit lassen sich die Grabstätten von der Familie Siemens, dem Physiker und Funkpionier Georg Graf von Arco (1869–1940), Komponist Engelbert Humperdinck (1854–1921), Gustav Langenscheidt (1832–1895) Sprachlehrer und Verlagsgründer, Rudolf Breitscheid (1874–1944) sozialdemokratischer Politiker der Weimarer Republik), Friedrich

Wilhelm Murnau (1888–1931) Stummfilmregisseur, Heinrich Zille (1858–1929) Maler und Zeichner, Louis-Ferdinand Ullstein (1863–1933) Verleger, Martin Jacobi (1865–1919) Komponist, Dieter Thomas Heck (1937–2018) Moderator und Showmaster, Manfred Krug (1937–2016) Schauspieler und Sänger, Otto Graf Lambsdorff (1926–2009) FDP-Politiker (Bundesminister), bei einem ausgedehnten Spaziergang aufsuchen.

 

Radtour ins Grüne:

Mit dem Rad durch den grünen Südwesten Berlins, auf der „Dahlem-Route“ zu Kunst, Kultur und zur Krummen Lanke

Kunst, Architektur und Geschichte, das alles und noch viel mehr, erlebt man auf einer neuen Fahrradroute durch Berlin. Die „Dahlem-Route“ im Bezirk Steglitz-Zehlendorf, im Juli 2018 eingeweiht, gehört zu den schönen und sehenswerten Fahrradstrecken in der Hauptstadt.

Die Route ist die erste touristische Radroute auf einem Rundkurs von knapp 20 Kilometern, die ausgezeichnet beschildert ist. Dadurch ist es möglich, an allen Punkten problemlos einzusteigen und ohne Navi und Karte loszufahren.

Gleich mehrere Museen, der Henry Ford Bau, die Waldsiedlung Onkel Toms Hütte und Erholungsgebiete wie die Krumme Lanke oder der Schlachtensee warten auf die Radler, die in zahlreichen Cafés und Restaurants entlang der Strecke zur Rast einkehren können.

Besucher der Fußball-Europameisterschaft sollten einen freien Spieltag nutzen und mit einem geliehenen Rad zu den Anfängen des runden Leders fahren.

Auf einer ausgeschilderten Fußballroute wird die Geschichte des Fußballs erzählt. Historische Orte wurden mit Infotafeln ausgestattet und in drei Routen zusammengefasst.

Die Routen starten alle am Brandenburger Tor und erzählen an 40 authentischen Orten die deutsche Fußballgeschichte von den Anfängen im 19. Jahrhundert bis in die heutige Zeit. Die Fußballroute informiert über sport-, kultur- und stadthistorische Zusammenhänge und zeigt die große Bedeutung des Fußballs in Deutschland auf, der seit seinen Anfängen schon große Veränderungen erlebt hat.

So erfährt der Radler zum Beispiel, dass auf dem Platz des zweifachen Deutschen Meisters BFC Viktoria 1889 in der Eisenacher Straße in Berlin-Tempelhof am 20. April 1908 das erste Länderspiel einer deutschen Nationalmannschaft auf heimischen Boden stattfand und Bundestrainer Sepp Herberger in der Bülowstraße wohnte. Man kommt am Schlosshotel Grunewald vorbei, in dem die deutsche Fußball-Nationalmannschaft während der FIFA-Weltmeisterschaft 2006 ihr Quartier hatte oder steht vor dem Haus, in dem der älteste deutsche Fußballclub gegründet wurde. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt

Sonntag, 5. Mai 2024

Der Promi-Friedhof am Olympiastadion

Persönlichkeiten haben auf dem Waldfriedhof ihre Ruhe gefunden

Der Friedhof Heerstraße (Waldfriedhof Heerstraße) gilt als einer der schönsten Friedhöfe Berlins. Mit 51 Ehrengrabstätten des Landes Berlin weist er mehr Ehrengräber als die Prominentenfriedhöfe Waldfriedhof Dahlem oder Waldfriedhof Zehlendorf auf.

Viele bekannte Persönlichkeiten, u.a. Schriftsteller Joachim Ringelnatz, Schauspieler Horst Buchholz, Dietrich Fischer-Dieskau (Sänger, Dirigent und Schriftsteller), Schauspieler Vadim Glowna, Kabarettist (Die Stachelschweine) Wolfgang Gruner, Victor de Kowa (Schauspieler), Helmut „Fiffi“ Kronsbein (Fußball-Trainer bei Hertha BSC und Hannover 96), Günter Rexrodt, Politiker (FDP), Ulrich Roski (Liedermacher), Loriot, bürgerlich Bernhard-Victor Christoph Carl von Bülow, Gustav (Bubi) Scholz (Boxer), Carl Schuhmann (Sportler, Olympiasieger), Wolfgang Spier (Regisseur und Schauspieler), Grethe Weiser (Schauspielerin), Klausjürgen Wussow (Schauspieler), liegen auf dem landeseigenen Friedhof begraben.

Der Friedhof befindet sich nicht, wie der Name vermuten lassen könnte, an der Heerstraße, sondern an der Trakehner Allee, in der Nähe des Olympiastadions. Der Name bezieht sich auf die Villenkolonie Heerstraße, für deren Bewohner dieser Friedhof von 1921 bis 1924 rund um die Mulde des Sausuhlensees terrassenförmig angelegt wurde. Ein Großteil der Friedhofsfläche fällt etwa 20 Meter zum See steil ab. Die Wasserfläche war in seiner heutigen Form erst bei der Anlage des Friedhofes aus zwei kleineren Tümpeln entstanden. Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Friedhof auf der östlichen Seeseite erweitert. Die Fläche wurde damals dringend benötigt, um die Kriegstoten beerdigen zu können. Hier befinden sich zwei Kriegsgräberfelder mit 1342 Kriegsopfern.

Die Trauerhalle wurde 1921 bis 1923 nach Entwürfen von Erich Blunck errichtet. Blunck entwarf einen burgartigen Ziegelbau. Auf einem Kalksteinsockel erhebt sich die zweistöckige Halle. Eine zweiflügelige Freitreppe führt zum Eingang. An drei Seiten der Halle ist diese in der Höhe des Eingangs mit einem Wandelgang umgeben. Darüber erheben sich auf dem annähernd quadratischen Grundriss die fast schmucklosen zehn Meter hohen Außenwände, die durch jeweils drei schmale Fenster durchbrochen wurden. Gekrönt wurde das Gebäude durch eine etwa 15 Meter hohe, gedeckte Dachpyramide.

1935 wurde die Umgebung des Friedhofes für die Olympischen Spiele, die 1936 in Berlin stattfanden, umgestaltet. Das Dach der Trauerhalle, das von der Hauptzufahrtsstraße zum Reichssportfeld zu sehen war, störte die nationalsozialistischen Machthaber. Das hohe Dach wurde durch ein flaches Zeltdach ersetzt, die Rundbögen im Umgang wurden durch Spitzbögen ersetzt, Wände und Fenster wurden schlichter gehalten. Die Trauerhalle wurde im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt und 1948 im Zustand von 1936 wieder aufgebaut. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt

Samstag, 20. April 2024

Der froschfüssige Wassermann sitzt im Trockenen

Aus der Brunnenanlage am Nollendorfplatz sprudelte Wasser in einen Rosenteich

Heute erinnert am hektischen Verkehrsknotenpunkt Nollendorfplatz in Berlin-Schöneberg nur noch ein kleiner versteckter Brunnen unter der Hochbahn, dass hier mal ein parkähnlicher Schmuckplatz angelegt war, der auf der Grenze zu Charlottenburg die Menschen zum Verweilen animierte.

1880 standen rund um den Platz, der seinen Namen einem Ort in Böhmen verdankt, prächtige Häuser und das „Neue Schauspielhaus“.

24 Jahre später modellierte Bildhauer Ernst Westphal dann seinen Nickelmannbrunnen (der Name ist ein alter Begriff für Wassermann oder Wassergeist) unter die neue Hochbahn und ließ aus dem Mund des glupschäugigen und froschfüssigen Wassermanns Wasser in sein halbrundes Becken fließen.

Aus dem Becken, das seitlich von zwei Delphinköpfen dekoriert ist, sprudelte das Wasser in ein Seerosenbassin, das die repräsentative Grünanlage malerisch schmückte. 

1925/1926 wurde im Zuge der Umgestaltung des Hochbahnhofs die Grünanlage zurückgebaut und der Brunnen verschüttet. Auch nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde das Bauwerk nicht wieder in seinen ursprünglichen Zustand versetzt, auch der kleine Teich blieb verschwunden.

Erst 1990 wurde die inzwischen unter Denkmalschutz stehende Brunnenanlage wieder freigelegt. Allerdings hat der im Neubarock konzipierte Brunnen nie wieder seine ursprüngliche Aufgabe erfüllen können und schlummert nunmehr seit vielen Jahren ein trockenes Dasein und bietet einen erbärmlichen Anblick.

Selbst Politikern der Bezirksverordnetenversammlung verschiedener Fraktionen ist das unwürdige Aussehen des Brunnens bereits aufgefallen. Doch geändert hat sich bis heute (April 2024) nichts, obwohl die Denkmalschutzbehörde einer Instandsetzung positiv gegenübersteht.

Altbundeskanzler Helmut Schmidt, der von 1974 bis 1982 noch in Bonn die Bundesregierung anführte, und sich hier 1942 auf einer romantischen Bank (die es leider auch nicht mehr gibt) am Nollendorfplatz mit seiner späteren Frau Hannelore („Loki“) verlobte, wäre sicher auch ein Fürsprecher, all derer, die den Nickelmannbrunnen wieder plätschern lassen wollen.

Ob es jemals dazu kommt, ist also ungewiss, doch man könnte zumindest dafür sorgen, dass der Wassermann nicht im Müll versinkt und eine Infotafel aufklärt, um was für ein Denkmal es sich hier handelt. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt. Foto von früherer Anlage ist ein Postkartenmotiv.

Samstag, 16. März 2024

Das alte Berlin im Klosterviertel

Ein Spaziergang durch die „gute alte Zeit“

Bei einem Spaziergang durch die historische Mitte Berlins lässt sich die „gute alte Zeit“ noch einmal anschaulich nachvollziehen. Der Name des Viertels ist auf das ehemalige Franziskaner-Kloster zurückzuführen, das sich in der Klosterstraße befand. Heute ist es nur noch eine Ruine und heißt wie früher Graues Kloster, nach den Mönchen, die dort immer graue Kutten trugen.

Als Startpunkt für den interessanten Rundgang kann die U-Bahn-Station „Klosterstraße“ der Linie 2 genutzt werden. Die Station mit historischen Bildern alter Schienenfahrzeuge ist selbst schon einen Besuch wert, ganz besonders aber lohnt ein Blick in die Eingangshalle, denn dort sind stilisierte Palmen auf Keramikplatten aus den königlichen Werkstätten zu bewundern. Sie gehören zu einer Fassade, die auch im Pergamonmuseum zu sehen ist. Die Wandbilder im U-Bahnhof entstanden aus Ziegeln, die auch für das Ischtar-Tor im Museum auf der Museumsinsel Berlin verwendet wurden.

Weil dort beim Aufbau des Tores einige Fliesen mehr angefertigt als benötigt wurden, nutzte Architekt Alfred Grenander die Chance und verwertete die Schmuckstücke für seinen Bahnhof.

Heute fällt es schwer, sich zwischen Grunerstraße, Stralauer Straße und Littenstraße das Leben mit klappernden Kutschen in engen dunklen Gassen und hinter einer hohen Stadtmauer vorzustellen, doch Zeugen von alledem sind erhalten geblieben.

Nach dem Verlassen der U-Bahn steht man direkt vor der Parochialkirche, 1703 als Stadtkirche für die reformierte Gemeinde eingeweiht. Die Kirche gilt als erster barocker Kirchenbau von Rang in Berlin. Um die Kirche herum liegt der historische Kirchhof mit einer Reihe alter Grabkreuze. Ein Bombenangriff machte die Kirche 1944 zur Ruine.

Die Turmspitze mit dem berühmten Glockenspiel, das einst König Friedrich-Wilhelm I. gestiftet hatte, wurde zerstört. Erst nach der Wende wurde in den 90er Jahren damit begonnen, das Äußere der Kirche wieder herzustellen. Inzwischen kann man auch dem Glockenspiel wieder dreimal täglich um 9, 12 und 18 Uhr lauschen.

Hinter dem Kirchhof bietet sich ein Besuch  zur letzten Instanz an. Den Grundstein für das bis heute erhaltene Restaurant direkt an der ehemaligen Stadtmauer legte 1621 ein ausgedienter Reitknecht des damaligen Kurfürsten, als er eine Branntweinstube, das „Biedermeierstübchen“ eröffnete.

Die erste urkundliche Erwähnung des Gebäudes stammt aus dem Jahr 1561 und somit gehört die „Letzte Instanz“ zu den ältesten Berliner Restaurants.

In den 20er Jahren waren berühmte Persönlichkeiten wie Henny Porten, Maxim Gorki, Charly Chaplin, Heinrich Zille oder Clara Zetkin gern gesehene Gäste in dem Lokal. Seinen heutigen Namen erhielt das Restaurant im Jahr 1924 nach dem Gerichtsgebäude in der nahen Littenstraße. Nach dem Krieg wurde das Gebäude originalgetreu restauriert und 1963 wieder neu eröffnet.

Gestärkt nach deftiger Berliner Hausmannskost verläuft der Spaziergang weiter die Parochialstraße hinunter bis zur Jüdenstraße, eine der ältesten Straßen von Alt-Berlin. Sie ist Ende des 13. Jahrhunderts nach dem hier gelegenen Großen Jüdenhof benannt. Jüdische Einwohner sind schon seit 1295 in Berlin nachweisbar.

Von der alten Bebauung der Jüdenstraße blieben nach dem 2. Weltkrieg nur das Rote Rathaus sowie das Alte und das Neue Stadthaus erhalten. Die Jüdenstraße gehört zum Molkenplatz, an dem der prächtige Bau des Alten Stadthauses steht. Das Gebäude wurde 1911 feierlich eingeweiht.

Berlin brauchte zur damaligen Zeit mehr Platz, als im Rathaus zur Verfügung stand. Der Verwaltungsbau ist ein monumentales Gebäude mit fünf Innenhöfen, einem Festsaal und einem Turm. Das wohl wichtigste Ereignis, das jemals im „Alten Stadthaus“ stattfand, war die Verhandlung zum Einigungsvertrag 1990 unter Führung von Lothar de Maizière – dem letzten Ministerpräsidenten der DDR. Heute beleben das denkmalgeschützte Haus die Mitarbeiter der Senatsverwaltung des Inneren.

Über die Stralauer Straße kommt man zur Littenstraße, die wie fast alle Straßen im Viertel, auch eine wechselnde Geschichte hat. Namensgeber ist der jüdische Rechtsanwalt Hans Litten.

In der Nazizeit verteidigte er Arbeiter, die wegen ihrer politischen Aktivitäten angeklagt waren. Litten versuchte in diesen Prozessen aufzuzeigen, dass die NSDAP keine legitime Partei war. Nach Hitlers Machtergreifung wurde Litten sofort in Schutzhaft genommen und war in verschiedenen Konzentrationslagern inhaftiert. Im Februar 1938 nahm er sich im KZ Dachau das Leben. Im Hans-Litten-Haus in der Littenstraße erinnert eine Gedenktafel an den Rechtsanwalt.

Die Littenstraße nennt man auch „Anwaltsstraße“, denn neben dem „Deutschen Anwalts-Verein“ ist ein paar Schritte weiter das Amtsgericht Berlin-Mitte ansässig. Es ist im Stile des süddeutschen Barocks errichtet und wurde 1904 fertiggestellt.

Von außen noch eher unscheinbar, eröffnet sich innen ein architektonisches Bauwerk von prachtvoller Schönheit. Trotz der Dimension wirkt der „Justizpalast“, wie das Gerichtsgebäude auch gern genannt wird, nicht wirklich pompös. Herzstück der fast kreisrunden Halle sind die Zwillingswendeltreppen, die die Etagen verbinden und von jeder Etage den Blick in den Eingangsbereich freigeben.

Gegenüber dem Gericht waren die Franziskaner-Mönche zuhause. Zeugnis ist die Klosterruine, die auf eine Geschichte bis in das Jahr 1250 zurückblicken kann und zur Gründungsgeschichte Berlins gehört. Zuerst stand hier eine Feldsteinkirche. Reste davon sind noch heute in der nördlichen Mauer der Ruine zu finden.

Mit dem Bau einer dreischiffigen Basilika wurde Ende des 13. Jahrhunderts begonnen. Infolge der Reformation wurde das Kloster aufgelöst, von dem heute außer der Kirchenruine kein Gebäude mehr erhalten ist.

1574 wurde hier das Berliner Gymnasium „zum Grauen Kloster“ eröffnet. Berühmte Schüler und Lehrer wie Karl Friedrich Schinkel, Friedrich Ludwig Jahn und Otto von Bismarck besuchten auch die Klosterkirche. Im April 1945 wurde die Kirche durch Bombenabwürfe zerstört. Später wurden die Trümmer entfernt und übrigen Gebäude vollständig abgerissen. Heute steht die Ruine inmitten einer Grünanlage und wird gern für Ausstellungen, Aufführungen oder Konzerte genutzt.

Wer mehr über die Geschichte des Viertels wissen und die Stadtführung mit seinem Smartphone machen möchte, kann gern die lialo-App nutzen. Mit diesem Link: Alt, Älter - Klosterviertel kommt man direkt zur Tour und kann den Spaziergang starten. Text und Fotos: Klaus Tolkmitt      

 

Freitag, 16. Februar 2024

Der Feuerwehrbrunnen am Mariannenplatz

Kreuzberger Skulpturengruppe gedenkt der Männer, die Leben retten

Wann wird den Männern, die unser Leben retten und unser Gut schützen schon mal ein Denkmal gesetzt. Meistens gehen sie so schnell, wie sie gekommen sind. Sie erledigen ihren Job ohne große Worte, klatschen sich eventuell ab, wenn es mal wieder richtig „brenzlig“ war und rollen ihre Schläuche ohne Emotionen ein.

Schon im Jahr 1902 hatte Berlin einen Feuerwehrbrunnen, der in der Öffentlichkeit auf den gefahrvollen Dienst der Feuerwehrleute hinweisen sollte. Bildhauer war August Vogel (1859–1932). 1958 wurde der im Zweiten Weltkrieg stark beschädigte Brunnen abgerissen.

Der Feuerwehrbrunnen auf dem Mariannenplatz in Kreuzberg besteht aus einem flachen Wasserbecken und einer Skulpturengruppe von Kurt Mühlenhaupt (1921–2006), mit der die Tätigkeit der Feuerwehr humorvoll dargestellt wird. Im Oktober 1981 wurde die Anlage in Betrieb genommen.

Drei Feuerwehrmann-Figuren stehen auf flachen Sockeln im Wasser, sie sind leicht überlebensgroß und aus Bronze. Der Kommandeur ist mit befehlender Geste am Hydranten postiert, zwei Feuerwehrleute stehen einander gegenüber und halten die bronzenen Schläuche, jeder von ihnen leitet einen Wasserstrahl ins Zentrum des Bassins.

Die Figuren und die Szene insgesamt wirken, der Absicht des Künstlers entsprechend, etwas karikiert, dazu tragen auch die übergroßen Nasen der Akteure bei. In seinen Lebenserinnerungen schrieb Kurt Mühlenhaupt über den Brunnen: „In der Mitte des Platzes sollte ein kleiner Teich entstehen, von dem sich links und rechts zwei Feuerwehrleute gegenseitig bespritzen, ein bisschen Ulk konnte ja nicht schaden. Und dann dachte ich auch an die Kinder, sie brauchen Erlebnisse. Ein Feuerwehrmann muss vorher schon riechen, wo es brennt. Dafür braucht er eine große Nase (...) Ich schuf Feuerwehrleute in Phantasieuniformen, wie sie etwa vor hundert Jahren aussahen. Die Häuser rundum stammten ja schließlich auch aus der Zeit. (...) Für mich stand schon lange fest, die Kinder hier in dieser Ecke kriegen einen Feuerwehrbrunnen. (...) Ich sehe, dass ihn die Kinder angenommen haben, denn die dunkle Bronze ist vom Rumhangeln an Armen und Nasen blitzblank und schimmert golden in der Sonne“. Text und Fotos: Foto: Klaus Tolkmitt

Freitag, 26. Januar 2024

KREUZBERCH: DER CHAMISSOPLATZ-KIEZ

Ein Gastbeitrag von Axel Goedel 

Der Chamissoplatz-Kiez liecht im südlichen Berlin-Kreuzberch, fast an der Jrenze zum Bezirk Tempelhof. Zum ehemalijen Flughafen Tempelhof iss et von hier aus nur nen Katzensprung. Wat iss nu dit besondere am Chamissoplatz (benannt nach dem Dichter Adelbert von Chamisso (1781-1838)) und den umliejenden Straßen?

Hier hat sich een Kiez nahezu in seina ursprünglichen Form ahalten, Krieg und Nachkriegbauwut haben hier eenen Stadtteil weitjehend vaschont. Anjelecht wurde der Chamissoplatz in den 1880er Jahren und mit den damals üblichen „Gründerzeit“-Stuckbauten bebaut. Diese haben sich bis in die heutije Zeit fast lückenlos ahalten und stehen nun unta Denkmalschutz. Wat heute schön aussieht, war damals sichalich wenijer anjenehm. Enge, dunkle Wohnungen, zujebaute Hintahöfe und miserable sanitiäre Anlajen.

Die alten Häusa wurden in den 1980er Jahren nach Hausbesetzungen weitjehend saniert und befinden heute in ansehnlichen Zustand. Aba och dit hatte seinen Nachteil und führte zu steijenden Mieten, weshalb der Kiez heute eha wat für Bessavadienende iss.

Ebenso wie die Häusa haben sich dit Koppsteinpflasta, Jaslaternen, Wassapumpen und nen orijinalet Café Achteck (öffentliche Bedürfnisanstalt) und der Wassaturm ahalten. Der Wassaturm Tempelhofer Berg, steht an der Kopisch- Ecke Fidicinstraße. Er iss ca. 50m hoch und wurde 1887-1888 abaut. Bis in die 1950er Jahre wurde er für die Wassavasorjung jenutzt. Denn wurden moderne Techniken einjesetzt und in den Turm wurden Wohnungen einjebaut. Diese waren bis in die 1980er Jahre bewohnt. Schließlich zog een Jugend-, Kultur und Kommunikationszentrum in, welchet sich dort bis heute befindet. 

Interessant iss ooch der Ökomarkt, der hier jeden Sonnabend stattfindet. Wochentags können die Bewohna aus dem Kiez in eena der letzten vabliebenen Markthallen am benachbarten Marheinekeplatz jut eenkoofen jehen.

Die Jejend wird jern als Filmkulisse jenutzt, wenn ne Alt-Berliner Atmosphäre benöticht wird. Een Besuch des Chamissoplatz-Kiez lohnt sich imma. Text: Axel Goedel Fotos: Klaus Tolkmitt

So kommst Du hin 



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Sonntag, 14. Januar 2024

Auf den Spuren von Erich Kästner

Mit "Emil und den Detektiven" durch Berlin 

In Kooperation mit dem Portal für selbstgeführte Stadtführungen lialo.com, wurden in einer erweiterten Wanderung die Schauplätze des mehrfach verfilmten Kinderbuchklassikers: "Emil und die Detektive" erkundet.Schriftsteller Erich Kästner lebte in den 1920er Jahren in Berlin-Wilmersdorf am Prager Platz und ließ die Geschichte vor seiner Haustür spielen. 
 
Lialo-Gründer Andree Sadilek und der Autor der lialo-Emil-Tour Klaus Tolkmitt waren persönlich mit dabei, um der Komoot-Wandergruppe um Frank Meyer zusätzliche Hintergrundinformationen an den jeweiligen Schauplätzen zu liefern. Gestartet war die Gruppe am Bahnhof Zoo, wo die Geschichte um Emil Tischbein und seinen Freunden vor fast 100 Jahren begann und noch heute bei Kindern und Erwachsenen gleichermaßen beliebt ist. 

Emil war auf der Fahrt von Dresden nach Berlin im Zug bestohlen worden. Er verfolgte den Dieb bis zur Trautenaustraße und bekam dort von "Gustav mit der Hupe" und seinen Freunden Unterstützung, den Dieb schließlich am Nollendorfplatz zu stellen. Doch bis zum guten und erfolgreichen Ende mussten die Kinder auf abenteuerlichen Wegen, die über den Nikolsburger und Prager Platz führten, einiges erleben.